Fliegende Blätter (55.1871 (Nr. 1355-1380))

55

Eine Verwechselung.

Hühner alle miteinander capnt. Der in dieser Ruth abermals
herbeigeholte Hirte ist aber nicht wenig erstaunt über den Er-
folg seiner Kur. „Wie dieß zugcgangen sein soll, kann ich
nicht begreifen," sagt er zu der Bäuerin, „seht, Frau, mein

Hühnersegen hat noch allemal geholfen, da muß ich aus Ber-
uhe» den Ochsensegen erwischt haben und der war halt für die
Hühner zu stark."

Ueberflüssig.

Zwei Freunde reisen zur Industrie - Ausstellung in die
Stadt, kommen erst spät Abends dort an und finden zu ihrem
Glück noch ein Zimmer im Hotel Roß unbesetzt. Nachdem
Beide soupirt, begab sich der Eine früher auf das gcmeinschaft-
liche Zimmer und bemerkt zum Stubenmädel, daß er seinem
etwas durstigeren Freunde schon aufmachen werde, wenn er
kommt. Das Stubenmädchen geht zur Ruhe und der zweite
Passagier kommt bald danach etwas angeheitert auf sein Zimmer.
Wie gewöhnlich stellen auch Beide ihre Stiefel vor die Thüre
und bald liegen sie in tiefem Schlafe. Gegen Morgen hört
der Eine ein sonderbares Mispeln und Herumtappen auf dem
Gange, bald darauf wird geklopft, und in das Zimmer tritt
der Hotelbesitzer mit verlegener Miene, hinter ihm ein Schuster-
junge vollbepackt mit Stiefeln. Dieser sonderbare Vorgang wird
bald aufgeklärt, als der Hotelbesitzer die Herren ersucht, sich
ein Paar Stiefel auszusuchen, indem unbegreiflicher Weise ein
Stiefel fehlt und daher gestohlen sein muß. Nachdem sich die
beiden Passagiere an der Verlegenheit des Wirthes geweidet.

streckt der Eine sein hölzernes Bein mit der Bemerkung: „für
dös Boan brauch' ich koan Stiefel" dem verdutzten Wirthe
entgegen.

Sonderbare Befangenheit.

„Sie, da kommt mein Hausarzt daher, wollen wir machen,
daß wir in das Scitcngüßchcn da hinein kommen." — „Ja,
warum denn, stehen Sie mit demselben vielleicht nicht auf gutem
Fuß?" — „Nein, aber ich bin schon über ein Jahr nicht mehr