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Zeitschrift für christliche Kunst — 32.1919

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Sauerlandt, Max: Ein ottonisches Bronzebecken im städtischen Museum für Kunst und Kunstgewerbe in Halle a. d. S.
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Witte, Fritz: Ein Kriegergedächtnismal für den Dom zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4306#0070

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58

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 4

Will man also die Stadtgeschichte Halles bei der Erklärung der Becken
überhaupt mitsprechen lassen — und ein begründetes Recht dafür darf doch
wohl in Anspruch genommen werden — so gewinnt die Deutung des Me-
daillonbildes auf Otto den Großen eine neue Stütze. Das unscheinbare Bronze-
becken aus dem Baugrund der Nikolaistraße erhält damit zugleich die Be-
deutung der ältesten Sachurkunde für die Geschichte der Stadt Halle a. d. S.7

Max Sauerlandt.

EIN KRIEGERGEDÄCHTNISMAL
FÜR DEN DOM ZU KÖLN.

(Mit Tafel III und 3 Abbildungen.)

Kann es eine idealere Aufgabe geben als diese? Eine dankbarere und
schwierigere zugleich?
Für denjenigen, der da glaubt, man brauche nur wieder einmal
die Geister der Neugotiker zu wecken, mag die Aufgabe rasch und schlecht
ihre Erledigung finden; aus seiner Froschperspektive heraus wird er an dem
Entwurf nach einigen sogenannten gotischen Kinkerlitzchen suchen und, wenn
er sie in Dreiecksfalten oder Krabben oder der „S-Form" oder in anderen
billigen Äußerlichkeiten gefunden, selbstzufrieden auch auf die Zufriedenheit
anderer rechnen. Doch, die Zeiten sind vorüber, in denen irgendein wahr-
sagender Haruspex nach Prüfung der vorhandenen gotischen Zutaten das
Horoskop auf „stilecht" stellte und das Plazet forderte. Uns ist unter der
Wirkung gotischer Formen — nein: trotz gotischer Formen ein Ahnen ge-
worden von einer gotischen Seele; die Ornamente und die Pässe und die

' Des Verfassers Veröffentlichung dürfte auch liturgiegeschichtlich von Bedeutung
sein; andererseits finden die von ihm vorgetragenen Vermutungen bezüglich Verwendung
der Schüssel eine volle Bestätigung. Nach meiner Auffassung ist das Gefäß, das Otto
auf der Rigaer Schüssel in der Rechten hält, genügend deutlich als Columba, als Taube
charakterisiert; auf der Hallenser dagegen ist es verstümmelt wiedergegeben. Schnabel und
Füßchen sind deutlich erkennbar. Ich habe seinerzeit (Die liturgischen Geräte der Samm-
lung Schnütgen usf. Berlin 1913, S. 80 f.) darauf hingewiesen, daß, wie beim Altare, so
auch beim Taufbrunnen eine Schüssel (patena chnsmalis) mit einer Taube aufbewahrt
wurde, welch' letztere in ihrem Schnabel ein Olgefäß trug, oder selbst als Ölbehälter her-
gerichtet war. Diese Taube ist Ausgangspunkt für die an die Taufe Chlodwigs an-
knüpfende Legende gewesen, wonach dem hl. Remigius eine Taube das hl. Ol vom Himmel
niedertrug. Die Taube hing, auf einem patena-chnsmahs-Becken stehend, an dem über
dem Taufbrunnen sich wölbenden Baldachin und wurde an einem Kettenzuge niederge-
zogen. Es scheint außer Zweifel, daß Otto auf den beiden Schüsseln in der rechten
Hand die Taube für Chnsam, in der Linken den Behälter für das Katechumenenöl trägt.
Mithin ist es fast selbstverständlich, daß wir eine patena chrismalis vor uns haben und
die Vertiefung um das Medaillonrelief zur Aufnahme der Columba diente. Mithin sind
die beiden Schüsseln außerordentlich wertvolle kunsthistorische wie liturgiegeschichtliche
Dokumente.

Zu der Frage vergl. Sehmid, A., ..Der christliche Altar", S. 107. Raible, F., „Der
Tabernakel einst und jetzt". Freiburg 1908, S. 1 37. Zeitschr. f. christl. Kunst, 1890, 365.
Auf dem Konzil von Tyrus (578) wird Bischof Severus angeklagt, die über dem Bapti-
stenum hängenden Tauben unter nichtigen Vorwänden entfernt zu haben. Schmid
a.a.O. 107. Der Herausgeber.


 
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