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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Die Stuttgarter internationale Kunstausstellung, [1]
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Seidlitz, W. von: Die Spitznersche Sammlung Altmeißener Porzellane, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0193

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Die Spitznersche Sammlung Altmeißener Porzellane.

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deren Seite mit an sich so schöner Ferne wirkten,
in der der Frauenkopf nicht klar genug heraustritt
und das Gegengewicht fehlt. — Nehmen wir gleich
noch von anderer Stelle W. Füsslis Doppelbildnis
hinzu — ein schweizerisches Patrizierbild, frei nach
venezianischem Vorbild, nicht entgegenkommend,
aber bleibender Nachkommenstolz.
(Fortsetzung folgt.)

DIE SPITZNERSCHE SAMMLUNG ALT-
MEISSENER PORZELLANE.

Von W. von Seidlitz.
(Fortsetzung.)

Überblickt man diese Thätigkeit der Manufaktur
zu Böttgers Lebzeiten, so fällt einerseits die große
Mannigfaltigkeit, andererseits die Vollendung der
Erzeugnisse auf. Hatte er auch tüchtige Modelleure
wie den Goldschmied Irminger, Schleifer wie den
Glasschneider Spiller, Maler und Vergolder wie
Hunger, Porzellanmacher wie Stölzel und Köhler
zur Seite, so wäre es doch bei der Knappheit der Geld-
mittel bald zu einem Stillstand und somit zum Zu-
sammenbruch der Manufaktur gekommen ohne seinen
energisch ein Ziel verfolgenden und dabei stets auf
neue Erfindungen sinnenden Geist. Nach dem Zeug-
nis seiner Zeitgenossen war er genial im schlimmen
wie im guten Sinne dieses Worts. Unzuverlässig,
unbeständig, sorglos, zur Verschwendung geneigt,
zuletzt dem Trunk völlig ergeben, war er doch wieder
von höchster künstlerischer Gewissenhaftigkeit, wenn
es galt, eine Aufgabe zu voller Befriedigung durch-
zuführen. Tragisch ist das Bild, das dieser reiche,
aber ungezügelte Geist in seinem Niedergang, unter
dem fortgesetzten Drucke einer unwürdigen Behand-
lung und unwürdigen Umgebung bietet. Gelang es
ihm auch nicht, sein Ziel völlig zu erreichen und
das weiße, bunt bemalte Porzellan zu der gleichen
Vollkommenheit wie das chinesiche und japanische
zu bringen, namentlich die Blaumalerei völlig aus-
zubilden, so hat er doch der Folgezeit in nachdrück-
lichster Weise vorgearbeitet, das Vorbild für die
vollendet sorgfältige Behandlung der Erzeugnisse
gegeben, die Formen der mannigfaltigen Geräte
festgestellt.

Die Heroldsclie Periode (1720—1740). Der ge-
waltige Umschwung, der gleich nach Böttgers Tod
itrat, war durch zwei bestimmte Ereignisse bedingt:

Verbesserung der Malerei sowohl hinsichtlich
der Ausführung als auch der Färbung durch den im
Jahre 1720 von Wien nach Meißen gezogenen Maler

Herold und die endliche Feststellung der Blaumalerei
unter Glasur. Im Zusammenhang mit diesen Ver-
besserungen wird die Masse weißer und die Glasur
flüssiger, so dass man nun von durchaus voll-
kommenen Produkten sprechen kann, die den Ver-
gleich mit den asiatischen in keinem Punkte zu
scheuen brauchen. Die reiche und in höchstem Grade
vornehme Verzierungsweise, die sich bald eng, ja bis
zur vollkommensten Täuschung an japanische Vor-
bilder (die sogen. Imari-Produkte) anschließt, bald
sie frei verwendet, japanische Fauna und Flora als
neue Bestandteile einführt, in ihren Figurendar-
stellungen Chinesenstücke nach französischem Ge-
schmack, Schlachtscenen und Landschaften zur Ent-
faltung des vollen, den Chinesen ganz unbekannten
Reichtums ihrer Palette benutzt, endlich die kost-
barsten Stücke mit einem zierlichen Spitzenwerk von
Gold, Kupfer- und Eisenrot im Stil Ludwigs des XIV.
verbrämt: diese Verzierungsweise eröffnete bald der
Meißener Manufaktur den Weltmarkt. Nun erst
konnten Augusts des Starken Wünsche voll erfüllt
werden.

Ist auch noch ein guter Teil der Erzeugnisse
dieser Periode ohne Marke, so stoßen wir doch schon
bald auf die Bezeichnungen in Blau unter Glasur,
die seit 1723 auf der Theekanne und der Zucker-
dose angebracht wurden, um die in der Fabrik aus-
geführten Malereien von den außerhalb gemachten
zu unterscheiden. In der Spitznerschen Sammlung
ist sowohl die ursprünglich vorgeschriebene Form
K.P.M.(KöniglichePorcelain-Manufactur), als auch die
wohl bald darauf eingeführten K. P. F. und M. P. M.
in verschiedenen Exemplaren vertreten. Dass die
Kurschwerter seit dem Jahre 1726 vorkommen, ist
durch datirte Stücke des alten Bestandes der königl.
Porzellansammlung bekannt; ob sie aber schon früher
verwendet wurden, darüber vermag auch die Spitz-
nersche Sammlung nichts zu lehren. Wichtig durch
ihre Datirung sind zwei Stücke aus dem Jahre 1727:
eine in Blau (aber nicht unter der Glasur) bemalte
Tasse mit dem Namenszug des Königs und eine
weiße Kanne mit goldener Inschrift, wonach sie für
einen gewissen Joh. Aug. Saal hergestellt worden
ist. Reichhaltig sind natürlich auch die Stücke im
japanischen Geschmack, meist mit schmalem braunen
Rand, die die Kurschwerter in milchig-blauer Farbe
(bisweilen auch in Rot oder Violett) über der Glasur
zeigen, vertreten. Diese Bezeichnung war noch im
Jahre 1730 bei bestimmten Verzierungsweisen in
Gebrauch; wann sie aber aufgekommen ist, hat sich
noch nicht feststellen lassen. In die zwanziger Jahre
 
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