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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Rosenberg, Adolf: Das Lessingdenkmal in Berlin
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0113

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215

Kunstlitteratur. — Todesfälle.

216

während die Linke „das dem Gegner entrissene
Löwenfell", also die Maske des Esels, hält, soll der
„Genius der Kritik" sein und noch dazu der Lessing-
schen, nicht etwa der Afterkritik, die sich gern hinter
dem großem Namen Lessings verkriecht, um hinter
diesem leuchtenden Schilde mit Anstand Unfug zu
treiben. Arme, Beine, Flügel und Attribute dieser
beiden Figuren, deren anmutslose Haltung und Ge-
barung mit Recht als rekelig, als flegelhaft, ja
noch mit schlimmeren Worten gebrandmarkt worden
sind, durchkreuzen und verwirren nicht nur die
Linien des Sockels und des Unterbaues, über dessen
Stufen Teile des Bronzegusses so herabhängen, wie
oben die Teile des marmornen Mantels, sondern sie
verdecken auch zum Teil die Schilde, die in die
Flächen des Sockels eingelassen sind. Die vordere Seite
trägt die Inschrift, die hintere das in flachem Relief
herausgearbeitete Profilbrustbild des Buchhändlers
Nicolai, eines der Berliner Freunde Lessings. An
der zur Linken des Standbildes befindlichen Sockel-
seite sieht man in gleicher Rokokoeinfassung das
Bildnis Moses Mendelssohns, an der entgegengesetz-
ten Seite das des Dichters Ew. Chr. v. Kleist. Unter
diesen beiden Bildnissen ist je ein bronzener Delphin-
kopf angebracht, aus dessen Maul sich ein Wasser-
strahl in ein darunter befindliches Becken ergießt.
Um die farbige Wirkung noch zu steigern, sind die
bronzene Inschrifttafel und die drei Porträtreliefs,
die übrigens an Feinheit und Tiefe der Charakteristik
manches zu wünschen übrig lassen, hell vergoldet
worden, während die beiden Figuren nebst Beiwerk
an der Vorder- und Rückseite in dunkelbraunem
Bronzeton gehalten worden sind.

Der beabsichtigte Reichtum farbiger Wirkung
stellt sich heute nur erst als ein grelles Durchein-
ander von kontrastirenden Tönen dar. Es ist mög-
lich, sogar wahrscheinlich, dass die Zeit manche
Gegensätze mildern und versöhnen wird. Es wird
ihr aber schwerlich gelingen, die weiße Marmor-
figur mit dem Bronzeschmuck des Sockels zu einer
feinen koloristischen Harmonie zu verschmelzen. Es
wird ihr noch weniger gelingen, die hoheitsvolle,
von einem warmen idealistischen Hauche durch-
drungene Gestalt des Geisteshelden mit dem herben
Realismus, dem niedrigen Stil der Sockelfiguren in
Einklang zu bringen. Das Lessingdenkmal wird
den Nachkommen ein wertvolles Zeugnis für den-
jenigen Grad von Leistungsfähigkeit sein, den die
dekorativen und die gewerblichen Künste im Jahre
1S90 erreicht haben. Der Schöpfer des Lessing-
denkmals hat an dieser zu einem weit ausgedehnten

geschäftlichen Betrieb angewachsenen Leistungs-
fähigkeit einen so großen Anteil, dass seine Indivi-
dualität darin beinahe untergegangen ist. Und
wenn wir zum Schlüsse bekennen müssen, dass wir
in dem Lessingdenkmal weniger den persönlichen
Stil einer künstlerischen Individualität als die all-
gemeine dekorative Geschmacksrichtung einer Zeit
verkörpert finden, in der nichts beständig ist als
Laune und Willkür, so scheint uns dieser Einwurf
schwerer ins Gewicht zu fallen als die Ausstellungen,
die wir gegen die Einzelheiten erhoben haben.

ADOLF ROSENBERG.

KUNSTLITTERATUR.

x.— Franz Hanfstaengls Kunstverlag in München kün-
digt das Erscheinen der Meisterwerke des königl. Gemälde-
galerie in fünfzig Kupferlichtbildern mit Text von A. Brcdius
an. Das Werk schließt sich in seiner Ausstattung der aus
derselben Anstalt hervorgegangenen vortrefflich durchge-
führten Publikation der Meisterwerke des Rijksinuseums in
Amsterdam an und kostet gebunden 100 Mark.

TODESFALLE.

t% Der französische Aquarellmaler Eugen Lami, ein
Schüler von Gros und Horace Vernet, ist am 19. Dezember
in Paris im 91. Lebensjahre gestorben.

„% Der Bildhauer J. E. Böhm ist am 20. Dez. auf
Befehl der Königin in der St. Paulskathedrale zu London
neben dem Sarge Landseers beigesetzt worden.

*% Der französische Tiermaler Emile van Marcke, ein
Schüler Troyons, ist anfangs Januar in Hyeres (Dep. Var) im
Alter von 63 Jahren gestorben.

„% Der Geschkhtsmalcr Prof. Atigust Kascloicsky ist
am 4. Januar zu Berlin im 81. Lebensjahre gestorben. Er
war ein Schüler der Berliner Kunstakademie und insbeson-
dere Wilhelm Hensels gewesen und hatte sich zuerst im
Jahre 1830 durch ein antikes Genrebild „Wettkampf zweier
Hirten auf der Syrinx" bekannt gemacht, das ihm den Preis
der Akademie eintrug. 1840 ging er nach Paris, wo er sich
unter Cogniet weiterbildete, und von da nach Rom, wo er
für König Friedrich Wilhelm IV. die „Freisprechung der
Susanna durch Daniel" malte. Nach längerem Aufenthalte
in Italien kehrte er 1850 nach Berlin zurück, wo er Bunachal
an der Ausmalung der Schlosskapelle und des Neuen Mu-
seums — hier im Niobidensaal — beteiligt wurde. Letztere
Arbeit führte ihn mit Kaulbach zusammen, der einen ge-
wissen Einfluss auf ihn gewann. Er zeigte sich in mehreren
Altarbildern, die Kaselowsky für märkische Kirchen malte,
sowie in mythologischen Kompositionen und romantischen
Genrebildern. Der Künstler war noch bis Ende der rieb"
ziger Jahre schöpferisch thätig. Die Kunstausstellungen von
1876 und 1877 beschickte er mit einem „Abschied Neu-
vermählter", einem „Christus, der die Kinder segnet" und
einem ..Lauschenden Amor". Bis vor kurzem wirkte Kaselowsky
auch als Lehrer an der königl. Kunstschule.

= tt. Frankfurt am Main. Am 22. Dezember starb der
hiesige katholische Stadtpfarrer ff F. .1. Whnmbergmr, Dom-
kapitular und Mitglied de« bischöflichen Ordinariates in
Limburg an der Lahn; geboren 1833 in Dflneidorf, seü
hier in Frankfurt und von 1872 ab mit dem Beferate alle*
 
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