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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0252
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BESPRECHUNGEN.

239

Sache haftende, mehr persönlichkeitsgenährte, nahe- und fernerliegende oder, um
mit Pongs zu reden, magische, mystische, mythische, expressionistische und impres-
sionistische und noch viele andersartigen Möglichkeiten bestehen, ist selbstverständ-
lich und wird in Pongs' Buch auch mit bestem Gelingen entwickelt.

Für sachlich nicht bedingt halte ich schließlich auch die Parallele, in die Pongs
die Metaphern- oder Gleichnisbildung (»Entdecken von Verhältnisbeziehungen zwi-
schen Elementen» (150), zur Sprachbildung überhaupt (»auf Grund einer Ähnlichkeit
zwischen Lautlichem und Dinglichem« (150), stellt. Meines Erachtens sind beides
ganz unvergleichbare Vorgänge. Beim dichterischen »Bild« ist, wie ich oben aus-
führte, ohne Rücksicht auf das jeweilige Wie seiner Verwendung, Grundbedingung
in jedem Fall die einfach in den Sachgegebenheiten vorliegende Entsprechung, bei
der Sprachbildung überhaupt dagegen vermag man solch sachliche Grundlage
schlechterdings nicht aufzufinden. Denn die von Pongs angeführte »Ähnlichkeit zwi-
schen Lautlichem und Dinglichem« läßt sich doch wohl nur in verschwindend
wenigen Fällen glaubhaft machen, während der Sprachentstehungsvorgang als solcher
— nicht Entstehung des Sprechens des einzelnen Menschen, sondern Entstehung
der Sprache selbst — doch noch gar sehr geheimnisvoll ist.

Wie ich schon erwähnte, berühren diese Bedenken nicht den Hauptwert von
Pongs' Buch, die dynamische Bedeutung der Bilder in der Dichtung extensiv wie
intensiv eindringlichst darzulegen. Angesichts der grundlegenden wissenschaftlichen
Bedeutung des ersten Bandes darf man das Erscheinen des zweiten mit berech-
tigter Spannung erwarten.

Greifswald. Kurt Gassen.

Annelies Argelander, Das Farbenhören und der synästhetische Faktor
der Wahrnehmung. Verlag von G.Fischer, Jena 1927. 153 S. Text u. 19 S.
Literaturangaben. Preis brosch. 8 M.
Das Farbenhören, d. h. die Tatsache, daß ein akustischer Reiz außer der ihm
entsprechenden akustischen Wahrnehmung eine optische Empfindung oder Vorstel-
lung hervorruft, hat in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit weiter Kreise erregt,
ohne daß es gelungen wäre, die in Betracht kommenden Erscheinungen dem wissen-
schaftlichen Verständnis völlig zu erschließen. Es ist daher sehr zu begrüßen, daß
A. Argelander an Hand sorgfältig durchgeführter Untersuchungen über das Zu-
ordnen von Farben zu Tönen oder Vokalen und unter eingehender Berücksichtigung
der in der Literatur vorliegenden Ergebnisse über das Farbenhören — die audition
ColorSe — mit Erfolg eine weitere Klärung der hier vorliegenden Probleme ange-
strebt hat.

A. Argelander geht von der Frage aus, ob es sich beim Farbenhören um eine
seltene psychische Abnormität oder um eine generelle Bewußtseinserscheinung
handele. Es gelingt ihr nachzuweisen, daß zwischen den Ergebnissen ihrer Zuord-
nungsversuche und den Erscheinungen »echten« Farbenhörens eine weitgehende
Ubereinstimmung besteht. Die zum Ausdruck kommenden Beziehungen zwischen dem
akustischen und dem optischen Sinnesgebiet sind die gleichen hier wie dort; sie
treten — unbeschadet zahlreicher individueller Abweichungen — z. B. in der Parallele
Klangreinheit—Farbreinheit und besonders in der Parallele Tonhöhe—Farbhelligkeit
deutlich hervor.

Die nachweisbare Gesetzmäßigkeit dieser Beziehungen hat A. Argelander theo-
retisch zu deuten versucht. Sie zeigt zunächst, daß zur Erklärung weder die physi-
kalische Struktur der Reize oder eine besondere physiologische Struktur des perzi-
P'erenden Subjekts, noch die Annahme fester Assoziationen auf Grund einer gleich-
 
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