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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Beissel, Stephan: Die römischen Mosaiken vom VII. Jahrh. bis zum ersten Viertel des IX. Jahrh., [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0103

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147

1897.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 5.

148

neben ihm knieen Leo III. und Karl d. Gr.;
dem Papste reicht er ein Pallium, dem Kaiser
eine Fahne. Der Sinn dieser Bilder wird in
authentischer Weise erklärt durch die Inschrift
einer Votivkrone, die der Vorgänger Leos III.,
Hadrian, im Vatikan über dem Grabe des
hl. Petrus aufhängen liefs. Er betont darin
den Unterschied zwischen der geistlichen und
weltlichen Macht und führt aus, Christus habe
erstere dem hl. Petrus, Petrus aber seinen
Nachfolgern übergeben. Durch den Papst aber
habe Karl das Patriciat über Rom erlangt.2)
Diese Votivkrone liefs Hadrian wohl im Jahre
774 anfertigen, als Karl ihn durch Besiegung
der Longobarden und durch Eroberung von
Pavia befreit hatte. Leo III. aber gewann
vielleicht die Mittel zur Herstellung des kleinern
Festsaales aus dem reichen Antheil,3) den Karl
nach Erlangung des Schatzes der Avaren 796
durch Angilbert zusandte.

Leo III. liefs sich und Karl d. Gr. auch in
oder neben der von ihm mit Mosaiken ver-
zierten Apsis der Kirche der hl. Susanna
darstellen. Unter das Bild wurde geschrieben:
Beate Pcire dona vitam Leoni papae et bic-
toriam Carulo dona (rdomino). „Hl. Petrus
gib das Leben Leo dem Papste und gib (?)
Sieg Karl (dem Herrn)."

Von den Mosaiken, die Leo in der Late-
ranensischen Kapelle des hl. Michael
und in einer Kreuz kapeile anfertigen liefs,
ist nichts übrig geblieben, dagegen sind die-
jenigen der Apsis und der sie einschliefsenden
Wand in S. Nereus und Achilleus theil-
weise erhalten. Wichtig sind sie als Proben

2) Die wichtige, leider selten richtig abgedruckte
Inschrift lautet nach deRossi »Inscriptiones« II, 146:
Coelorum Dominus, qui cum Patre condidii orbem,
Disponit terras, Virgine natu; homo,

Utqut sa cerdotum regumque est stirpite creatus,

Providus huic mundo curut utrumque geri:

Tradit oves fidei Petro pastori regendas,

Quos vice Hadriano crederet HU sua.

Quin et Ro m an um largitur in urbe fideli

Patricia tum famu/is, qui planiere sibi.

Quem Carolus t?terito praecellenlissimus (et) rex

Suscepit dextra gl orifi c ante Petri.

Pro cujus vita triumphisque haec munera regno

Obtulit antistes congrua rite sibi.

Verbinde: Pro cujus (Caroli) vita triumphisque an-
tistes (Hadrianus) haec munera congrua sibi rite obtu-
lit (dato) regno (i. e. Corona).

3) »Liber pont.« ed. Duchesne II, 3 et 95 note 12.
de Rossi »Inscriptiones« II, 441 n. 149; »Bullettino«
1884—1885, p. lhl. Garrucci Tav. 282 n. 4 et 5.

des Stiles, in dem die Künstler dieses Papstes
arbeiteten. Ihre Figuren sind schlank, klar ge-
zeichnet, aber ohne Gröfse des Stiles. Immerhin
verrathen sie ernstes Streben. In der Apsis
stand vor einem Vorhange ein grofses Kreuz
auf einem Berge, dem die vier Flüsse ent-
quollen. Je drei Schafe nahten sich rechts
und links. Ueber der Apsis trägt die Wand
in der Mitte ein Bild der Verklärung, worin
aber nicht, wie in S. Apollinare in Classe zu
Ravenna Symbole mit historischen Figuren ver-
mengt sind. Christus steht in ihm auf tief-
blauem Grunde in einer grofsen Mandorla
zwischen Moses und Elias; die drei Apostel
aber verehren ihn tief gebeugt.4) Zur Rechten
ist auf der Wand die Verkündigung dargestellt,
zur Linken thront die Gottesmutter. Da nur
ein Engel zu ihrer Rechten steht, ist diese
Gruppe fast wie ein Ausschnitt des Bildes in
S. Apollinare nuovo, wo Maria, wie hier, ihr
Kind mitten auf dem Schoofse vor sich hält,
aber vier Engel ihren Hofstaat bilden.

Der Charakter der römischen Mosaiken
aus dem Beginn des IX. Jahrh. zeigt sich am
klarsten in der nahe bei S. Maria Maggiore und
bei S. Pudentiana gelegenen Basilika der
hl. Praxedis.5) Sie besitzt drei grofse, unter
Paschalis hergestellte Arbeiten in der Apsis
mit ihrer Bogenwand, auf dem das Querschiff
abschliefsenden Triumphbogen und in derZeno-
kapelle. Für die Apsis und ihre Wand
hat Paschalis das kostbare Mosaik von S. Cos-
mas und Damian am Forum zum Vorbild ge-
nommen. Führen dort Petrus und Paulus
jene beiden hh. Aerzte zu dem hoch in den
Wolken in großer Gestalt erscheinenden Hei-
land, so geleiten sie hier die beiden hh.
Schwestern Praxedis und Pudentiana zu ihm.
Wie dort in den Ecken unter Palmen der
hl. Theodor und der Stifter Papst Felix stehen,
so hier der Diakon Cyriakus mit dem Papst
Paschalis. Wo dort über der Hand Gottes
und ihrer Krone im Bogen Christi Monogramm
glänzt, sehen wir hier das Monogramm des
Stifters. Im untern Rande kommen hier in
S. Prassede wie dort in S. Cosma e Damiano

4) »Liber pontificalis« ed. Duchesne II, 28 n. 102
17 n. 66; 47 note 128. Garrucci Tav. 284. deRossi
»Musaici« Fase. 21 n. 43.

s) Garrucci Tav. 285 s. de Rossi »Musaici«
Fase. 5 n. 10; Fase. 9 n. 18. »Liber pontificalis« ed.
Duchesne II, 54.
 
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