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haben sc ja mächtig un sc sehen so aus, als ob se sich so leichte ieberhaupt
vor kccn Nordlicht ekeln thätcn. Da könnten vielleicht noch unsere noth-
leidcnden Agrarier een Jeschäft machen, nn denn wäre Buffalo Bill wenigstens
nich janz umsonst über det jroße Wasser jekommen. Et jicbt man blos noch
zu wenig Indianer, so det et nich jut anjeht, det man se noch villc Schnaps
infiltriren kann. Det Fett haben de amerikanischen Bonzen von't Jeschäste
schon abjeschöppt, indem se friehcr de indianischen Häuptlinge vor een Paar
Pullen amerikanischen Jilka mit seinen Bittern immer jleich sonne Terrains
abkooftcn, det unsere Echöneberjer Bauern hier jarnisch jejen sind. Ick leide
ja nu an jarkeenc Sentimentalität, aber ick finde doch, dat de Amerikaner
mit de Rothhäute nich sehre fein umjejangen sind, det se ihnen vielmehr,
wo se blos konnten, det Fell ieber de Ohren zogen. Det können wir nu
freilich nich mehr ändern, un die Sache wird woll ooch ohne uns ihren
Jang jchen. Et wird woll nich zu lange dauern, denn können sc den letzten
Indianer ausjestoppt an irjcnd een amerikanisches Museum abjeben, wo ihn
dann de Nachwelt bewundern kann. Wenn de Indianer hier in de jeliebtc
Mark Brandenburg jehaust hätten, denn käme der Letzte naticrlich in't märkische
Museum, wo se soville olle Scharteken uffhcbcn.

Wat ick sagen wollte, Jacob, weeßt Tu mit die Bäder Bescheid? Ick
meene die Bäder, wo de reichen Leute ihren Korpus jedet Jahr in'n Sommer
vervorschuhen lassen, damit se de Winterverjniejungen besser aushalten können.
Sechste, da is nu z. B. Karlsbad. Ick dachte bis jetzt immer, det der Karls-
bader Sprudel jut wäre vor Fettlebern oder Fettwanste — aber det er ooch
jut jejcu lange Näsen is, det habe ick erst erfahren, wie ick las, det Ferdinand
Koburg, Ferscht von Buljarien, da ooch jejen seinen een bisken länglich
ausjesallcnen Ricchstcpsel Heilung suchte. Ick kann mir nich denken, det er
sich sonst in Buljarien zuville Fett uff de Rippen zujclegt haben sollte, indem
doch in Bulgarien un in die anjrenzenden Raubstaaten merschtendeehls blos
der Hammel- un Schweinedicbstahl in Bliethe steht. Na, seine Revolution
hat er ja nu ooch hinter sich, un mit det Dotschießenlassen scheint er ja
ziemlich fix bei de Hand zu sind. Wenn ihm det man uff de Dauer jut
bekommt: ick wenijstcns jloobe et nich.

Een Jutct soll Ferscht Ferdinand aber doch vor die Vogclliebhabers
jestiftet haben, indem er nämlich eene janze Masse Rosenstaare hierher nach
Deitschland hat schicken lassen. Na, ick sch' mir ja so leichte keenen Staar,
un frage nach die ausländischen Vöjel ieberhaupt nischt, indem ick hier nich
mal manchen Dompfaffen von 'ne olle Nebelkrähe unterscheiden kann —
wenn er also denkt, det er meine Shmpathicn durch seine Vöjel kriejt, denn
irrt er sich aber mächtig. Er soll man ruhig nach Buljarien zurückkoburgern,
vielleicht machen se ihn da seine Näse noch mal paßrecht.

Hier in Berlin is wieder een Mord Passirt, un der Mörder ist natierlich
jefaßt — det heeßt uff Alles; de Pollizei hat ihm aber bis jetzt noch nischt
jedahn, womit ick verbleibe erjebenst un mit ville Jrieße Dein treier

Jotthilf Rauke.

An'n Jörlitzer Bahnhof jleich links. ,

Hobelspäh»»e.

Es hat schon wieder ein allgemeiner Friedens-
kongreß stattgefnnden, um die Völker zu belehren,
daß es nicht schön sei, wenn Kulturmenschen sich
mit allen Raffinements der Technik maffakriren.
Ungeschickter Weise richtete der Kongreß aber seine
Spitze gegen den Krieg, statt den bewaffneten
Frieden zu verdammen, ohne den kein Krieg
möglich wäre. Was nützt uns der Frieden, wenn
er unter der Kanone ist?

* *

*

„Endlich hat Bismarck tüchtig sein Fett be-
komme», sagten die Dresdner, da ivar der dicke
Reichard von den „Nachrichten" iu Friedrichs-
ruhe gewesen.

* *

*

Die tapferen Meister der Innung
Im weiten Erdenrund,

Sie ivollen jetzt leimen und kleistern
Einen mächtigen Meistcrbund.

Sie wollen die Arbeiter sperren
Von jeder Arbeit aus,

Bis daß sie die Fachvcrcine

Vernichtet mit Mann und Maus.

Doch wer thnt bis dahin die Arbeit?

Die Meister? . . . Die Frag' sie erschreckt,

Da immer den zünftigsten Meistern

Die Arbeit am wenigsten schmeckt.

* *

*

Al« paffender Platz fü das Bismarckdenkmal, welches die foge-
nannten Patrioten in Bayern durchaus errichten wollen, schlage ich das
Schlachtfeld von Kissingen vor.

Nachdem die Schulmeister in die Ferien gegangen sind, hat die
Spießbürgerpresse einstweilen das Amt derselben übernommen, da sie die
Sozialdemokraten wegen ihrer angeblichen „Spaltungen" schulmeistert.

Ihr getreuer

Säge, Schreiner.

stoßen werden solltel" rief sie und warf sich an seine Brust. Sie hielten
sich lange umschlungen.

Fritz Lauter hatte sich nicht getäuscht. Als er am Nachmittag wieder
in die Meisterversammlung kam, wurde das Ansuchen der Gesellen rundweg
abgeschlagen. Fritz erwiderte, er werde seinen Kameraden dies mittheilen,
und wandte sich zum Gehen. Da trat Meister Beck, Gretchens Vater, auf
ihn zu, ernsten Antlitzes.

„Sic können sich einen vierzehntägigen Lohn bei mir abholcn", sprach
der Meister zu Fritz, „Sie sind entlassen. Aufwiegler kann ich nicht brauchen."

„Ich bin kein Hetzer und Aufwiegler", sprach Fritz.

„Sie handeln gegen die Interessen und das Ansehen der
Innung", sprach der Meister streng. „Und wagen Sie es nicht wieder,
die Augen zu meiner Tochter zu erheben."

„Ihre Tochter liebt mich", sprach Fritz Lauter mit Stolz.

„NarrenSpoffen; der Teufel liebt Sie", fuhr der Meister wüthend auf.
„Werde mein Mädel dem ersten besten hergelaufenen Kerl an den Hals
werfen! Die Schäkerei hat ein Ende, oder —"

„Was oder?" frug Fritz.

Aber der Meister hatte sich schon hinweg gewendet.

Fritz wollte sich nach anderer Arbeit umsehen, obschon er keine Hoffnung
hatte. Aber wie er vorausgesehen, nahm ihn kein Meister mehr in Arbeit.

Am Abend kamen die Gesellen zusammen. Fritz war traurig, denn
nun mußte er fort. Und Grctchen? Daran mochte er kaum denken; das
Herz wollte ihm zerspringen.

Aber die Kameraden richteten seinen Muth wieder auf. Als bekannt
wurde, daß er auf der schwarzen Liste stand, erklärten alle Hutmacher ein-
mttthig, daß sie die Arbeit niederlcgen würden, bis Fritz Lauter wieder
eingestellt sei.

Die Meister waren sehr hochfahrend und beharrten auf dem Jnnungs-
beschluß. Sic hofften auf Zuzug fremder und billiger Arbeitskräfte. Aber
der Zuzug kam nicht, denn er wurde vou der Organisation der Hutmacher
abgehaltcn.

Der Kampf ward hartnäckig.

Da kamen die Gesellen auf eine Idee; sie wollten den Profit, den die
Meister bisher so gcmüthlich eingestrichen, sich selber zuwenden. Und sie
thaten cs.

Es ward eine Produktiv-Genoffenschaft gegründet. Einige Arbeiter
hatten etwa« Geld; man schoß zusammen und brachte so das nothwendige
Betriebskapital auf. Fritz Lauter, der der tüchtigste Arbeiter gewesen, wurde
der Leiter dcS neuen Geschäfts. Es wurden vortreffliche Hüte angefertigt, die

den alten Ruf Schwarzenbergs von Neuem verbreiteten. Die Genossenschaft
lieferte billig und gut, der Absatz nahm zu und sie machte glänzende Geschäfte

Die Jnnungsmcister hatten erst hohnlächclnd zugesehen. Als aber die
Genossenschaft nicht, wie sie gehofft, in den ersten Wochen zu Grunde ging,
da wurde ihnen etwas bänglich ums Herz. Sie arbeiteten mit Lehrlingen
und griffen selber tapfer zu, aber sie brachten keine so preiswürdige Waarc
zu Stande wie die Gesellen. Bald war ihnen der Markt verschlossen und
da ohnehin die Genossenschaft eine Kontrolmarke cingeführt hatte, so machte
sich das Publikum, das bei dem Lohnkampf seine Sympathien durchaus nicht
den Meistern zugewendet hatte, auch ein Vergnügen daraus, den Maaren
der Genossenschaft den Vorzug zu geben.

Kurz, die Meister der Innung saßen nach und nach gänzlich auf dem
Trockenen. Lange duldete ihr Hochmuth nicht, daß sic cs sich eingestandcn.
Aber endlich mußten sie cs doch und da beschlossen sie, bei der Genossen-
schaft um gut Wetter zu bitten.

Die hochmttthigeu JnnungSmeister kamen, um den Eintritt in die Ge-
nossenschaft nachzusuchen. Fritz Lauter empfing sie etwas stolz.

„Wir können Sic nicht aufnehmcn", sprach er.

„Waruin nicht?" meinte Meister Beck.

„Mit Hetzern und Aufwieglern mögen wir den Ertrag unserer Arbeit
nicht gemeinsam haben", sprach Fritz.

„Wie", meinte Beck, „wir sind Hetzer und Aufwiegler?"

„Gewiß, denn Sie haben gegen die Interessen und Ansehen
der Genossenschaft gewühlt. Sie stehen auf unserer schwarzen Liste!"

„Das ist stark", rief Meister Beck.

„Wir haben diese Einrichtung von Ihnen gelernt", sprach Fritz Lauter
kaltblütig.

Betrübt zogen die Meister ab. Drei Tage brachten sie in immer-
währender Trübsal zu. Dann sandte Fritz Lauter nach ihnen und thcilte
ihnen mit, die Arbeiter seien humaner als ihre ehemaligen Meister und
wollten sic in ihre Genossenschaft aufnehmen. So wurden feurige Kohlen
auf die Häupter der JnnungSmeister gesammelt.

Als Fritz Lauter den Meister Beck ins Genossenschaftsregister eintrug,
frug er, ob er wohl glaube, daß seine Tochter immer noch für „herge-
laufene Kerls" schwärme.

Der Alte sah beschämt nieder, dann aber sprach er: „Ich bin bekehrt.
Aber meine Grete ist nicht zu bekehren gewesen."

Fritz und Grete wurden ein glückliches Paar.

Den ehemaligen Meistern aber sind in der Genossenschaft die langen
Zöpfe gründlich abgeschnitten worden.
 
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