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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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Schingnitz, Werner: Die Ästhetik im System der Philosophie: Johannes Volkelt zum 80. Geburtstag (21.Juli 1928)
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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0254
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X.

Die Ästhetik im System der Philosophie.
Johannes Volkelt zum 80. Geburtstag (21. Juli 1928).

Von

Werner Schingnitz.

Wahrer und echter Regeln des Dichtens sind nur
etliche wenige, und die haben denn sichere und gewisse
Kennzeichen, an denen sie gleich erkennen mag, wer
Augen im Kopfe hat. Klopstock.

t

Schon vor zehn Jahren konnte Friedrich Lipsius in den »Kant-
Studien den Jubilar als Altmeister der deutschen, ja überhaupt der ge-
samten gegenwärtigen Ästhetik feiern, konnte ihn als einen führenden
Denker würdigen, der den Ausbau einer systematischen Position in
der Gesamtphilosophie auf die glücklichste Weise mit der liebevollen
und gehaltreichen Pflege einer der vornehmsten philosophischen Dis-
ziplinen, eben der Ästhetik, verband. Damals gipfelte die Würdigung
des Jubilars in dem Satze: »Weltfremdheit und gelehrte Einseitigkeit
wird man jedenfalls einem Denker nicht vorwerfen können, der mit
dem feinen und tief eindringenden Verständnis Johannes Volkelts die
mannigfachen Formen des ästhetischen Erlebens geschildert hat und
den Wegen des schaffenden Genius nachgegangen ist.« Und heute,
zehn Jahre später, müssen wir immer aufs Neue mit Bewunderung
und Verehrung feststellen, wie zehn Jahre eines abgeklärten und geistig
immer mehr gerundeten Alters die führende Stellung Johannes Volkelts
vertieft und befestigt haben.

Fragt man — durch das Werk Johannes Volkelts mächtig ange-
regt — nach dem Wesen und nach den unumgänglichen Erforder-
nissen einer vollendeten philosophisch-wissenschaftlichen Ästhetik, so
wird zuerst vielleicht zweierlei unerläßlich erscheinen. Erstens das
enge, hingebungsvolle, durchgeistigte aber nicht schematisierte, gefühl-
volle aber nicht sentimentale, entspannte aber nicht zersplitterte Zu-
sammenleben mit dem kostbaren Material und Ausgang der ästhe-
tischen Wissenschaft: mit den Werken der Kunst von Menschenhand,
mit den Schöpfungen der großen Künstlerin Natur. Zweitens aber
diejenige philosophisch fest gegründete Einstellung, die der wissen-
schaftlichen Auswertung des kostbaren Materials der Ästhetik fähig

Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. XXII 16
 
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