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Zeitschrift für christliche Kunst — 32.1919

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Cohen, Walter: Ein verschollenes und wiedergefundenes Originalgemälde des Meisters von St. Severin
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Witte, Fritz: Kunst und Seele: Aphorismen zum ernsten, objektiven Nachdenken
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https://doi.org/10.11588/diglit.4306#0101

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Nr. 6/7 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.____________Q/

vrouw — weisen darauf hin, als auch der Umstand, daß man hinter den
Stifternamen noch deutlich die übermalten Köpfe in den Konturen erkennt.

Koloristisch gehört das Magdeburger Gemälde, wie bereits erwähnt, zu den
wertvollsten der ganzen Serie. Bewundernswert ist die breite, aber nicht
flüchtige Malerei der prächtigen Kostüme. Der Papst Cyriacus trägt über
weißem Unterkleide ein braungoldnes Brokatpluviale; Weiß, Olivgrün, Gelb
und Hellblau kommen in der Kleidung der Jungfrau im Vordergrunde vor;
die Heilige selbst trägt ein weißes Hermelinmieder und schwarzblauen Mantel.
Ein rotgekleideter Kardinal und der in Braun und Rot gekleidete Jüngling am
linken Bildrande — der seine Abkunft von den stutzerhaften Mannsleuten
des Haarlemers Geertgen tot Sint Jans in keiner Weise verleugnet — treten
unter den Begleitern Ursulas besonders hervor. Der kniende Basler Bischof
ist zurückhaltender in der Färbung gehalten, um so mehr fällt das Weiß und
Rot der umgebenden Chorknaben ins Auge. Der Schlußbogen, der das Bild
oben einrahmt, ist wie bei den übrigen Stücken in Rosaviolett gehalten.

Als vorhin des unglücklichen Schicksals des Ursula-Zyklus gedacht wurde,
hatte der Verfasser nicht nur die bedauerliche Zersplitterung der einzelnen
Teile im Sinne. Es braucht an dieser Stelle nur kurz angedeutet zu werden,
daß Aldenhovens Aufstellung eines Doppelgängers des Severinsmeisters, des
kölnischen „Meisters der Ursula-Legende" wenig glücklich erscheint und infolge-
dessen von den ernsthaften Bilderkennern unberücksichtigt geblieben ist. Sie
nimmt dem Künstler das Frischeste und Ursprünglichste, was er überhaupt
geschaffen hat. Die Unterschiede der koloristischen Behandlung in den ein-
zelnen Teilen, die niemand leugnen wird, der die Bilder in Paris und Bonn,
in London und Nürnberg miteinander vergleichen konnte, erklären sich aus
der schlechten Erhaltung und teilweisen Ubermalung, dann aber auch aus
dem Umstände, daß augenscheinlich Werkstattsgehilfen ihre nicht immer zarte
Hand mitangelegt haben2. Walter Cohen.

KUNST UND SEELE.

Aphorismen zum ernsten, objektiven Nachdenken.

(Mit 2 Abbildungen.)

Kunst ist Form — die Herolde des Historismus haben diesen Grundsatz
vertreten, mögen sie noch so laut geredet haben und noch reden vom
Inhalt und von dem Anpackenden, Erhebenden, Ergreifenden in der
christlichen Kunst. Und weil ihnen Kunst Form war, wurde sie ganz natur-
notwendig zur Formel, und ihre Produkte vielfach Formelkram.

1 „Für den besonderen Meister, der die Folge der Ursula-Legende geschaffen haben
soll, wird vergeblich ein fester Platz neben dem Severinsmeister gesucht. Aldenhoven
hatte, wie es scheint, die Absicht, in ihm einen Schüler und Nachfolger des Severiners zu
sehen, bis er zu der Erkenntnis kam, daß die Ursula-Legende altertümlicher wäre als die
Werke, nach denen er den Hauptmeister charakterisiert. Der Gang der Untersuchung
bewegt sich in falscher Richtung. Wer mit den ältesten Werken beginnt, wird notwendig
durch das ganze fest zusammengeschlossene Werk, wie Scheibler es aufgestellt hat, von
Glied zu Glied geführt werden, nur daß das eine oder andere Bild als Schulgut oder
Arbeit eines Nachfolgers abgetrennt werden kann."

M. J. Friedländer, „Repertorium für Kunstwissenschaft" 27 (1904) S. 81.
 
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