XIII.
Der ästhetische Eindruck in seinem Verhältnis
zu Lust und Unlust.
Von
K. S. Laurila.
1. Gegenwärtiger Stand der Frage.
Zu den wenigen grundsätzlichen ästhetischen Fragen, über die die
Ästhetiker unter sich so ziemlich einig sind, gehört die Frage nach
dem Verhältnis des ästhetischen Eindrucks zu Lust und Unlust. In
diesem Punkte herrscht wirklich oder herrschte wenigstens bis auf die
neueste Zeit unter den Ästhetikern eine so große Einigkeit, daß die
Frage nach dem Lust- oder Unlustcharakter des ästhetischen Eindrucks
meistens gar nicht aufgeworfen wurde. Es wurde ohne weiteres an-
genommen, daß der ästhetische Eindruck immer lustvoll ist und lustvoll
sein muß, weshalb hier eine Frage und ein Problem überhaupt nicht
vorhanden war. Demgemäß sprach man und spricht man vielfach noch
heute von dem sogenannten ästhetischen Genuß als von einer
unbestreitbaren, selbstverständlichen Tatsache. Für viele war und ist
diese vermeinte Tatsache, d. h. der Lustcharakter des ästhetischen Ein-
drucks, noch eine Grundtatsache der ganzen Ästhetik. Diese Tat-
sache ist ihnen in der Ästhetik das Gegebene, welches der Ästhetiker
zum Ausgangspunkt zu nehmen hat. Und in der allseitigen Erklärung
des vermeinten ästhetischen Genusses erblicken sie demgemäß geradezu
die Hauptaufgabe der Ästhetik.
So z. B. Fechner und seine Schule. Nach Fechner war ja die
ganze Ästhetik einfach die >Lehre vom Gefallen und Mißfallen«1). Und
»die am meisten interessierende und wichtigste Frage« in der Ästhetik
war nach Fechner diese: »Warum gefällt oder mißfällt es und wiefern
hat es Recht zu gefallen oder zu mißfallen<"-). Nach Fechner war also
der Lustcharakter des ästhetischen Eindrucks nicht allein eine unbe-
streitbare, sondern auch eine so grundlegende Tatsache in der Ästhetik,
') Vorschule der Ästhetik I, S. 1.
2) Vorschule S. 5.
Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. XXII.
'21
Der ästhetische Eindruck in seinem Verhältnis
zu Lust und Unlust.
Von
K. S. Laurila.
1. Gegenwärtiger Stand der Frage.
Zu den wenigen grundsätzlichen ästhetischen Fragen, über die die
Ästhetiker unter sich so ziemlich einig sind, gehört die Frage nach
dem Verhältnis des ästhetischen Eindrucks zu Lust und Unlust. In
diesem Punkte herrscht wirklich oder herrschte wenigstens bis auf die
neueste Zeit unter den Ästhetikern eine so große Einigkeit, daß die
Frage nach dem Lust- oder Unlustcharakter des ästhetischen Eindrucks
meistens gar nicht aufgeworfen wurde. Es wurde ohne weiteres an-
genommen, daß der ästhetische Eindruck immer lustvoll ist und lustvoll
sein muß, weshalb hier eine Frage und ein Problem überhaupt nicht
vorhanden war. Demgemäß sprach man und spricht man vielfach noch
heute von dem sogenannten ästhetischen Genuß als von einer
unbestreitbaren, selbstverständlichen Tatsache. Für viele war und ist
diese vermeinte Tatsache, d. h. der Lustcharakter des ästhetischen Ein-
drucks, noch eine Grundtatsache der ganzen Ästhetik. Diese Tat-
sache ist ihnen in der Ästhetik das Gegebene, welches der Ästhetiker
zum Ausgangspunkt zu nehmen hat. Und in der allseitigen Erklärung
des vermeinten ästhetischen Genusses erblicken sie demgemäß geradezu
die Hauptaufgabe der Ästhetik.
So z. B. Fechner und seine Schule. Nach Fechner war ja die
ganze Ästhetik einfach die >Lehre vom Gefallen und Mißfallen«1). Und
»die am meisten interessierende und wichtigste Frage« in der Ästhetik
war nach Fechner diese: »Warum gefällt oder mißfällt es und wiefern
hat es Recht zu gefallen oder zu mißfallen<"-). Nach Fechner war also
der Lustcharakter des ästhetischen Eindrucks nicht allein eine unbe-
streitbare, sondern auch eine so grundlegende Tatsache in der Ästhetik,
') Vorschule der Ästhetik I, S. 1.
2) Vorschule S. 5.
Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. XXII.
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