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Zeitschrift für christliche Kunst — 31.1918

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Schippers, Adalbert: Zwei Inschriften am Chorgestühl von St. Godehard in Hildesheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.4276#0048

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36

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 3/4

ZWEI INSCHRIFTEN

AM CHORGESTÜHL VON ST GODE^

HARD IN HILDESHEIM.

In dem malerischen Chorumgange der ehemaligen Benediktmerabteikirche von
St. Godehard in Hildesheim stehen auf der Nord- und Südseite die Reste
des alten, künstlerisch bedeutenden Chorgestühls zu je zwei Bänken her-
gerichtet. An diesen Stühlen sind zwei bemerkenswerte Inschriften eingeschnitzt,
die ich im August 1917 las. Zu meiner Überraschung fand ich nachträglich, daß
die neueren Bearbeiter der Hildesheimer Kunstdenkmäler, Adolf Zeller1 und Kurt
Habicht2, die erwähnten Inschriften nicht richtig gelesen haben. Da auch die älteren
Werke über die Geschichte und die Kunstdenkmäler der Stadt von Otto Gerland3
und Adolf Bertram4 den Inhalt der Schriftrollen nicht mitteilen, so scheint es,
daß der richtige Wortlaut der Inschriften noch nie veröffentlicht worden ist.

An einer Bank auf der Südseite sehen wir das Relief eines stehenden
Mönches mit einem Spruchband. Er richtet die Augen flehend zum hl. Bern-
ward empor, der mit Stab und Gemmenkreuz im Vollbilde auf dem Abschluß
der Stuhlwange steht5. Der Mönch dürfte wohl am ehesten den Auftraggeber
des Chorgestühls, Abt Lippold von Stemmen (1465—1473) darstellen.

Zeller las die Inschrift: a(n)ime patertuere nostros ex illis p(ereternum) 1466.
Habicht verbesserte die Lesart in folgender Weise: alme pater tuere nostros ex
illis p (perfectum) 1466. Trotzdem blieb der Sinn der Inschrift unverständlich.
Das Rätsel löst sich, wenn wir das letzte Wort als exitus lesen. Die erste und
die letzte Silbe dieses Wortes sind vollständig ausgeschrieben und unstreitig als
,,ex" und ,,us" zu erkennen. Dagegen werden die zwei mittleren Buchstaben l und t
je zur Hälfte durch die Verschlingung der Schriftrolle verdeckt. Nichtsdesto-
weniger können sie als solche erkannt werden.

Auf das Wort exitus folgt eine kleine Rosette, wie zu Beginn der Inschrift
eine solche steht. Den Schluß bilden p^ und die Jahreszahl im Ablativ. p? ist
unzweifelhaft die paläographische Abkürzung für post. Da nun die Jahreszahl
sich nicht nach dieser Präposition richtet, so haben wir post als Abkürzung von
positum zu betrachten. Die ganze Inschrift lautet demnach: ($$$ Alme • pater •
tuere • nostros • exitus ^ p^ (positum) M"cccc°Lxvi". Hehrer Vater beschirme
unseren Heimgang! Errichtet 1466.

An einer anderen Bank auf der Nordseite bildet die Vollfigur des hl. Gode-
hard mit Stab und Modell der Kirche den Abschluß der Stuhlwange. Unter
dem Sockel, auf dem er steht, hockt der Teufel, eine ausgesuchte Mißgestalt
mit sieben Gesichtern6. Auf der rechten Schulter hegt ein mächtiger, vorn

1 Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. II. Regierungsbezirk Hildesheim. 4. Stadt
Hildesheim. Kirchliche Bauten. Hannover 1911, S. 239—241.

2 Die niedersächsischen mittelalterlichen Chorgestühle, Heft 181 der Studien zur
deutschen Kunstgeschichte. Straßburg 1915, S. 30.

:' Berühmte Kunststätten, Nr. 28, Hildesheim und Goslar. Leipzig 1904.
1 Geschichte des Bistums Hildesheim, 1. Bd. Hildesheim 1899.
5 Abbildung bei Gerland, a.a.O. S. 48; bei Zeller, a.a.O. S. 246.
8 Abbildung bei Habicht, a. a. 0. Taf. 25.
 
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