Karl August mit Goethe in Sachsenhausen. 159
DeS Försters Liebe re.
V.
I» der erste» Redaktion des Götz von Berlichingen findet
sich bekanntlich die Kraftredensart, welche Götz vom Fenster
aus dem Trompeter der Reichstruppen zuschlendert: „Bor
Seiner kaiserlichen Majestät allen Rcspect, seinem Hauptmann
aber sage Er, er kann mich — —" ohne Gedankenstriche aus-
gedrückt. Bei einem Spaziergang, den Karl August von Weimar,
als er einst mit Goethe in Frankfurt war, mit diesem nach
Sachsenhausen unternahm, kamen sie an zwei heftig streitenden
Sachsenhäusern vorbei. Dieses Völkchen zeichnet sich bekanntlich
durch seine göttliche Grobheit aus und so schloß denn auch dieser
Zank mit jener cigenthümlichen Einladung. Lächelnd wandte
sich der Großhcrzog zu seinem Begleiter. „Es muß doch sehr
erfreulich für einen Dichter sein," sagte er, „wenn er sicht, wie
seine Werke in das Volk gedrungen sind; wenn ich nicht irre,
lieber Goethe, wurde da eben eine Stelle aus Ihrem Götz citirt."
Der Förster schrieb lang mit Gefühl und mit Kraft
Vom mißlichen Stande der Jungherrenschaft,
Vom eigenen Herd', von der Liebe Gewalt,
Von redlicher Absicht und seinem Gehalt,
Und' Vieles noch hält' er zu melden gehabt,
Da kam Einer über die Stiege getrabt;
Ein blühender Knabe, blondlockig und sein,
Der trat zu dem sehnenden Waidmann herein — »nd
das war der Kürschnerjunge, der unter Vermeidung gehorsamen
Respektes einen Brief folgenden Inhalts überbrachte:
„Wohlgeborcn Herr Herr Förster Treffer!
Werden nicht ungütig ausnehmen, daß ich unbekannter
Weise so früh incommandire, aber Sie gehen so bald in den
Forst, wo Sic den ganzen Tag ausbleibe».
Als der Herr Förster gestern heimkamen, hatten Sie einen
Fuchse» im Ranzen, der Fuchsschwanz aber hing hinab und
keinen schöner» Fuchsschwanz Hab' ich nie gesehen.
Wenn Wohlgcboren auch alle ihre Pelze »ach Akkord dem
Hofkürschner in Lichsheim liefern — (wiewohl ich auch zahlte,
was billig ist) — so bitte ich dock, mir diesen Fuchspelz
für drei Thaler zu lassen, denn ich heirathe nächste Woch' den
Obergescllen Magingcr, den ich jedermann recommandiren kann,
und möchte ihn mit einer neuen Aushänge vor unser Geschäft
überraschen, wozu ich den schönen Fuchsschwanz so gut brauchte.
Nehme» ja nicht ungütig, der Lehrbub hätte die drei Thaler;
empfehle mich auch mit besten Jagdpelzhandschuhen
Dero
ergebenste Adelheid Bstiebcr
mit ihrer realen Gerechtigkeit,"
Der Graf von Langsdorf.
Gras. „Melden Sie mich dem Herrn Baron!"
Bedienter. „Wen habe ich die Ehre zu melden?"
Graf. „Gras von Langsdorf."
Bedienter. „Der Herr Baron ist ausgegangen, wird
aber bald zurückkehrcn, wollen Sie einstweilen eintrctcn, ich
werde Sie der gnädige» Frau melden."
Baronesse. „Ah! Herr Gras, darf ich bitten, einzu-
treten! (vorstellend) Meine Damen, Herr Gras von Langsdorf!
Frau Gräfin von Börschliug, Fräulein von Zippelsdorf, meine
Nichte Chloe von RimpelSburg! Prenez place Graf, Sie neh-
men doch eine Taffe Chocolade mit uns?"
Gras. „ Wenn Sic befehlen, gnädige Fra», mit Vergnügen."
Baronesse. „Sind Sie schon lange in der Residenz?"
Graf. „Seit fast einem Jahre."
Baronesse. „Und ich habe noch nicht die Ehre ge-
habt, Sie zu sehen? Es ist sehr unrecht von Ihnen, daß Sie
sich der Gesellschaft entziehen. Wie es scheint, haben Sic
Geschäfte mit dem Baron, sonst würde ich wohl auch heute
DeS Försters Liebe re.
V.
I» der erste» Redaktion des Götz von Berlichingen findet
sich bekanntlich die Kraftredensart, welche Götz vom Fenster
aus dem Trompeter der Reichstruppen zuschlendert: „Bor
Seiner kaiserlichen Majestät allen Rcspect, seinem Hauptmann
aber sage Er, er kann mich — —" ohne Gedankenstriche aus-
gedrückt. Bei einem Spaziergang, den Karl August von Weimar,
als er einst mit Goethe in Frankfurt war, mit diesem nach
Sachsenhausen unternahm, kamen sie an zwei heftig streitenden
Sachsenhäusern vorbei. Dieses Völkchen zeichnet sich bekanntlich
durch seine göttliche Grobheit aus und so schloß denn auch dieser
Zank mit jener cigenthümlichen Einladung. Lächelnd wandte
sich der Großhcrzog zu seinem Begleiter. „Es muß doch sehr
erfreulich für einen Dichter sein," sagte er, „wenn er sicht, wie
seine Werke in das Volk gedrungen sind; wenn ich nicht irre,
lieber Goethe, wurde da eben eine Stelle aus Ihrem Götz citirt."
Der Förster schrieb lang mit Gefühl und mit Kraft
Vom mißlichen Stande der Jungherrenschaft,
Vom eigenen Herd', von der Liebe Gewalt,
Von redlicher Absicht und seinem Gehalt,
Und' Vieles noch hält' er zu melden gehabt,
Da kam Einer über die Stiege getrabt;
Ein blühender Knabe, blondlockig und sein,
Der trat zu dem sehnenden Waidmann herein — »nd
das war der Kürschnerjunge, der unter Vermeidung gehorsamen
Respektes einen Brief folgenden Inhalts überbrachte:
„Wohlgeborcn Herr Herr Förster Treffer!
Werden nicht ungütig ausnehmen, daß ich unbekannter
Weise so früh incommandire, aber Sie gehen so bald in den
Forst, wo Sic den ganzen Tag ausbleibe».
Als der Herr Förster gestern heimkamen, hatten Sie einen
Fuchse» im Ranzen, der Fuchsschwanz aber hing hinab und
keinen schöner» Fuchsschwanz Hab' ich nie gesehen.
Wenn Wohlgcboren auch alle ihre Pelze »ach Akkord dem
Hofkürschner in Lichsheim liefern — (wiewohl ich auch zahlte,
was billig ist) — so bitte ich dock, mir diesen Fuchspelz
für drei Thaler zu lassen, denn ich heirathe nächste Woch' den
Obergescllen Magingcr, den ich jedermann recommandiren kann,
und möchte ihn mit einer neuen Aushänge vor unser Geschäft
überraschen, wozu ich den schönen Fuchsschwanz so gut brauchte.
Nehme» ja nicht ungütig, der Lehrbub hätte die drei Thaler;
empfehle mich auch mit besten Jagdpelzhandschuhen
Dero
ergebenste Adelheid Bstiebcr
mit ihrer realen Gerechtigkeit,"
Der Graf von Langsdorf.
Gras. „Melden Sie mich dem Herrn Baron!"
Bedienter. „Wen habe ich die Ehre zu melden?"
Graf. „Gras von Langsdorf."
Bedienter. „Der Herr Baron ist ausgegangen, wird
aber bald zurückkehrcn, wollen Sie einstweilen eintrctcn, ich
werde Sie der gnädige» Frau melden."
Baronesse. „Ah! Herr Gras, darf ich bitten, einzu-
treten! (vorstellend) Meine Damen, Herr Gras von Langsdorf!
Frau Gräfin von Börschliug, Fräulein von Zippelsdorf, meine
Nichte Chloe von RimpelSburg! Prenez place Graf, Sie neh-
men doch eine Taffe Chocolade mit uns?"
Gras. „ Wenn Sic befehlen, gnädige Fra», mit Vergnügen."
Baronesse. „Sind Sie schon lange in der Residenz?"
Graf. „Seit fast einem Jahre."
Baronesse. „Und ich habe noch nicht die Ehre ge-
habt, Sie zu sehen? Es ist sehr unrecht von Ihnen, daß Sie
sich der Gesellschaft entziehen. Wie es scheint, haben Sic
Geschäfte mit dem Baron, sonst würde ich wohl auch heute
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Des Försters Liebe und Adelheidens Gerechtigkeit" "Karl August mit Goethe in Sachenhausen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 27.1857, Nr. 646, S. 159
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg