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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0494
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BESPRECHUNGEN.

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erscheinung »Kleist«, und das wird wesentlich aus der Betrachtung seines Werkes
gewonnen. Die biographische Darstellung freilich dringt wenig tief, begnügt sich
im großen und ganzen damit, Brief- und andere Belegstellen etwas sehr knapp und
ohne weitere Verarbeitung zu verbinden. Doch wird die Verfasserin darauf hin-
weisen, daß dieser Teil nur die Erfassung Kleists aus seinem Werke vorbereiten
solle. Dieser Erfassung kann denn auch Anerkennung nicht versagt werden. Eben-
sowenig allerdings wie der biographische bringt dieser Teil Neues, auch darf man
die einzelnen Kennzeichnungen, was Beobachtungsschärfe und -ausdrucksfähigkeit
betrifft, an denen etwa Erich Schmidts in den Einleitungen seiner Ausgabe nicht
messen; doch kann beides in solch volkstümlicher Darstellung auch kaum gefordert
werden. Die Einzelbeobachtungen sind fast durchweg richtig und auch die großen
Gesichtspunkte der Darstellung treffen den Kern. In der Tat beherrschte Kleist durch-
weg ein Streben zum Unbedingten, das er wechselnd, nacheinander und auch neben-
einander, im Problem Wahrheit, Recht, im Gefühl, in der Idee Vaterland suchte.
Gelungen ist gleichfalls die Darlegung, wie diese allesdurchdringenden Triebkräfte
von Kleists Werk in Einzelzügen, wie der ganz eigentümlichen Kleistischen Auf-
fassung von Naivetät, Offenheit, Vertrauen, Bewußtem-Unbewußtem, Verstandes-
mäßigem-Instinktmäßigem, Begreiflichem-Unbegreiflichem, Ausdruck und Ausgestal-
tung finden. Unter Vermeidung von Inhaltsangaben und ohne Eingehen auf die
einzelnen Werke selbst weiß die Verfasserin ihre Behauptungen aus allen Werken
geschickt zu belegen. Den Schluß bilden einige stilistische Bemerkungen, die gleich-
falls »richtige gesehen sind. Doch ist auf diesem Gebiet ebenfalls schon Tiefer-
dringendes geleistet worden.

Im ganzen aber ist Beate Berwins Kleistbuch, das auch mit mehreren Illustra-
tionen — darunter die noch umstrittene Düsseldorfer Maske — geschmückt ist, ein
gelungener Versuch, das Phänomen »Kleist« einem weiteren, volkstümlichen Leser-
kreise in einem treuen, liebewerbenden Bilde vor Augen zu stellen.

Greifswald.

_ Kurt Gassen.

Walter Donat, Die Landschaft bei Tieck und ihre historischen Vor-
aussetzungen. Dissertation. M. Diesterweg, Frankfurt a. M. 1925, 137 S.
Deutsche Forschungen, herausgeg. von Fr. Panzer u. J. Petersen. 14. Heft.
Die Fragestellung dieser Arbeit kommt aus der Erkenntnis, daß die bisherigen
Untersuchungen zu dem Problemkreis, dem das Thema zugehört, sich allzu einseitig
auf das Naturgefühl einzelner Autoren und Perioden eingeschränkt und so in ihrer
Forschung und Darstellung das Verhältnis des Ich zur Natur dieser gestalteten Natur
selbst weitaus vorgezogen haben. Solcher bisherigen Einseitigkeit stellt der Verfasser
eine bewußt gegensätzliche zur Ergänzung entgegen, indem er aus dem umfangreichen
und durch komplizierte Entwicklungen gegangenen dichterischen Werk Tiecks das
»Gegenstandsbild der Landschaft* in seinen typisch bezeichnenden Zügen heraus-
analysiert und diese wiederum in Entwicklung und Wandlung erfaßt. Der geschicht-
'iche Anschluß nach rückwärts, an die Landschaftsdarstellung des 18. Jahrhunderts
zumal, wird dabei herzustellen versucht, damit Tieck aus der Isolierung befreit und
sein Eigenes und Neues bestimmter gegen das Traditionelle abgehoben werde. —
Verfasser ist sich gewiß selber klar darüber, daß er sich in seiner Fragestellung
von dem künstlerisch Wesentlicheren (im Landschaftsgef üh 1) zu einer Aufgabe
liinwendet, die von stoffgeschichtlichem Interesse vorweg ist und von deren Lösung
ein Weg unmittelbar zum ästhetischen Verständnis auch nur eines einzigen Werkes
als eines ausgeformten Ganzen sich nicht öffnet und auch nicht tiefer in die

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