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Zeitschrift für christliche Kunst — 32.1919

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Beitz, Egid: Photographie und christliche Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4306#0087

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74

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 5

lichtempfindliche Platte das Feinste und Letzte erzählen können, und doch ver-
mögen Maler und Photographen in ihren Schöpfungen einen recht tiefen Begriff
dieses mystischen Willens: „von der Erde fort zum Himmel empor" zu ver-
mitteln. Der Formwille der Gotik stellt sich in dem steinernen Sursum corda
seiner Bauglieder auch leibhaftig dem Photographen (Tafel IV).

Der Künstler, der so gern mit seiner lichtfrohen Kamera dem Segen der Sonne
nachgeht, findet die nordischen Kirchen in einem Netz von Licht und Schatten
gefangen. Im Spiel zwischen Licht und Schatten bleibt da kein Fleckchen un-
belebt (Abb. 3). In der Licht-
fülle des Südens dagegen unter-
liegt das Dunkle dem Hellen.
Sonne und Hitze prallen un-
gehindert gegen die Mauern
der Kirchen, hinter denen indes
wieder Schatten und Kühle
ihren Sieg zu feiern scheinen
(Tafel V). Wo ein Bild oder
eine Skulptur die Sinne an-
regt, teilt sich der Geist, der
an den frommen Stätten meist
schon seit Jahrhunderten waltet
und webt, besonders leicht mit
und wird auch leicht von der
Photographie erfaßt und weiter-
geleitet (Abb. 4 u. 5). Ganz be-
sonders reizvoll sind oft die
Motive des täglichen Lebens,
in die ein religiöser Ton nur
leise hineinklingt, wie es als
Folge des nur nebensächlich
mitwirkenden Bildstockes auf
der hier wiedergegebenen Pho-
tographie vom Niederrhein der
Fall ist (Abb. 6). Ein solches
Motiv gehört schon zu den-
jenigen, deren feine Stimmung
von einem noch ungeübten Auge nicht auf den ersten Blick erkannt wird, trotz-
dem man ihm — auf dem Lande wenigstens — jeden Augenblick begegnet. Es
ist eben zu alltäglich; und die Wenigsten vermögen die künstlerischen Werte
im Alltäglichen aufzufinden.

Im Gegensatz dazu steht das seltene Motiv vom Comosee (Abb. 7). Seine
Schönheit ist so eindringlich und eigenartig, daß sie auch zu denen sprechen muß,
für die sonst künstlerische Werte fremde Begriffe sind. Wer aber für derartige
Reize empfindsam ist, dessen Sinn wird durch die Fülle der Schönheit des kleinen
Villenhafens so gebannt, daß der Zauber eines ganz wundersamen Vergessens über
ihn kommt und er zunächst des religiösen Moments, das in das Bild hineinschwingt,
gar nicht mne wird: der auf der Hafenmauer stehende Heilige segnet alle, die dort

Abb. 7. Am Comosee.

Egid Beitz, Bensberg.
 
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