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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Dehio, Georg: Denkmalpflege und Museen: Referat auf dem zwölften Tage für Denkmalpflege und Heimatschutz
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0023

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Nekrologe

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bekannt, daß sie durch Anerbietungen nicht bloß des
Kunsthandels, sondern auch direkt der großen Museen
in Versuchung geführt wurden. Man muß sie, da
sie nun einmal da sind, unter eine liebevolle aber
feste Kuratel stellen, am besten seitens der Provinzial-
museen. Diese, die Provinzialmuseen, sind ja direkt
im denkmalpflegerischen Gedanken gegründet worden.
Bis jetzt, wir müssen es leider sagen, sind sie etwas
blasse Schattengewächse geblieben. Das Publikum,
durch den Glanz der großen hauptstädtischen Universal-
museen irregeführt, weiß nicht recht, worin ihr be-
sonderer Wert liegt. Auch sie selbst sind sich manch-
mal untreu geworden, indem sie von den Hauptstadt-
museen allerlei Abfälle minderwertiger internationaler
Kunst aufgenommen haben. Sie sollten sich von
dieser schädlichen Bereicherung schleunigst befreien
und nichts sein wollen, als was ihr Name sagt, Landes-
und Provinzialmuseen, in strenger Begrenzung aber
auch mit voller Energie. Selbstverständlich bedürfen
sie dazu finanzieller Stärkung. Und ebenso notwendig
wäre ein gewissenhaft durchgeführtes Kartell der
Museen unter sich. Mit diesen beiden Mitteln muß
es gelingen, den Kunsthandel in seinen schädlichen
Wirkungen zu paralysieren.

Ich verkenne nicht, daß neben den Provinzial-
museen auch für ein allgemeindeutsches Zentralmuseum
noch Aufgaben und Platz übrig wäre — richtiger:
gewesen wäre. Als vor sechzig Jahren das Germa-
nische Museum in Nürnberg gegründet wurde, lag
ein solches mit im Plan. Der Augenblick war günstig.
Bei der damaligen Verwahrlosung und nur zu großen
Beweglichkeit unserer beweglichen Denkmäler hätte
Bedeutendes geleistet werden können. Allein das
uferlose kulturgeschichtliche Programm ließ es zu einer
Konzentration der nur mäßigen Mittel auf die Kunst-
abteilung nicht kommen. Seither hat man nach
Kräften nachzuholen versucht. Im ganzen schon zu
spät. Der Augenblick ist verpaßt. Heute können
im Sinne eines Zentralmuseums — wofern man sich
nicht mit den anerkanntesten Grundsätzen der Denkmal-
pflege in Widerspruch setzen will — nur Nachlesen
gehalten werden.

Die Aufgabe der Denkmalpflege und damit auch
die der Museen ist nun aber damit nicht erledigt,
daß sie die Denkmäler vor Untergang oder Entstellung
bewahren, es sollen die Denkmäler im allgemeinen
Bewußtsein lebendig werden; das alleingibt den vielen
Opfern, die die Denkmalpflege verlangt, den höheren
Rechtfertigungsgrund. Für die Durchführung dieser
Aufgabe können die Museen besonders nützliche Werk-
zeuge werden. Mein Wunsch und Rat ist: man richte
bei den Provinzialmuseen regelmäßige Lehrkurse ein.
Ich denke dabei nicht an denkmalpflegerische Spezial-
kurse, sondern an einen populären kunstgeschichtlichen
Unterricht mit spezieller Anwendung auf das Heimat-
gebiet. Sie hätten Zuhörer jeden Alters und Ge-
schlechts zu vereinigen. Exkursionen hätten sich an-
zuschließen. Ich erkenne dankbar an, daß ein solcher
Unterricht hier und da schon freiwillig geleistet wird.
Es sollte eine allgemein verpflichtende Einrichtung
daraus werden.

Dies wäre dann auch die beste Lösung einer
Frage, die schon in anderem Zusammenhange oft
erörtert worden ist, ich meine die Frage, wie sich die
Kunstgeschichte für den höheren Schulunterricht frucht-
bar machen ließe. Ich bin dafür, wenn auch in sehr
bestimmten Grenzen. Klar ist von vornherein, daß nicht
mit Ausbildung der Schüler, sondern mit der der Lehrer
zu beginnen ist. Die überlastete Universitätszeit kann
aus vielen Gründen dafür nicht in Betracht kommen.
Dagegen wäre es ganz ausführbar, wenn jedes Gym-
nasium und jede Oberrealschule einige ihrer Lehrer
dazu bestimmte, in einigen Ferienwochen die Kurse,
von denen ich spreche, durchzumachen. Sie werden
auf diese Weise zuerst ihre Heimatlandschaft, dann
die Nachbarländschaften in ihrem Denkmälerbestande
kennen lernen. Sie werden weiter mit ihren Schülern
Exkursionen machen. Es ist doch gar zu wunderlich
und leider echt deutsch, daß unsere Regierungen ihre
Lehrer nach Italien, Griechenland und Kleinasien
schicken, aber ob sie Deutschland, die deutsche Kunst,
die deutschen historischen Orte kennen, danach fragt
niemand, dazu gibt es keine Reisestipendien und keine
Führung. Denkmalpflege, Museen, Unterricht sollen
in einen lebendigen Zusammenhang kommen, es ist
hier noch unendlich viel zu tun. Das gemeinsame
Ziel ist, im Bewußtsein des deutschen Volkes die
deutsche Kunst auf den ihr zukommenden Platz zu
stellen. Gar nicht um sie zu verherrlichen, nur um
sie zu verstehen, als ein Stück unserer selbst.

Richtig gefaßt, kann auch das Kleine groß sein
und darum mahne ich noch einmal: stärken wir
unsere Provinzialmuseen!

NEKROLOGE
+ München. Professor August Holmberg, Konser-
vator der alten und Direktor der neuen Pinakothek ist am
7. Oktober unerwartet einem Schlaganfall erlegen. Der Ver-
storbene, bekanntlich seinem eigentlichen Beruf nach Maler,
war in München am 1. August 1851 geboren und hatte
sich ursprünglich an der hiesigen Kunsfgewerbeschule der
Bildhauerei gewidmet, um jedoch bald zur Schwesterkunst
umzusatteln. Als Schüler von Wilhelm Diez (1868) genoß
er den gründlichen und gediegenen Unterricht, der allen
in jenem Atelier entstandenen Arbeiten anzumerken ist,
wie ja die in den letzten Jahren stattgehabten Ausstellungen
der Diezschule überhaupt manche Überraschungen brachten.
1874 verließ er die Akademie, besuchte Italien und Paris,
bildete sich aber weniger an den Werken der italienischen
als an denen der niederländischen Schulen. Mit Vorliebe
malte er Interieurs mit wenigen Figuren, häufig hohen
Klerikern, wobei er großes Können und einen gewählten
Farbengeschmack entwickelte. 1897 wurde er Konservator
der Galerie Schleißheim und nach dem Hinscheiden Freih.
v. Pechmanns 1899 Konservator der alten und Direktor der
neuen Pinakothek in München.

Wien. Am 7. Oktober starb in Dornbach der Archi-
tekt Oberbaurat Alexander Wielemannns Edler von
Monteforte. Wielemanns wurde am 4. Februar 1843 in
Wien geboren und war, wie sein Altersgenosse Otto Wag-
ner Schüler der Wiener Akademie der Bildenden Künste
unter den Professoren van der Nüll, v. Siccardsburg und
Freiherr von Schmidt. Bei Schmidt arbeitete er bis zum
Herbste 1874. Sein Hauptwerk ist der 1876-1881 erbaute
Wiener Justizpalast. Weitere Monumentalbauten sind das
 
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