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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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Segal, Arthur: Optische Bildhauerei (Plastik)
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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0206
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OPTISCHE BILDHAUEREI (PLASTIK).

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und nur in dem Raum kann die optische und haptische Welt sich
zum Ausdruck bringen. Der Raum ist die Basis der Bildhauerei. Die
Bildhauerei breitet die optische und haptische Wahrnehmung in der
Länge und Breite und Tiefe aus. Raum und Fläche sind sowohl optisch
als auch haptisch wahrnehmbar, weil sie Form sind. Die Farbe oder
die Belichtung des Raumes oder der Fläche sind aber nur optisch
wahrnehmbar.

Plastische Wirkung ist der Malerei und der Bildhauerei gemeinsam,
wenn auch verschieden bedingt. Plastische Wirkung ist überhaupt
allen Künsten gemeinsam. Plastische Wirkung ist allen Gebieten, jeder
Lebensmanifestation gemeinsam und bedeutet Hervorheben eines Teiles
und Zurückdrängung des anderen. Der hervorgehobene Teil ist der
plastisch wirkende. Es ist nicht richtig, daß unter Plastik Bildhauerei
allein verstanden werden soll. Plastische Wirkung entsteht folglich
durch Hervorheben und Zurückdrängen, wodurch wiederum Raum ent-
steht. Somit ist plastische Wirkung Raumwirkung oder räumliche
Wirkung.

Wodurch entsteht Raumwirkung in der Malerei und Bildhauerei?
Durch optische oder optisch-haptische Gestaltung der Zwei- und Drei-
dimensionalität, d. h. der Fläche für die Malerei und des Raumes für
die Bildhauerei.

Die plastische Wirkung der Malerei ist zweidimensional bedingt.
Diejenige der Bildhauerei dreidimensional. In der Malerei oder im
optischen Sinne ist Plastik oder plastische Wirkung dasjenige, was
das Licht aus der Dunkelheit herausholt und es sichtbar macht, oder
was die eine Farbe stärker hervorhebt als die andere. Derjenige Teil,
der am stärksten belichtet oder am grellsten gefärbt ist, wirkt am
plastischsten, weil er vom Auge zuerst gesehen wird, weil er sich am
meisten von der Dunkelheit oder von der Farblosigkeit entfernt. Dieser
Teil drückt alles am meisten zurück, so daß gewissermaßen eine große
optische Entfernung zwischen der Höhe oder Nähe des stark belich-
teten oder gefärbten Teiles und der Tiefe oder Ferne der schwach
belichteten und gefärbten Teile entsteht. Aber genau so kann eine
Dunkelheit oder Farblosigkeit plastisch am stärksten wirken, wenn sie
das Licht oder die Farbe stark zurückdrängt und dadurch am stärksten
aufs Auge wirkt. Somit ist die plastische Wirkung der Malerei an den
Kontrast der zweidimensionalen Faktoren gebunden, an: Hell-Dunkel
der Tonwerte, Leuchtkraft der Farben und Länge und Breite der Form.

In der Bildhauerei kommt noch die plastische Wirkung im hapti-
schen Sinne hinzu. Am plastischsten ist derjenige Teil, den die Hand-
fläche zuerst berührt, bei einem Relief, wenn sie sich in paralleler
Lage zu der tragenden Fläche des Reliefs befindet. Bei einer Rund-

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