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Zeitschrift für christliche Kunst — 32.1919

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Beitz, Egid: Photographie und christliche Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4306#0090

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Nr. 5

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

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ein- und ausfahren. — Es wäre sehr lohnend, einmal eine Auswahl von dem zu
treffen, was die Kunstphotographie von solchen laut und leise klingenden reli-
giösen Motiven in den letzten Jahrzehnten aus der Wirklichkeit des Lebens für
die Nachwelt gerettet hat. Der Schatz ist unendlich reich. Eine derartige
Sammlung würde ohne Zweifel ein Buch echter Erbauung und hohen künstlerischen
Genusses sein; zugleich wäre es ein hervorragendes Mittel zur Kunsterziehung.
Die Porträtphotographie ist bereits mehrfach gestreift worden. Jeder hat
darin selbst mehr oder
minder praktische Erfah-
rung am eigenen Leibe
gemacht, denn es gibt
wohl wenige, die noch
nicht den Weg zum Photo-
graphen angetreten haben,
um sich dort „abnehmen"
zu lassen. Mancher von
uns denkt auch wahrschein -
lieh mit leisen Gewissens-
bissen an die Sitzung beim
Photographen zurück, weil
es nun seine ehrliche Seele
bedrückt, daß er dort viel-
leicht das einzige Mal in
seinem Leben zu scheinen
versucht hat, wie er —
nicht ist; und der listen-
reiche Photograph hat
dieses Verhalten noch sehr
unterstützt. Im Laufe der
Jahre ist manches anders
geworden, aber was heute
noch in der Porträtphoto-
graphie an Schund und
vor allem an lächerlicher
Pose geleistet wird, ist
unermeßlich. Für unser
Gebiet kommen da vor
allem die Photographien
der Erstkommunikanten in Betracht

Abb. 8. Im Kommunikantenkleide.

Eugen Coubillier, Köln.

_____________ Es ist noch nicht lange her, daß man Kna-
ben und Mädchen in einem Staat, der ihnen eine größere Reife und ein höheres
Alter anlog, als sie tatsächlich besaßen, zum Photographen schleppte, und daß
dort dieser Staat —beileibe nicht sie! — verewigt werden mußte. Dabei hatte der
Photograph scharf darauf zu achten, daß das Gebetbuch mit „Elfenbeindeckel"
aus Zelluloid und die im Blütenmonat Mai im — Kurzwarengeschäft gekauften
Kränzchen und Sträußchen aus Stoffblumen deutlich erkennbar waren. Mit
vieler Mühe prangte auch schließlich alles auf dem Bilde — nur nicht der leiseste
Widerschein von der heiligen Weihe des Kommuniontages selbst.
 
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