Nr. 8
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.
117
ab von denen mittelalterlicher Kunst, geschweige denn von denen, die uns in
den letzten Dezennien bis zum Überdruß vorgesetzt wurden. „Schönheit,
was das ist, das weiß ich nicht": dieses Dürerwort ist auch das Hartmanns.
Wie Dürer, wie Rembrandt bringt er uns die Heiligen alle fast erschreckend
nahe, indem er sie in eine Menschlichkeit kleidet, die mit Sentimentalität oder
überfeiner Zartheit nichts zu schaffen hat. Nicht durch solch' gestenhafte
Mittel kanonisiert er diese Menschen, sondern dadurch, daß er in temperament-
voller Wiedergabe ihres _______
Empfindens, ihres Glau-
bens, ihrer Freude,Demut,
Dankbarkeit, oder ihres
Leidens das laute Loblied
ihrer Tugenden, vor allem
des Glaubens und der
Liebe singt. Die heiligen
Geheimnisse und Ge-
schichten sind ihm nicht
Mittel zum Zweck, um
Formen zu schaffen allein;
ihres innersten Wesens
Gehalt holt er zutage.
Deshalb ist es ihm auch
nicht darum zu tun, eine
landläufig schöne Gestalt
zu Papier zu bringen; im
Gegenteil: er tut kaltblütig
der traditionellen und der
Naturform Gewalt an,
wenn seine Visionen da-
durch lauter und deut-
licher Bild werden können.
Dadurch erhebt sich Hart-
manns religiöse Kunst so
himmelhoch über die
Durchschnittsware: sie hat
nichts Geschäftiges Und Abb" 10" Kreuzigung.
Geschäftliches; sie unterwirft sich dem eisernen Grundgesetz aller Kunst:
wir Wahrheit; und das rückhaltlos, rücksichtslos auch. Deshalb auch finden
der ja in seinen religiösen Bildern stets auch ein Stückchen von uns; Menschen,
geläuterte, leidende und kämpfende Menschen sind uns Menschen da Prediger,
Tröster und Mahner. Und wie Hartmann in den Menschen den Funken
göttlicher Ebenbildlichkeit immer entdeckt, voll Bewunderung, Ehrfurcht, An-
betung, führt er uns stets vor das hoheitsvolle Angesicht des erbarmenden Vaters
im Himmel; nicht durch allerlei kleinliche Äußerlichkeiten zeichnet er Gott,
schreibt er die Charakteristik seiner Heiligen, von innen heraus offenbaren
sich die Größe Gottes, wie die Heiligkeit seiner Apostel. Das geht öfters vor
sich in einer so schlichten Weise, wie Kinder es sich denken und vorstellen
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.
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ab von denen mittelalterlicher Kunst, geschweige denn von denen, die uns in
den letzten Dezennien bis zum Überdruß vorgesetzt wurden. „Schönheit,
was das ist, das weiß ich nicht": dieses Dürerwort ist auch das Hartmanns.
Wie Dürer, wie Rembrandt bringt er uns die Heiligen alle fast erschreckend
nahe, indem er sie in eine Menschlichkeit kleidet, die mit Sentimentalität oder
überfeiner Zartheit nichts zu schaffen hat. Nicht durch solch' gestenhafte
Mittel kanonisiert er diese Menschen, sondern dadurch, daß er in temperament-
voller Wiedergabe ihres _______
Empfindens, ihres Glau-
bens, ihrer Freude,Demut,
Dankbarkeit, oder ihres
Leidens das laute Loblied
ihrer Tugenden, vor allem
des Glaubens und der
Liebe singt. Die heiligen
Geheimnisse und Ge-
schichten sind ihm nicht
Mittel zum Zweck, um
Formen zu schaffen allein;
ihres innersten Wesens
Gehalt holt er zutage.
Deshalb ist es ihm auch
nicht darum zu tun, eine
landläufig schöne Gestalt
zu Papier zu bringen; im
Gegenteil: er tut kaltblütig
der traditionellen und der
Naturform Gewalt an,
wenn seine Visionen da-
durch lauter und deut-
licher Bild werden können.
Dadurch erhebt sich Hart-
manns religiöse Kunst so
himmelhoch über die
Durchschnittsware: sie hat
nichts Geschäftiges Und Abb" 10" Kreuzigung.
Geschäftliches; sie unterwirft sich dem eisernen Grundgesetz aller Kunst:
wir Wahrheit; und das rückhaltlos, rücksichtslos auch. Deshalb auch finden
der ja in seinen religiösen Bildern stets auch ein Stückchen von uns; Menschen,
geläuterte, leidende und kämpfende Menschen sind uns Menschen da Prediger,
Tröster und Mahner. Und wie Hartmann in den Menschen den Funken
göttlicher Ebenbildlichkeit immer entdeckt, voll Bewunderung, Ehrfurcht, An-
betung, führt er uns stets vor das hoheitsvolle Angesicht des erbarmenden Vaters
im Himmel; nicht durch allerlei kleinliche Äußerlichkeiten zeichnet er Gott,
schreibt er die Charakteristik seiner Heiligen, von innen heraus offenbaren
sich die Größe Gottes, wie die Heiligkeit seiner Apostel. Das geht öfters vor
sich in einer so schlichten Weise, wie Kinder es sich denken und vorstellen