Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

DOI Artikel:
Laurila, Kaarle Sanfrid: Der ästhetische Eindruck in seinem Verhältnis zu Lust und Unlust
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0383
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
370

K. S. LAURILA.

daß die Hauptaufgabe der Ästhetik darin bestand, die Eigenart und
die Ursachen der ästhetischen Lust zu erklären. Denselben Standpunkt
vertreten in der Tat auch diejenigen Ästhetiker, welche nicht direkt
den ästhetischen Genuß, sondern den Begriff des Schönen oder die
schönen Erscheinungen zum Ausgangspunkt nehmen und in der all-
seitigen Beschreibung, Einteilung und Erklärung der schönen Gegen-
stände, zu denen vor allem dann auch die Kunstwerke gehören, die
Hauptaufgabe der Ästhetik erblicken. Diese Ansicht war ja, wie be-
kannt, von jeher die verbreitetste, sowohl unter den Ästhetikern als
auch unter den Laien. In älterer Zeit war diese Ansicht sogar nahezu
alleinherrschend. Und auch jetzt noch ist wohl die geläufigste Auf-
fassung von der Ästhetik und von ihrer Aufgabe die, daß die Ästhetik
eine Wissenschaft des Schönen sei, wie z. B. Fr. Th. Vischer sie
schon im Untertitel seines ästhetischen Hauptwerkes definiert. Da nun
aber nach der selbstverständlichen Meinung dieser Ästhetiker das Schöne
immer lustvoll ist und sein Wesen gerade in dieser eigenartigen Lust
besteht, kommen die Schönheitsästhetiker in der Tat genau auf das-
selbe praktische Resultat hinaus wie die direkten Genußästhetiker. Nach
jenen wie nach diesen ist der Lustcharakter des ästhetischen Eindrucks
eine unbestreitbare, dogmatisch angenommene grundlegende Tatsache,
und die Hauptaufgabe der Ästhetik besteht eben darin, diese ästhetische
Lust, ihre Eigenart, ihren Ursprung und ihre subjektiven wie objektiven
Ursachen zu erklären.

Es gibt nun allerdings auch Ästhetiker, die weder vom Schönen
(oder von schönen Gegenständen) noch vom ästhetischen Genuß
ausgehen, sondern entweder nur allein die Kunst oder das ästhe-
tische Lebensgebiet und das ästhetisch Wirksame überhaupt zu ihrem
Ausgangspunkt nehmen. Da aber die ersteren es für ein Axiom
halten, »daß die Kunst in erster Linie den Zweck habe (immer) Lust
zu erzeugen«, wie Konrad Lange diese landläufige Meinung ausdrückt1),
und die letzteren wiederum ebenso fest davon überzeugt sind, daß
»die ästhetische Wirkung in jedem Falle ein Lustgefühl ist«2), so
ändert diese scheinbare Verschiedenheit des Ausgangspunktes nichts
an der Hauptsache selbst. Alle diese Ästhetiker sind sich trotz ihrer
mehr oder weniger abweichenden Ansichten im übrigen darüber einig,
daß der ästhetische Eindruck immer lustvoll ist und lustvoll sein muß.

Der Lustcharakter des ästhetischen Eindrucks wird jedoch nicht
von allen, die daran glauben, für eine so wichtige und grundlegende
Tatsache in der Ästhetik gehalten. Die Schönheitsästhetiker und die

') Vgl. Konrad Lange, Das Wesen der Kunst (1907) S. 38.
-) Vgl. Th. Ziehen, Vorlesungen über Ästhetik (1925) [, S. 6.
 
Annotationen