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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 12.1917

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376 BESPRECHUNGEN.

Frist unvergängliche Symbole ihres Wesens erschuf.* »Es tritt hier eine Philo-
sophie auf, die uns Deutsche mit einer einzigen Verantwortung belädt, die aber
damit auch zugleich wohl die letzten Kräfte aus Schlummer und Zweifel wecken
mag zur Überwindung des Verfalles und der Mißgestalt und zur Errichtung eines
Lebens der Wahrhaftigkeit und Schönheit zugleich: der Traum deutscher Sehnsucht,
das Ziel deutscher Tat.«

Der Referent bekennt gern, daß er einem solchen, aus persönlicher Hingabe
und inniger Versenkung in seinen Gegenstand erwachsenen Werk hohe Achtung
entgegenbringt, zumal die Begeisterung, die das Ganze trägt, nirgends in Über-
schwang umschlägt, der Rückhalt an dem Tatsächlichen nicht verloren geht und
eine bedeutende Sprachbeherrschung dem Ganzen so etwas wie eine künstlerische
Ausgestaltung zu verleihen vermag. Aber er muß eben so offen bekennen, daß
die Lektüre dieser breiten und schweifenden Darstellung ihm kein reiner Genuß
gewesen, der Gewinn an wirklicher Belehrung gering geblieben ist. Es fällt ihm
schwer, den weiten, gewiß niemals leeren, aber doch auch niemals präzisen Aus-
deutungen zu folgen, die ineinander fließenden Linien zu sondern, die gefühls-
gesättigten Anschauungen in die nüchterne Sprache schlichter Feststellungen umzu-
setzen. Was wir über Shaftesburys Verhältnis zur Ästhetik und Kunst erfahren,
erscheint dem Referenten nicht gerade neu. Nach dem Verfasser liegt die epoche-
machende Bedeutung Shaftesburys für die moderne Ästhetik im wesentlichen
darin, daß er, über Plotin hinausschreitend, die Tradition der griechischen Logos-
idee mit der Energie der römischen Nomosvorstellung wie überhaupt mit dem
stoischen Denken verbindet. Diese Verschmelzung und zwar durch eine ausge-
sprochen produktiv germanische Individualität soll das Eigenartige ausmachen.
Hieraus ersteht für Shaftesbury die Ästhetik als die Wissenschaft vom ästhetischen
Schein, der ästhetische Genuß enthüllt sich ihm als innerliches Gefühl der Befriedi-
gung über die Harmonie sinnvoller seelischer Rhythmen und des Weltwesens, das
künstlerische Gestalten stellt sich als Betätigung eines originalen Rhythmus von der
schöpferischen Persönlichkeit heraus, in dem sich die stets mitschwingenden Welt-
akkorde ankündigen. Das Erscheinende, das die Kunst in Bild und Gleichnis fest-
zuhalten sucht inmitten des ruhelos strömenden Lebens, ist nichts anderes als die
Substanz der Welt. Der vornehmste Gegenstand der Kunst ist aber das Leben
selbst. In der Kunstgestalt erscheint das Ganze des vergangenen Lebens durchaus
bewegt und gebildet durch den besonderen Rhythmus, in dem die Persönlichkeit
sich selbst erkennt, erfaßt in ihrer Einheit, in ihrer eigentümlichen Bedeutsamkeit.
— Es liegt wohl an dem Referenten, wenn er in solchen und verwandten Ausfüh-
rungen nicht das findet, was er zu wissen wünscht; darum vermag er nur den
Leser, der Näheres erfahren möchte, an das sehr kenntnisreiche aber dunkle, sehr
persönliche aber weitschichtige Werk selber zu verweisen.

Halle a. S.

Max Frischeisen-Köhler.

» -------------——

Paul Bekker, Das deutsche Musikleben. Berlin 1916, Schuster & Löffler.
In diesem, von einem warmen Idealismus erfüllten Buche ist der dankenswerte
Versuch gemacht, die Übel, an denen unser Musikleben krankt, aufzusuchen, ihren
Ursachen nachzugehen und Mittel vorzuschlagen, um sie zu beseitigen. Das Buch
ist, wie der Verfasser in der Vorrede schreibt, »draußen« entstanden. Er mißt
diesem Umstände eine wesentliche Bedeutung zu, weil er Gelegenheit fand, »frei
vom einengenden Zwange der Tageskritik, und nicht auf die Beobachtungen vor-
wiegend eines Ortes angewiesen, die Regungen des deutschen Musiklebens als Un-
 
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