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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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Heinitz, Wilhelm: Untersuchung und Beurteilung schauspielerischer Sprechleistungen: ein Materialbeitrag für die vergleichende Ästhetik
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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0015
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WILHELM HEINITZ.

gleichsarbeit von möglichst vielen Schauspielerinnen oder sonstigen
Sprechern in den Schallplattenapparat hineingesprochen werden sollte.

Äußere Umstände machten dabei zunächst eine Beschränkung auf
vier Sprecherinnen nötig, Frau Hilde Knoth vom Deutschen Schauspiel-
haus Hamburg, Platte Nr. 167; Fräulein Marianne Wentzel vom Thalia-
theater Hamburg, Platte Nr. 168; Frau Maria Eis vom Thaliatheater
Hamburg,Platte Nr. 16Q,und Frau VilmaMönckeberg-Kollmar, Lektorin
für Sprechkunst an der Universität Hamburg, Platte Nr. 170. Die Platten
wurden für das Laboratoriumsarchiv durch Prof. Panconcelli-Calzia
in Berliner Schrift aufgenommen. Zur Einstellung der richtigen Um-
drehungszeit befindet sich auf Platte Nr. 168 im inneren Ring eine
Aufnahme des Stimmpfeifentons a1 = 435 v. d. Die Platten sollten
während der deutschen Theaterausstellung in Magdeburg 1927 (Maske
Magdeburg) dortselbst vorgeführt werden.

Ein nur subjektives Hören und Vergleichen der einzelnen Auf-
fassungen des gesprochenen Stücks vermag dem Kritiker selbstverständ-
lich schon eine Fülle von Beobachtungsmöglichkeiten zu bieten. Die
Wissenschaft muß indessen bestrebt sein, diese Vorteile dadurch noch
zu vergrößern, daß sie die hörbaren Geschehnisse an entsprechenden
sichtbaren Darstellungen dauernd kontrollierbar aufweist.

Mit dieser wissenschaftlichen Marschroute gilt es, in rationeller
Weise geeignete Methoden anzubahnen, die auch den weitestgehenden
Anforderungen einer exakt vergleichenden Ästhetik gesprochener Denk-
mäler bis zu der natürlichen Begrenzung dieses Aufgabenkreises ent-
sprechen.

Inwieweit kann das mit Aussicht auf genügende Zuverlässigkeit
geschehen?

Die sprachliche Ausdrucksbewegung im Sinne einer Mitteilung oder
eines affektiven Erlebnisses auf Grund innerer oder äußerer Motive
stellt sich uns akustisch dar, und zwar künstlich zerlegbar in die Fak-
toren: Intensität, Klangfarbe, Stimmfarbe, Tonbewegung und Dauer.

Die zuverlässige Aufzeichnung und Auswertbarkeit dieser Faktoren
im experimentalphonetischen Sinne ist dem Grade nach verschieden.
Bei allen Ergebnissen ihrer Interpretation darf man zunächst nicht
vergessen, daß man wohl die gennemische, aber nicht die genetische
Seite des Problems erfaßt, mit anderen Worten, man vergleicht das
akustisch wahrnehmbare Erzeugnis eines phonetischen Vorgangs, nicht
aber den psychophysischen Kraftlinienprozeß des Vorgangs selbst.

Aber auch das physikalisch meßbare Erzeugnis muß mit Vorsicht
bewertet werden. Durch das Medium der Aufnahmemembran entsteht
durchweg die Gefahr der Verfälschung der Komponenten Intensität,
Klangfarbe und Stimmfarbe.
 
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