SPRACHE UND RHYTHMUS DER SPÄTEN HYMNEN HÖLDERLINS. 281
bestimmt ist, den Vers zu lockern, wird nicht im Stande sein, die rhyth-
mische Bedeutung dieser Stellen zu erfassen. Für ihn lautete beispiels-
weise Vers 7/8:
0 0 O 0 0
V I I I III
nach al - 1er Mei-nung,
0 0 0 0 0
wo a - ber ge - heim . . .
Sieht man aber in dem Enjambement das sinnvolle Mittel, eben die Worte
der Überleitung zu isolieren und dadurch dem Vers sein rhythmisches
Gepräge zu geben, ihn nicht zu zerstören durch Hinübergreifen und
prosaisches Hinüberziehen der grammatischen Periode in den andern
Vers, so ändert sich sofort die metrische Struktur:
cirr irr ii* ts [oder ^ar: (\ff.\t f nfirn.......
Eine schwache Atempause stände auch im natürlich gesprochenen Satz
zwischen »aber« und »geheim«; sie wird aber durch den Versabsatz
verlängert. Die Folge ist, daß die Worte »wo aber« in ihrer isolierten
Stellung eines besonderen Akzents bedürfen, damit sie rhythmisch dem
zugehörigen Vers eingegliedert, logisch als Glieder eines neuen Ge-
dankens von ihm abgehoben werden. Daß hier der rhetorische Akzent
eine Rolle spielt, ist nicht zu leugnen, da die dialektische Verwendung
der Konjunktionen an sich rhetorische Elemente in sich birgt. Das
heißt, neben der Tonstärke ist für den Vortrag auch die Tonhöhe
wesentlich; obwohl sie nicht unmittelbar auf die Erkenntnis der metri-
schen Form von Einfluß ist, muß sie hier beim Erfassen der Vers-
gestalt unbedingt mit Berücksichtigung finden.
Ich wiederhole: Wir haben es in Vers 7 und Q (V. 11 soll später
behandelt werden) mit Worten zu tun, die, durch Zäsur und Vers-
absatz isoliert, dem Sinne nach zu der folgenden logischen Periode
gehören; der metrischen Bedeutung nach aber zu der rhythmischen
Periode, die ihnen vorausgeht. Auch hier ergibt sich ein enger Zu-
sammenhang zwischen syntaktischer und rhythmischer Stilisierung. Die
natürliche Zäsur ist durch Satzschluß (sei es Haupt- oder Nebensatz),
der Versabsatz durch das Enjambement geschaffen. Die Worte, die durch
beide eingeschlossen sind, nehmen so im Vers bestimmte Funktionen
ein, die sich im metrischen Bild folgendermaßen darstellen:
Die Zäsur teilt den Vers in zwei ungleiche Hälften; die erste ist
mehrtaktig, die zweite eintaktig, trägt aber den stärkeren Ton. So wird
gewissermaßen ein Gleichgewicht gegen die an Taktzahl größere Hälfte
hergestellt. Die rhythmische Bewegung des Verses, scheinbar mit dem
Satzende abgeschlossen und zur Ruhe gebracht, wird plötzlich noch-
bestimmt ist, den Vers zu lockern, wird nicht im Stande sein, die rhyth-
mische Bedeutung dieser Stellen zu erfassen. Für ihn lautete beispiels-
weise Vers 7/8:
0 0 O 0 0
V I I I III
nach al - 1er Mei-nung,
0 0 0 0 0
wo a - ber ge - heim . . .
Sieht man aber in dem Enjambement das sinnvolle Mittel, eben die Worte
der Überleitung zu isolieren und dadurch dem Vers sein rhythmisches
Gepräge zu geben, ihn nicht zu zerstören durch Hinübergreifen und
prosaisches Hinüberziehen der grammatischen Periode in den andern
Vers, so ändert sich sofort die metrische Struktur:
cirr irr ii* ts [oder ^ar: (\ff.\t f nfirn.......
Eine schwache Atempause stände auch im natürlich gesprochenen Satz
zwischen »aber« und »geheim«; sie wird aber durch den Versabsatz
verlängert. Die Folge ist, daß die Worte »wo aber« in ihrer isolierten
Stellung eines besonderen Akzents bedürfen, damit sie rhythmisch dem
zugehörigen Vers eingegliedert, logisch als Glieder eines neuen Ge-
dankens von ihm abgehoben werden. Daß hier der rhetorische Akzent
eine Rolle spielt, ist nicht zu leugnen, da die dialektische Verwendung
der Konjunktionen an sich rhetorische Elemente in sich birgt. Das
heißt, neben der Tonstärke ist für den Vortrag auch die Tonhöhe
wesentlich; obwohl sie nicht unmittelbar auf die Erkenntnis der metri-
schen Form von Einfluß ist, muß sie hier beim Erfassen der Vers-
gestalt unbedingt mit Berücksichtigung finden.
Ich wiederhole: Wir haben es in Vers 7 und Q (V. 11 soll später
behandelt werden) mit Worten zu tun, die, durch Zäsur und Vers-
absatz isoliert, dem Sinne nach zu der folgenden logischen Periode
gehören; der metrischen Bedeutung nach aber zu der rhythmischen
Periode, die ihnen vorausgeht. Auch hier ergibt sich ein enger Zu-
sammenhang zwischen syntaktischer und rhythmischer Stilisierung. Die
natürliche Zäsur ist durch Satzschluß (sei es Haupt- oder Nebensatz),
der Versabsatz durch das Enjambement geschaffen. Die Worte, die durch
beide eingeschlossen sind, nehmen so im Vers bestimmte Funktionen
ein, die sich im metrischen Bild folgendermaßen darstellen:
Die Zäsur teilt den Vers in zwei ungleiche Hälften; die erste ist
mehrtaktig, die zweite eintaktig, trägt aber den stärkeren Ton. So wird
gewissermaßen ein Gleichgewicht gegen die an Taktzahl größere Hälfte
hergestellt. Die rhythmische Bewegung des Verses, scheinbar mit dem
Satzende abgeschlossen und zur Ruhe gebracht, wird plötzlich noch-