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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 9.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.3043#0144

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138 BESPRECHUNGEN.

Unsere ästhetischen Begriffe sind keine universellen, solange die asiatische Kunst
nicht in ihnen mitverarbeitet ist. Und die ostasiatische Volksseele ist auf das aller-
engste mit ihrer Kunst verknüpft und ohne sie gar nicht zu verstehen. Um nun
aber eine solche Kunst zu erfassen, genügt die fleißigste Beschäftigung mit Holz-
schnitten, Netsukes und ähnlichem liebenswürdigen Kleinkram nicht. Hier heißt
es, hineintauchen in Sprache, Geschichte und Religion Asiens und aus dem so ge-
wonnenen Verständnisse heraus mit unermüdlicher Arbeit in das Wesen seiner
Kunst eindringen. — Wer aber mit Ernst an diese Aufgabe herangeht, wird er-
staunen, wie selten er Landsleuten begegnet. Neun Zehntel aller seiner literarischen
Hilfsmittel sind nicht in deutscher Sprache geschrieben.

Auf unseren Universitäten geschieht für dieses Wissensgebiet so gut wie nichts.
Einige Sinologen und Sanskritforscher führen ein Eremitendasein. Das einzige Uni-
versitätsinstitut deutscher Zunge, an dem die asiatische Kunst nicht nur im Neben-
amte bearbeitet wird, ist das Kunsthistorische in Wien unter Strzygowskis Leitung.
Und wer sich auf unseren großen Bibliotheken mit der einschlägigen Literatur ver-
traut machen will, der wird bald den Mut zu der ganzen Arbeit verlieren, wenn er
nicht für die wichtigsten Werke tief in die eigene Tasche greift oder lieber gleich
nach Paris oder London geht. Deutschland ist auf diesem Gebiete sehr im Nach-
trabe. Will es sich in eine Reihe mit anderen Kulturnationen stellen, so hat es
keine Zeit mit Quisquilien zu verlieren. Wir brauchen ein wohldotiertes asia-
tisches Institut mit reicher Präsenzbibliothek und Abbildungssammlung, am
besten im Anschlüsse an das zu erbauende orientalische Museum in Dahlem bei
Berlin und ein zweites ähnliches in Kyoto.

Für die Begründung dieser Forderung ist hier nicht der Platz. Ich bin schon
zu weit von meinem Thema abgeschweift. Es liegt mir aber am Herzen, daß gerade
die Leser dieser Zeitschrift den Notschrei hören. Ich wünsche auch dem Autor des
»Toyokuni« zu zeigen, daß es nicht nur Snobismus ist, wie er meint, was unsere
Begeisterung für die Farbenholzschnitte etwas abgeschwächt hat.

Bremen-Horn.

Hermann Smidt.

Leon Battista Alberti, Zehn Bücher über die Baukunst. Ins Deutsche
übertragen, eingeleitet und mit Anmerkungen und Zeichnungen versehen durch
Max Theuer. Hugo Heller, Wien 1912, LXIV u. 739 S.
Die Bedeutung von Leon Battista Alberti ist unbestritten. Ein echter Künstler
war er, das zeigen seine Bauten, eindringlicher vielleicht noch seine Schriften. Es
ist nicht eine pedantische Eigenart der Deutschen, wenn unsere Großen über die
Probleme ihrer Kunst nach Klarheit rangen. Michelangelo und Lionardo taten es
ebenfalls. Der bewußte Künstler erst kann zur Vollendung gelangen, Bewußt-
werdung ist das Kennzeichen der modernen Kulturentwicklung seit der Renaissance.
Festigung, Klärung, Beruhigung über Sinn und Wert der Kunst im Ganzen des
Kulturschaffens, das hat auch Alberti zu tiefen Überlegungen gedrängt. Die Opere
volgare legen Zeugnis dafür ab. In ihnen findet sich seine erste kunsttheoretische
Schrift Della pictura libri tre, der erste Versuch einer kunstwissenschaftlichen Fun-
dierung der Malerei. Lionardo wurde dieser wertvollen Überlegungen Fortbildner
und zwar ganz in der idealistischen Richtung seines Vorgängers. Diese höchst
wichtige Schrift findet sich im Urtext mit vorzüglicher Übersetzung herausgegeben
von Hubert Janitschek in den Quellenschriften für Kunstgeschichte (XI, Wien 1877).
Die ästhetischen Grundgedanken, die Alberti in seinem Malertraktat leiten, finden
sich in seinem Hauptwerk wieder, ausgebildet, aber nicht im Wesen verändert.
 
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