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IV.
Das Gegenständliche in der Malerei.
Von
Theodor A. Meyer.
Ehe der Impressionismus die Welt mit seiner Kunstauffassung er-
obert und erfüllt hat, hat man Bedeutung und Wert des Gegenständ-
lichen in der Malerei nicht ernstlich bestritten. So geringfügig oft der
Gegenstand gewesen war, zu dem die Künstler gegriffen hatten, es
herrschte doch allgemein die Ansicht, daß die Wahl des Gegenstands
eine wichtige Sache sei und daß mit der Auffindung des geeigneten
Motivs für den Künstler schon viel gewonnen sei. Erst der Impressio-
nismus hat den Kampf gegen das Gegenständliche in der Malerei auf-
genommen; nach ihm hat der Gegenstand in ihr nichts zu besagen.
Er hat kein künstlerisches Gewicht. Worauf es in ihr allein ankommt,
was ihr allein angehört, ist die Art, wie sie die Dinge gibt, ist die
Darstellung, die Technik. Der Gegenstand ist dem Künstler nur ein
Mittel zu zeigen, daß er malen kann. Der Analer, der mit dem Gegen-
stand wirkt und aufs Inhaltliche zielt, ist der Auch-Maler. Echter
Künstlergeist waltet nur in dem Künstler, der keine andere Leiden-
schaft kennt, als das Malen um des Malens willen. Ein solcher Künst-
ler ist der Nur-Maler und dieser erweist sich gegenüber dem Auch-
Maler als der vollere Künstler.
Diese Auffassung der Malerei lag im Wesen des Impressionismus
begründet. Er will uns nicht die Gegenstände und ihr innerstes Wesen
geben, sondern nur ihren Sinneneindruck, ihr Netzhautbild. Auf unserer
Netzhaut aber sind nicht Gegenstände, sondern nur farbige Flecken.
Erst der Intellekt, der das Netzhautbild deutet, schafft mit Hilfe der
Erinnerung aus den Farbflecken Gegenstände und trübt und verun-
staltet durch diese seine Deutung die Unmittelbarkeit der Sinnenein-
drücke. Die impressionistische A\alerei schaltet den Intellekt aus; sie
kehrt zum ursprünglichen Sinneneindruck zurück; sie löst deshalb
den Teppich der Farbe von den Gegenständen los und da ihr die
Gegenstände zu nichts mehr werden als zu Trägern von Licht, Farbe
und Luft, so werden sie ihr gleichgültig. Der Impressionist ist allein
an den Natureindruck als die einzige ihm wirklich gegebene Realität
IV.
Das Gegenständliche in der Malerei.
Von
Theodor A. Meyer.
Ehe der Impressionismus die Welt mit seiner Kunstauffassung er-
obert und erfüllt hat, hat man Bedeutung und Wert des Gegenständ-
lichen in der Malerei nicht ernstlich bestritten. So geringfügig oft der
Gegenstand gewesen war, zu dem die Künstler gegriffen hatten, es
herrschte doch allgemein die Ansicht, daß die Wahl des Gegenstands
eine wichtige Sache sei und daß mit der Auffindung des geeigneten
Motivs für den Künstler schon viel gewonnen sei. Erst der Impressio-
nismus hat den Kampf gegen das Gegenständliche in der Malerei auf-
genommen; nach ihm hat der Gegenstand in ihr nichts zu besagen.
Er hat kein künstlerisches Gewicht. Worauf es in ihr allein ankommt,
was ihr allein angehört, ist die Art, wie sie die Dinge gibt, ist die
Darstellung, die Technik. Der Gegenstand ist dem Künstler nur ein
Mittel zu zeigen, daß er malen kann. Der Analer, der mit dem Gegen-
stand wirkt und aufs Inhaltliche zielt, ist der Auch-Maler. Echter
Künstlergeist waltet nur in dem Künstler, der keine andere Leiden-
schaft kennt, als das Malen um des Malens willen. Ein solcher Künst-
ler ist der Nur-Maler und dieser erweist sich gegenüber dem Auch-
Maler als der vollere Künstler.
Diese Auffassung der Malerei lag im Wesen des Impressionismus
begründet. Er will uns nicht die Gegenstände und ihr innerstes Wesen
geben, sondern nur ihren Sinneneindruck, ihr Netzhautbild. Auf unserer
Netzhaut aber sind nicht Gegenstände, sondern nur farbige Flecken.
Erst der Intellekt, der das Netzhautbild deutet, schafft mit Hilfe der
Erinnerung aus den Farbflecken Gegenstände und trübt und verun-
staltet durch diese seine Deutung die Unmittelbarkeit der Sinnenein-
drücke. Die impressionistische A\alerei schaltet den Intellekt aus; sie
kehrt zum ursprünglichen Sinneneindruck zurück; sie löst deshalb
den Teppich der Farbe von den Gegenständen los und da ihr die
Gegenstände zu nichts mehr werden als zu Trägern von Licht, Farbe
und Luft, so werden sie ihr gleichgültig. Der Impressionist ist allein
an den Natureindruck als die einzige ihm wirklich gegebene Realität