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Zeitschrift für christliche Kunst — 32.1919

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Beitz, Egid: Weihnachten bei Albrecht Dürer
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https://doi.org/10.11588/diglit.4306#0146

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130

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 9

Albredit Dürer, Handzcichnung, 1524.

Gefältel der Gewänder auf den beiden Bildern dieses Jahres sind noch spätgotisch,
aber die Bogen und Säulen der Architektur sind es nicht mehr. Nach ihnen zu
schließen, stellte sich Dürer die Renaissance als etwas dem Romanischen sehr Ähn-
liches vor. Mit Macht zieht es ihn zum Geburtslande der neuen Kunstrichtung.
In Venedig wird der deutsche Meister wie ein Wundertier angestaunt, gelobt und
getadelt. Der alte Bellini („der pest im gemell") spricht sich günstig über seine
Werke aus, aber andere „schelten das ding, und sagn es sey nit antigisch dat
dorum sey es nit gut". Antikisch ist aber Dürer nie geworden. Was von ihm so
zu sein scheint, ist angelernte Geste und äußere Dekoration. In dem bald nach
der italienischen Reise geschaffenen Marienleben wendet er mit Vorliebe Archi-
tektur- und Ziermotive der Renaissance an, auch in der etwas späteren kleinen
Holzschnittpassion, aber die Geburt Christi spielt sich in beiden Zyklen in
schmucklosen romanischen Ruinen ab. Hier ist er abhold aller fremden Zier. Ganz
versunken in die Tiefe des Glücks der Eltern läßt er eine besondere Charakterisie-
rung durch Heiligenscheine außer acht, wie er es so oft auch in den Madonnen-
bildern tut, wenn er von der Überfülle des Mutterglückes hingerissen wird.

Folgerichtig weicht Dürer auch bei der Darstellung der Anbetung der Könige
von seiner Auffassung nicht ab. Nur die Dreikönige selbst sind in ihren reichen
Gewändern prunkvolle Erscheinungen, die in den schlichten Ruinen besonders
wirksam zur Geltung kommen. In ihren mannigfachen Geschenken leben noch
Jugenderinnerungen Dürers an Goldschmiedlehrlingsjahre zu einer Zeit, da die
Renaissance noch ferne war. Das Problem der Anbetung der heiligen drei Könige
 
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