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Zeitschrift für christliche Kunst — 32.1919

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Witte, Fritz: Der Meister von Osnabrück im Diözesanmuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.4306#0152

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Nr. 10/1

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

zuschälen aus dem Gewirre
der kühn unterschnittenen
Falten und Gewandstücke.
Wie ein einziger Aufschrei
des Schmerzes geht es
durch Körper und Ge-
wand, ein einziges Auf-
bäumen aller Teile gegen
das Schicksal, das hier in
lautem Pathos zu uns redet.
Allüberall winden und
krümmen und biegen und
brechen sich die Stoff-
stücke, werfen sich, wie
von einer ihnen innewoh-
nenden Gewalt gepeitscht,
empor, verschlingen sich,
verwirren sich und zeigen
krampfenden Schmerz. Wie
eine Trägerin des großen
Kopfes allein löst sich aus
dem Gewirr die schmale,
hochgezogene Brust mit
der im Dreieck hängenden
Schmuckkette. Auf ihr
sitzt der völlig unbewegte
wellenförmige Hals, dünn,
röhrenförmig; und auf ihm
balanziert, mit scharfer
Naht aufsetzend, der als
großes Oval gebildete Kopf.
In ihm ist die ganze Kraft
des Ausdruckes konzen-
triert; eine Unsumme von
Schmerz hegt in ihm aus-
gedrückt, und zwar mit
Mitteln, die nicht vor der
Kenntnis der Anatomie
Halt machen, als vielmehr
des öfteren ganz außerhalb
derselben liegen. Mit ab-
strakten Gesten ist hier
gearbeitet. Die Kenntnis
von den formalen Äuße-
rungen des Leids und des
Schmerzes führt hier das
Wort. Bis an die Grenzen

Abb. 1.

Schmerzensmutter (Diözesanmtseum Osnabrück).
 
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