Nr. 8 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. 105
JOHANN HARTMANN.
Mit 2 Tafeln und 11 Abbildungen.
Über nichts dürfen wir uns heute in der Entwickelung der christlichen Kunst
mehr freuen, als über das Auftreten starker Talente, die fernab von aller
Experimentierkunst wie von Historismus und Nachbeterei die Wege gehen,
welche ihre Veranlagung ihnen zeigt, Wege auch, die direkt zuführen auf die
Seele der breiten Masse, die eine gewisse Reinheit der Empfindung sich bewahrt
hat. Wenn diese Künstler dann noch das Gebiet der religiösen Kunst besonders
pflegen, so ist das doppelt erfreulich. Wir sind eben nicht besonders reich mit
solchen Männern bedacht in unseren Tagen, und die, welche wir da unser eigen
nennen, sind nicht besonders produktiv.
Es mag fast merkwürdig erscheinen, daß die Zeitschrift heute einem Künstler
die Ehrung eines Sonderheftes zuteil werden läßt, von dem außerhalb seines
Aufenthaltsortes kaum jemand etwas weiß oder gesehen haben mag. Und doch
bin ich gewiß, freudige Zustimmung zu finden zu dieser Art Bekanntmachung
mit seinem bisherigen Werke. Denn gar viele werden in den Blättern das finden,
nach dem wir seit langem eigentlich vergebens suchen: eine wirklich volkstüm-
liche religiöse Kunst, vorgetragen mit einer bisweilen erstaunlichen Kühnheit,
Sicherheit und Vertiefung, die allesamt erwachsen, wie aus großer Begabung,
so aus tiefinnerster persönlicher Überzeugung, aus dem Erlebnis heraus.
Johann Hartmann bedeutet für uns in seinen bisherigen Leistungen nach
mehr als einer Richtung eine Überraschung. Wer wird es glauben, daß er noch
vor nicht viel mehr als Jahresfrist einen Schuhmachermeister sich
nannte, daß er nach kaum einjähriger Lehrzeit an der Kunstgewerbeschule in
Köln im Alter von vierzig Jahren so schnell einen unverkennbaren Hochstand
seines Könnens erreichte. Sein Talent, seine hohe Begeisterung, sein vorbild-
licher Fleiß und vor allem die für den aufstrebenden Künstler so wichtige
Selbstkritik geben die Gewähr, daß Hartmann erst auf einer der untersten Sprossen
der Leiter zur künstlerischen Höhe steht und sicher emporsteigen wird.
Sein Lebensgang, seine Lebensart sprechen unverschleiert aus seinen Bildern;
es kann nicht anders sein: denn er ist grundehrlich und offen, er gibt sich
selbst ohne Aufmachung und ohne Schminke.
Hier einige kurze Lebensdaten. Der Vater des Künstlers, der Schuhmacher-
geselle Wilh. Ph. Hartmann, war geboren in Delbrück bei Paderborn und ver-
blieb auf seiner Wanderschaft im Jahre 1868 in Fischenich bei Köln, wo er sich
mit Maria Hammermann verheiratete. Der Ehe entsprossen elf Kinder; das fünfte
in der langen Reihe ist unser Johann Hartmann. Aus der Schule entlassen,
hatte dieser die Frage seines Vaters zu beantworten, was er werden wolle. Schon
frühzeitig hatten die Bilder in der Heimatkirche auf den Knaben einen tiefen
Eindruck gemacht und in ihm den Wunsch reifen lassen, Künstler zu werden.
Dem Vater war der Hang seines Sohnes nicht unbekannt geblieben, und im Hinblick
darauf stellte er an den eben Schulentlassenen die Frage, ob er nicht Maler und
Anstreicher werden wolle. Gründlichkeit scheint aber Hartmanns ausgesprochene
Eigenschaft auch schon in früher Jugend gewesen zusein. Wir verstehen seine Ant-
wort an den Vater: „Wenn ich nicht eine wirkliche Malerschule besuchen kann, um
JOHANN HARTMANN.
Mit 2 Tafeln und 11 Abbildungen.
Über nichts dürfen wir uns heute in der Entwickelung der christlichen Kunst
mehr freuen, als über das Auftreten starker Talente, die fernab von aller
Experimentierkunst wie von Historismus und Nachbeterei die Wege gehen,
welche ihre Veranlagung ihnen zeigt, Wege auch, die direkt zuführen auf die
Seele der breiten Masse, die eine gewisse Reinheit der Empfindung sich bewahrt
hat. Wenn diese Künstler dann noch das Gebiet der religiösen Kunst besonders
pflegen, so ist das doppelt erfreulich. Wir sind eben nicht besonders reich mit
solchen Männern bedacht in unseren Tagen, und die, welche wir da unser eigen
nennen, sind nicht besonders produktiv.
Es mag fast merkwürdig erscheinen, daß die Zeitschrift heute einem Künstler
die Ehrung eines Sonderheftes zuteil werden läßt, von dem außerhalb seines
Aufenthaltsortes kaum jemand etwas weiß oder gesehen haben mag. Und doch
bin ich gewiß, freudige Zustimmung zu finden zu dieser Art Bekanntmachung
mit seinem bisherigen Werke. Denn gar viele werden in den Blättern das finden,
nach dem wir seit langem eigentlich vergebens suchen: eine wirklich volkstüm-
liche religiöse Kunst, vorgetragen mit einer bisweilen erstaunlichen Kühnheit,
Sicherheit und Vertiefung, die allesamt erwachsen, wie aus großer Begabung,
so aus tiefinnerster persönlicher Überzeugung, aus dem Erlebnis heraus.
Johann Hartmann bedeutet für uns in seinen bisherigen Leistungen nach
mehr als einer Richtung eine Überraschung. Wer wird es glauben, daß er noch
vor nicht viel mehr als Jahresfrist einen Schuhmachermeister sich
nannte, daß er nach kaum einjähriger Lehrzeit an der Kunstgewerbeschule in
Köln im Alter von vierzig Jahren so schnell einen unverkennbaren Hochstand
seines Könnens erreichte. Sein Talent, seine hohe Begeisterung, sein vorbild-
licher Fleiß und vor allem die für den aufstrebenden Künstler so wichtige
Selbstkritik geben die Gewähr, daß Hartmann erst auf einer der untersten Sprossen
der Leiter zur künstlerischen Höhe steht und sicher emporsteigen wird.
Sein Lebensgang, seine Lebensart sprechen unverschleiert aus seinen Bildern;
es kann nicht anders sein: denn er ist grundehrlich und offen, er gibt sich
selbst ohne Aufmachung und ohne Schminke.
Hier einige kurze Lebensdaten. Der Vater des Künstlers, der Schuhmacher-
geselle Wilh. Ph. Hartmann, war geboren in Delbrück bei Paderborn und ver-
blieb auf seiner Wanderschaft im Jahre 1868 in Fischenich bei Köln, wo er sich
mit Maria Hammermann verheiratete. Der Ehe entsprossen elf Kinder; das fünfte
in der langen Reihe ist unser Johann Hartmann. Aus der Schule entlassen,
hatte dieser die Frage seines Vaters zu beantworten, was er werden wolle. Schon
frühzeitig hatten die Bilder in der Heimatkirche auf den Knaben einen tiefen
Eindruck gemacht und in ihm den Wunsch reifen lassen, Künstler zu werden.
Dem Vater war der Hang seines Sohnes nicht unbekannt geblieben, und im Hinblick
darauf stellte er an den eben Schulentlassenen die Frage, ob er nicht Maler und
Anstreicher werden wolle. Gründlichkeit scheint aber Hartmanns ausgesprochene
Eigenschaft auch schon in früher Jugend gewesen zusein. Wir verstehen seine Ant-
wort an den Vater: „Wenn ich nicht eine wirkliche Malerschule besuchen kann, um