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Segers-Glocke, Christiane [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Haus Altenkamp - ein Herrensitz im Emsland: Denkmalpflege und Kulturgeschichte — Hameln: Niemeyer, Heft 18.2000

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Geschichtlicher Rückblick
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Guhe, Franz: Altenkamp in einer Zeit politischer Veränderungen (1767-1856)
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Geschichtlicher Rückblick

Altenkamp in einer Zeit politischer Veränderungen (1767-1856)
Franz Guhe

Als Hermann Anton Bernhard von Velen, der Erbauer von Alten-
kamp, 1767 ohne männlichen Erben gestorben war, fiel Alten-
kamp mit allen anderen Velenschen Gütern an die einzige noch
lebende Tochter Anna Theresia (1735-1775), die seit 1756 mit
Clemens August von Landsberg (1733-1785) verheiratet war.
Nun wurden die Besitzungen der beiden Familien Landsberg und
Velen vereinigt und gemeinsam verwaltet. Infolgedessen verschob
sich der Lebensmittelpunkt der Familie, denn Clemens August
hielt sich oft und gern im sauerländischen Wocklum auf, weil
er in besonderer Weise an der dort von den Landsbergs in der
Luisenhütte betriebenen „Eisenschmelze" interessiert war.’ Zwar
nahm er auch seine Aufgaben als Drost des Niederstifts und in
Vertretung seines erst sechsjährigen Sohnes Paul Joseph (1761 —
1800) die des Herrn von Papenburg gewissenhaft wahr, aber das
Emsland war für ihn nur noch einer von mehreren Interessen-
schwerpunkten. Die Hauptwohn- und Aufenthaltsorte der Familie
waren die Schlösser in Wocklum und Velen. Immerhin verweilte
Clemens August von Landsberg in fast jedem Sommer - zuletzt
im Jahre 1784 - zwischen Ende Juni und Anfang August für
einige Zeit in Altenkamp, ließ sich die Jahresrechnungen vorlegen,
„dechargierte" sie und traf die nötigen Anordnungen.2 In der
übrigen Zeit ließ er sich regelmäßig und ausführlich vom Rent-
meister Breymann, der seit 1774 in seinen Diensten stand, über
die Vorgänge in Aschendorf und Papenburg unterrichten. Baulich
geschah jedoch nur noch wenig in Altenkamp, denn Clemens
August von Landsberg hatte offensichtlich wenig Neigung, den
„Nebensitz" (Noehles) künstlerisch weiter auszuschmücken. Aller-
dings wurde die heute noch bestehende Freitreppe zum Haupt-
portal 1773 angelegt,3 und auch die Wandmalereien im Entree
wurden 1777 erneuert.
1785 trat Paul Joseph im Alter von 24 Jahren nach dem Tode
seines Vaters dessen Nachfolge an. Auch er hielt sich in fast jedem
Sommer in Altenkamp auf, erledigte die anfallenden Verwaltungs-
angelegenheiten und widmete sich dabei insbesondere seiner
Aufgabe als Patronatsherr der Papenburger Kirchen und Schulen.
Denn anders als sein Vater interessierte er sich nur wenig für die
Eisenverhüttung, ihn beschäftigten vielmehr religiöse und päda-
gogische Fragen, wie seine umfangreiche Korrespondenz mit dem
münsterschen Schulreformer Bernhard Overberg bezeugt. Viele
kirchliche und schulische Stiftungen im Niederstift und vor allem
in Papenburg gehen auf ihn zurück. Seit 1792 durfte er sich mit
kaiserlicher Genehmigung Landsberg-Velen nennen und den Titel
Reichsfreiherr führen. Verheiratet war er mit Therese Karoline von
Wolff-Metternich. Abgesehen von 1788 und 1789 kam er wie
seine Vorgänger in jedem Sommer nach Altenkamp, auch in den
Jahren nach Ausbruch der Französischen Revolution und der nun
zunehmenden politischen Spannungen.
Die kriegerischen Verwicklungen im Gefolge der Französischen
Revolution brachten ungewöhnliche Gäste nach Altenkamp. Als
im sogenannten Ersten Koalitionskrieg die Armeen der Republik
Frankreich durch Holland bis an die Ems vorgedrungen waren,
kamen Anfang 1795 englische Truppen nach Aschendorf. Ihr
Befehlshaber, Colonel Wellesley, der spätere Herzog von Welling-
ton, bezog in Altenkamp Quartier. Nach dem Sonderfrieden von
Basel, der Rhein und Ems als Demarkationslinie zwischen den
Kriegsparteien festlegte, kamen preußische Truppen unter Gene-
ral Blücher zur Sicherung der Grenze ins Emsland. Auch dieser
wohnte im Mai 1795 für einige Zeit in Haus Altenkamp.4 Clara
von Dincklage berichtet von einer Romanze,5 die sich kurz darauf


1 Gedenktafel zur Erinnerung an den Aufenthalt Wellingtons und Blüchers in
Haus Altenkamp 1795.

während der Zeit der französischen Herrschaft in Haus Altenkamp
abgespielt habe. Ein junger französischer adliger Offizier habe
sich in die Tochter des Kastellans von Altenkamp verliebt und sie
dazu gebracht, ihm heimlich nach Lingen zu folgen und ihn dort
zu heiraten.
Nach dem Tode Paul Josephs übernahm seine Frau Therese,
geb. Wolff-Metternich, zusammen mit einem Großonkel die
Vormundschaft für ihren zwölfjährigen Sohn Johann Ignaz von
Landsberg-Velen (1788-1863). Auch sie hielt sich zwischen 1801
und 1805 noch einige Male in Altenkamp auf und unterzeichnete
dabei die Schriftstücke als „Vormünderin" ihres Sohnes. Wahr-
scheinlich haben die sich verstärkenden Kriegswirren der Napo-
leonischen Zeit dazu beigetragen, dass nach 1805 die sommer-
lichen Aufenthalte auf Altenkamp unterblieben.
Inzwischen hatten sich die politischen Herrschaftsverhältnisse
grundlegend verändert. Aus dem emsländischen Teil des Nieder-
stifts Münster wurde im Zuge der allgemeinen Säkularisation
1803 das Herzogtum Arenberg-Meppen. Neben der Herrschaft
fielen dem neuen Landesherrn auch die bischöflichen Besitzungen
im Emsland zu. Damit wurde das Drostenamt, das die Familie
Velen bzw. Landsberg-Velen mehr als zwei Jahrhunderte bis zum
Jahre 1800 bekleidet hatte, hinfällig. Nun war die Verwaltung in
Altenkamp nur noch für die Landsberg-Velenschen Besitzungen
und Berechtigungen im Emsland, vor allem die Herrschafts- und
Patronatsrechte in Papenburg, zuständig.6
Im Jahre 1810 übernahm Johann Ignaz von Landsberg-Velen,
erst 22 Jahre alt, das väterliche Erbe. Er überließ die Verwaltung
seiner Güter Rentmeistern, für die er allerdings genaue Instruktio-
nen erließ. Selbst widmete er sich vorwiegend der Politik, wurde
1826 in den Provinziallandtag von Westfalen gewählt und in der
folgenden Zeit ein enger Mitarbeiter des Freiherrn vom Stein.
In den Jahren 1831 bis 1858 war er „Landtagsmarschall", also
Präsident des westfälischen Provinziallandtages. Wenn er sich
auch bemühte, nach dem Ende der Napoleonischen Herrschaft
die alten, angestammten Rechte der Familie Landsberg-Velen im
Emsland wiederzuerlangen, so kam er selbst doch nur noch eini-

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