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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0129
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BESPRECHUNGEN.

Es ist die kunstvolle Abstraktion der Ranke, die in ihren frischeren Trieben ge-
bauchter und verschnörkelter ist und in ihrem älteren Verlauf gestreckter und härter
wird — Festschmuck am ländlichen Pastorenhaus.« Von ihrer bildlichen Darstellung,
die im Anhang des Buches gegeben wird, muß hier leider abgesehen werden.

Wie bitter ernst es übrigens die Verfasserin mit diesen Ornamenten meint, geht
auch daraus hervor, daß sie Ornamenttheorien der Kunstgeschichte — noch dazu solche,
die sich auf die jüngere Steinzeit beziehen — glattwegs übernimmt und so am
Schluß ihres Buches feststellen zu können glaubt, daß »in der Rankenlinie die Rezep-
tion einer südlichen Kultur durch den Norden vorliegt«, während »in den geradlinigen
geometrischen Abstraktionen der Anordnung bodenständige Abgegrenztheit ruht«.

Es erübrigt sich wohl nach alledem, über diese ornamentalen Typen als Formen
lyrischer Gestaltungskunst noch weiter zu berichten. Daß in der Anordnung von
Gedichten, so wie schließlich in jedem menschlichen Werke, der Ausdruck einer
bestimmten Geisteshaltung sichtbar wird, soll natürlich nicht geleugnet werden Nach
dieser Richtung hin könnte also die Unterscheidung eines organischen und eines
geometrischen Typus immerhin noch Tatsächliches treffen, sowie ja auch der Ver-
such, den beiden Typen einen bestimmten Lebensgehalt zuzuordnen, auf eine der-
artige allgemeine Ausdrucksverschiedenheit abzuzielen scheint. Nun möchte man
gelegentlich an den Gegensatz geistiger Passivität und Aktivität denken, der sich
bei irgendwelcher Art von Anordnung durch das Vorherrschen assoziativer oder
apperzeptiver Bindung aussprechen wird; an anderen Stellen wieder wird man mehr
an den Gegensatz konkreter und abstrakter Auffassung mit Tendenz zur Beiordnung,
beziehungsweise Über-Unterordnung erinnert. Aber schließlich muß man doch end-
gültig darauf verzichten, das Körnchen Wahrheit zu finden, das in der vorliegenden
Schrift verborgen sein mag; zu groß ist der Wust leerer V/orte und Wortbeziehungen,
der es überdeckt.

__ Eduard Ortner.

Gustaf Britsch, Theorie der bildenden Kunst. Herausgegeben von
Egon Kornmann. F. Bruckmann A.-G., München 1926. 8". 150 S. mit 61 Ab-
bildungen.

Die hier mit dem Anspruch völliger Neuheit hervortretende Lehre ist die Frucht
der Denkarbeit eines Dahingegangenen. Als Zeichenlehrer mitten in künstlerischer
Berufstätigkeit stehend, bemühte sich G. Britsch sein Leben lang zugleich um die
Erkenntnistheorie der bildenden Kunst. Es ist ihm selbst nie gelungen, seine zweifel-
los tiefen Einsichten in ihr Wesen zu einem geschlossenen Gedankengebäude zu-
sammenzufassen. Der Versuch, seine Grundgedanken einem weiteren Kreise von
Wissenschaftlern auf dem Berliner Kongreß für Ästhetik und allgemeine Kunst-
wissenschaft von 1913 in begrifflichem Autbau verständlich zu machen, hatte infolge
seiner ganz persönlichen Denkrichtung nur geringe Wirkung. Erst die Überarbeitung
des (abgelesenen) Vortrags für den Bericht gewährte einen gewissen Einblick in
seine Gedankengänge. Dennoch würde niemand aus diesem im Anhange des Buches
wieder abgedruckten Hauptstück und den übrigen kürzeren schriftlichen Aufzeich-
nungen von Britsch ihren inneren Zusammenhang klar erfassen Das konnten nur
diejenigen, die mit ihm in langjährigem geistigen Verkehr standen, wie H. Corne-
lius und der Herausgeber seiner -Theorie der bildenden Kunst-. Dieser hat sich,
wie wir uns auch immer mit ihr abfinden mögen, unzweifelhaft ein großes Ver-
dienst um diu kunstwissenschaftliche Forschung erworben, indem er versuchte, seine
Lehre »so treu wie möglich im Sinne ihres Schöpfers zu fassen- und uns in dem
von Britsch selbst für seine Begriti'sbildung geprägten Wortgebrauch vorzutragen.
 
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