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Zeitschrift für christliche Kunst — 32.1919

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Witte, Fritz: Friedrich Stummel †
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https://doi.org/10.11588/diglit.4306#0113

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Nr. 6/7

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

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Temperament, Kraft, Größe in seinen Bildern zutage tritt, wie etwa in dem
Jüngsten Gerichte in der Beichtkapelle in Kevelaer, so ist das alles zuletzt
nur Gestus, die Nachschrift nach dem gestellten Modell; es fehlt das Divi-
natorische, die Ergriffenheit und Ausdruckskraft des Genies. Damit hängt
auch zusammen, daß Stummel sich einer Unmenge von kunsttechnischen und
kleinlichen Mitteln bedient, um die Bildwirkung zu verstärken.

Merkwürdig genug mag es klingen, wenn ich sage, daß Friedrich Stummel
trotz- seiner theoretischen Grundsätze doch eigentlich recht oft gegen sie ver-
stoßen hat. Wer sein Lebenswerk halbwegs kennt, wird den Grund dafür

Abb. 1.

Stummel, Mosaik in St. Aposteln in Köln.

bald erkannt haben: Es fehlte Stummel am feinen Gefühl für Raum. Er sah
in der Architektur das Konstruktive, aber er erkannte nicht den Raum-
gedanken, die Probleme, die in den bejahenden oder verneinenden Tendenzen
etwa der romanischen und der gotischen Architektur verborgen liegen. Des-
halb bedeuten seine Bilder vielfach einen direkten Eingriff in die Raumwirkung.
Als Beispiel nenne ich da die Apostelkirche in Köln, die Stummel mit Mo-
saiken ausstattete. Er kann unmöglich erkannt haben, daß in St. Aposteln
der gotische Formwille knospt, daß dieser hier vor seiner Entladung steht,
daß hier ein Baukünstler in verblüffendem Feingefühl einen blendenden Rhyth-
mus hineingetragen hat in das Ausklingen der Vierung zu den Konchen hin.
Dieses so entzückende Sichverflüchtigen der gewaltigen Baumassen der Mitte
 
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