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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Schröder, Alfred: Das "Sakrarium" in der Kirche zum hl. Kreuz in Augsburg: ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Monstranz
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Schnütgen, Alexander: Neue Monstranz spätgothischen Stils
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0140

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205

1897. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

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abgefafst, lautet: „Anno . milleno . ter . C .
XL . quoque . seno . hoc . vas . effecit. Johan .
aurifaber . ob . honorem . vivifice , crucis .
ut . servei . iis . Crisie . crnorcm". Das dritt-
letzte Wort ist offenbar von dem des Latein
unkundigen Goldschmid verschrieben für tibi.
Goldschmiede Namens Johann gab es um jene
Zeit in Augsburg wenigstens zwei; in Urkunden
von 1355 werden als solche genannt Johannes
der Hofherr und Hans der Riederer; der
letztere scheint mit bedeutenden Aufträgen be-
traut worden zu sein; die Stadt bezahlte ihm
i. J. 1369 für eine nicht näher bezeichnete Ar-
beit 85 Gulden.10)

Der Werth dieser Kapsel liegt weniger in
ihrer künstlerischen Ausstattung, die ja, soweit
ursprünglich, sehr einfach ist, als vielmehr in
ihrer kunsthistorischen Bedeutung, indem sie
uns durch ihre, bisher völlig unbekannte In-
schrift ein sicheres Datum für die Umwandlung
des Schreines in eine Monstranz gibt, wodurch
ein für die Entwicklungsgeschichte der Mon-
stranz höchst bedeutsamer Punkt eine sichere
chronologische Grundlage gewinnt.

Augsburg. Alfred Schröder.

10) Gutige Mittheilung des Herrn Dr. Ad. Buff,
städt. Archivars.

Neue Monstranz spätgothischen Stils.

Mit Abbildung.

ls es sich jüngst, auf Grund der grofs-
müthigen Gabe einer frommsinnigen
j Stifterin, um die Beschaffung einer
grofsen Monstranz für die Pfarr-
kirche von Appenzell handelte, ergab sich für
die Lösung dieser, von dem bestellenden Pfarrer
mit Recht sehr ernst genommenen, Aufgabe als-
bald der Luzerner Goldschmied Bossard, der
durch grofse Reisen, sorgfältiges Studium, viel-
fache Restaurirungen und Nachbildungen mit
den charakteristischen Formen des mittelalter-
lichen Goldschmiedegewerkes durchaus vertraut,
zugleich die verschiedenen Techniken desselben
in hohem Mafse beherrscht. Es war von ihm
und seinem geläuterten Geschmack eine durch-
aus tüchtige Leistung zu erwarten. Dafs diese
Erwartung nicht getäuscht ist, beweist die photo-
graphische Abbildung, die unser verehrter Mit-
arbeiter Pfarrer Denier mit mehrfachen Notizen
mir vorzulegen die Güte hat, und an welche
ich die nachstehende Beschreibung anknüpfe,
leider ohne das gewifs um so bestechender
wirkende Original gesehen zu haben.

Dafs dieses durch seinen grofsartigen Auf-
bau, wie durch seine reichen Gliederungen im-
ponirende Geräth (93 cm hoch, 13 Pfd. schwer)
aus der genauen Kenntnifs der spätmittelalter-
lichen Goldschmiedeformen herausgewachsen
ist, verräth es auf den ersten Blick, und dafs
ihm namentlich die für Süddeutschland cha-
rakteristischen zu Grunde gelegt sind, verdient
im Allgemeinen entschiedene Anerkennung.

Diese Formen sind zu einem selbstständigen,
eigenartigen Organismus vereinigt worden, der
in alleweg den Stempel des Alten trägt, ohne
Kopie desselben zu sein, bis auf die Architektur,
für welche der Künstler an das vom Besteller
bezeichnete Vorbild (Monstranz von Chur) wohl
zu enge sich angeschlossen hat. Der Fufs
mit Schaft und Knauf ist eine vorzügliche Lö-
sung, und wenn die starken, gehäuften Profi-
lirungen des mit Recht in die Breite entwickelten
Untersatzes etwas schwer erscheinen möchten,
dann wird nicht übersehen werden dürfen, dafs
dem mächtigen Aufbau eine schmächtigere Be-
handlung nicht entsprochen haben würde. Auch
die mit gröfster Sorgfalt gravirten Mafswerk-
blenden des Fufses wie des Schaftes, die Art,
wie dieser durch das spätgothische Schuhmotiv
vermittelt aus jenem hervorwächst, den schön-
geformten Knauf aufnimmt und durch aus zwei
sich auslösenden Hohlkehlen gebildete Ausladung
den Uebergang zum Gewölbetrichter gewinnt,
läfst nichts zu wünschen übrig. Der letztere
ist, wie bei vielen süddeutschen Monstranzen
des Mittelalters, etwas kurz gerathen und der
üppige, aus verschnittenem Blattwerk gebildete
Blattkranz vermag, trotz der auf den Seiten
schwebenden Engel, dieses Mifsverhältnifs nicht
recht auszugleichen. Die darauf liegende zinnen-
bekrönte Plattform bildet in ihren Umrissen
die Grundlage für den architektonischen, in
drei Etagen sich verjüngenden Tabernakelaufbau,
der den spätgothischen, etwas wilden Charakter
 
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