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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 12.1917

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Herrmann, Helene: Faust, der Tragödie zweiter Teil: Studien zur inneren Form des Werkes, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3621#0143

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FAUST, DER TRAGÖDIE ZWEITER TEIL: STUDIEN ZUR INNEREN FORM. 137

da ihm die Erde wünschenswert, gegründet, dauerhaft geworden. In
diesem Sohn wurde seine schweifende Seele zur Schönheit, zur Kunst,
zum Gesänge. Aber es ist untergangsreife Schönheit, die sich nur
heldisch sinnlos verschwenden kann.

Wie Goethe Helena stärker wirken läßt, weil er sich unseres
Wissens um ihren Mythos gestaltend bedient, so hat er auch hier
einem mythischen Ereignis der Gegenwart: dem Ereignis Byron die
Farbe abgewonnen. Sicherlich gab nur die Erschütterung durch dieses
Ereignis der ganzen Partie ihr leidenschaftliches Tempo.

Aber man hat diese Tatsache überbetont und über diesem persön-
lich-allegorischen Sinn der Stelle sowie der mitklingenden Allegorie
auf die von griechischem und germanischem Geist erzeugte singende
und versprühende Seele der Romantik die innere Bedeutung vernach-
lässigt, die diese Szeneneinheit im Werke selbst besitzt. Übrigens
tritt ja erst von Euphorions Todessturz ab die Beziehung auf Byron
gleichsam über den Rahmen des Kunstwerks hinaus.

Euphorions Tod und Helenas Scheiden machen Faust, den nun
um ein Unendliches Bereicherten, frei für die letzte Gestaltung seines
Schicksals, die er jetzt ganz selbsttätig vollzieht.

Wir haben uns nunmehr der Erscheinungsform der Helena-
gestalt zuzuwenden.

Berlin, im September 1916.

(Fortsetzung folgt.)

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