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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.
Nr. 6/7
in den Pietagruppen von Östnch (jetzt Frankfurt a. M., Städtische Galerie)
und Unna (jetzt Münster 1. W., Landesmuseum) schuf2. Burkhard Meier hat
diesen beiden Werken noch die
Mutter Gottes in der Mainzer
Seminarkirche zugesellt3.
Versuchen wir nun, auch
unsere Madonna dieser Gruppe
einzufügen. Sie steht frontal, den
Körper stark nach vorn aus-
schwingend, und trägt auf der
Linken das Kind, in der Rechten
einen (jetzt fehlenden) Blumen-
zweig. Der Unterkörper des Kin-
des ist mit einem Tuch bekleidet,
dessen Saumspiel sich am seitlich
gerafften Mantel der Madonna
fortsetzt4. Die Köpfe von Mutter
und Kind bieten für die Gruppe
der Seminarkirche die günstigsten
Vergleichsmomente. Es ist hier
wie dort das gleiche pausbäckige
Kind mit demWald dicker Locken,
das so kindlich unbefangen mit
einem Vogel spielt. Überraschend
sind auch die Übereinstimmungen
beider Frauenköpfe. Jedoch hat
die Braunfelser Maria etwas Sprö-
des, fast Derbes, was in Mainz
sich zu rundlicher Fülle ausge-
glichen hat. Gewisse Eigentüm-
lichkeiten des Meisters, die Mantel-
kurve, die das glatte Untergewand
rahmt, die steife leblose Bildung
der Hände, der Kinderarme sind
schon bei dem Frühwerk vor-
handen. Wie bei vielen großen
Meistern verrät uns auch hier der
jugendliche Stil die Quellen seiner
Kunst. Es sei nur auf die Kölner
Abb. 1.
Braunfelser Madonna (im Kunsthandel).
- Vgl. für die östricher Pieta F. L ü b -
beke, „Hessenkunst," 1912, S. 5ff.,
mit Abb., für die aus Unna B. Meier,
,.Die Skulpturen des Landesmuseums in Münster," Berlin 1914, Nr. 145, Taf. 36 u. 37.
3 B. Meier, „Monatshefte für Kunstwissenschaft," 1913, S. 358 mit Abb.
4 Holz, 145 cm hoch, nur am Sockelrand etwas beschädigt, Fassung neueren Datums.
Bei P. Lehfeld, „Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Koblenz," 1886,
S. 688 noch in der Altenberger Kirche erwähnt.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.
Nr. 6/7
in den Pietagruppen von Östnch (jetzt Frankfurt a. M., Städtische Galerie)
und Unna (jetzt Münster 1. W., Landesmuseum) schuf2. Burkhard Meier hat
diesen beiden Werken noch die
Mutter Gottes in der Mainzer
Seminarkirche zugesellt3.
Versuchen wir nun, auch
unsere Madonna dieser Gruppe
einzufügen. Sie steht frontal, den
Körper stark nach vorn aus-
schwingend, und trägt auf der
Linken das Kind, in der Rechten
einen (jetzt fehlenden) Blumen-
zweig. Der Unterkörper des Kin-
des ist mit einem Tuch bekleidet,
dessen Saumspiel sich am seitlich
gerafften Mantel der Madonna
fortsetzt4. Die Köpfe von Mutter
und Kind bieten für die Gruppe
der Seminarkirche die günstigsten
Vergleichsmomente. Es ist hier
wie dort das gleiche pausbäckige
Kind mit demWald dicker Locken,
das so kindlich unbefangen mit
einem Vogel spielt. Überraschend
sind auch die Übereinstimmungen
beider Frauenköpfe. Jedoch hat
die Braunfelser Maria etwas Sprö-
des, fast Derbes, was in Mainz
sich zu rundlicher Fülle ausge-
glichen hat. Gewisse Eigentüm-
lichkeiten des Meisters, die Mantel-
kurve, die das glatte Untergewand
rahmt, die steife leblose Bildung
der Hände, der Kinderarme sind
schon bei dem Frühwerk vor-
handen. Wie bei vielen großen
Meistern verrät uns auch hier der
jugendliche Stil die Quellen seiner
Kunst. Es sei nur auf die Kölner
Abb. 1.
Braunfelser Madonna (im Kunsthandel).
- Vgl. für die östricher Pieta F. L ü b -
beke, „Hessenkunst," 1912, S. 5ff.,
mit Abb., für die aus Unna B. Meier,
,.Die Skulpturen des Landesmuseums in Münster," Berlin 1914, Nr. 145, Taf. 36 u. 37.
3 B. Meier, „Monatshefte für Kunstwissenschaft," 1913, S. 358 mit Abb.
4 Holz, 145 cm hoch, nur am Sockelrand etwas beschädigt, Fassung neueren Datums.
Bei P. Lehfeld, „Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Koblenz," 1886,
S. 688 noch in der Altenberger Kirche erwähnt.