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Segers-Glocke, Christiane [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Haus Altenkamp - ein Herrensitz im Emsland: Denkmalpflege und Kulturgeschichte — Hameln: Niemeyer, Heft 18.2000

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Geschichtlicher Rückblick
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Behnes, Christel: Gut Altenkamp um 1970 - eine persönliche Erinnerung
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https://doi.org/10.11588/diglit.51269#0025
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Geschichtlicher Rückblick

Gut Altenkamp um 1970 - eine persönliche Erinnerung
Christel Behnes

Das große Interesse meines Mannes, Dr. Georg Behnes, galt dem
Altenkamp, der sich seit dem Jahre 1856 im Besitz der Familie Beh-
nes befand. Obwohl sein berufliches Leben als Justitiar beim Land-
schaftsverband Westfalen-Lippe in Münster stattfand, zog es ihn
in jeder freien Minute zu seinem geliebten Elternhaus nach Aschen-
dorf. Im Zuge der Erbschaftsauseinandersetzungen nach dem Tod
der Eltern wurde meinem Mann und seiner in Hamburg lebenden
Schwester Elisabeth Langemeijer geb. Behnes ein dauerhaft einge-
tragenes Wohnrecht auf Haus Altenkamp zugesprochen. Dadurch
war es uns möglich, nicht nur während des Urlaubs, sondern auch
an allen freien Wochenenden den Altenkamp zu bewohnen.
Uns standen die unteren Räume links vom Haupteingang zur
Verfügung: die Bibliothek, das Herrenzimmer (Wohnzimmer), die
Küche und der Flur mit dem Treppenaufgang links. Beim seitlichen
Eingang des Flures befand sich ein großer Wildschweinkopf über
einem übergroßen Spiegel. Dieser Kopf wie auch die vielen ande-
ren Geweihe in den übrigen Räumen ließen gleich erkennen, dass
hier ein Jäger seine Trophäen zur Schau stellte. Der frühere Land-
rat des Kreises Aschendorf-Hümmling, Georg Behnes, der in den
dreißiger Jahren auch Kreisjägermeister war, hatte dafür in seinem
Haus die besten Ausstellungsräume.
In der Küche wurde auf einem Kohleherd gekocht, der auch
zum Heizen diente. Die übrigen Räume wurden ebenfalls durch
Kohleherde sowie durch Kachelöfen und Kamine geheizt. Nach
längerer Abwesenheit im Winter war das Beheizen der kühlen
und feuchten Räume ein schlimmes Unterfangen. Die feuchten
Betten wurden vorwiegend durch eigene Körperwärme ausge-
trocknet. Erst der nächste Tag brachte durch ständiges Beheizen
einen gewissen Wärmeerfolg.
Das sogenannte große Herrenzimmer war gleichzeitig auch
Esszimmer. Hier fanden zu Zeiten der Eltern meines Mannes große
Diners statt, selbstverständlich mit Bedienung am Tisch. Ein Glöck-
chen läutete, und dann wurde das Essen hereingetragen und am
Tisch serviert. Nicht nur wenn Gäste eingeladen waren, sondern
auch im Alltag wurde eine hohe Esskultur praktiziert. Es standen
dafür nach Aussage meines Mannes mehrere „dienstbare Geister"
zur Verfügung.
Die Bibliothek war eigentlich der Hauptgrund für unsere stän-
dige Anwesenheit. Hier standen Bücher in vielfältigen antiquarischen
Ausgaben. Wertvolle heimatgeschichtliche Bände sowie alte juris-
tische Werke aus vielen Generationen waren hier zu bewundern,
ebenso die Unterlagen des alten, von mehreren Generationen ge-
sammelten Archivs, das schon vom Bruder meines Mannes, Dr. med.
Carl Behnes, in den 40er Jahren bearbeitet und teilweise sortiert
worden war.
Nach der Einnahme Aschendorfs durch alliierte Truppen im
April 1945 wurde der Altenkamp besetzt. Während dieser Zeit
wurde im Haus vieles zerstört, auch einiges gestohlen. Die Schwes-
ter meines verstorbenen Mannes, Frau Elisabeth Langemeijer geb.
Behnes, hielt in den letzten Kriegsmonaten und während der Be-
satzungszeit ihren Bruder, der nach dem Krieg in Gefangenschaft
geriet, über die Situation in Aschendorf auf dem laufenden. Sie
wusste, wie sehr ihm der Altenkamp am Herzen lag.
Der Altenkamp wurde während dieser Zeit mehrfach zu ei-
nem militärischen Hauptquartier umfunktioniert. Es waren zuerst
deutsche Soldaten, die sich dort niederließen. Diese zogen im
April 1945 ab, woraufhin Polen und Kanadier den Altenkamp
in Beschlag nahmen. Schließlich folgten im Jahre 1946 die Eng-
länder.


1 Hausmarke der Familie Behnes (1722).


2 Hausmarke der Familie Behnes als Bestandteil des Notarsignets
von Clemens August Behnes (1794).

Der Altenkamp musste ausgeräumt werden und der Saal
wurde mit Stroh ausgelegt, um den Soldaten Unterkunft zu ge-
währen. Die Kommandeure lagerten in den anderen Räumen.
Die Bewohner des Hauses, Landrat Georg Behnes und seine Frau
Agnes, mussten den Altenkamp verlassen. Nur Frau Langemeijer,
die durch ihre Heirat die holländische Staatsbürgerschaft erlangt
hatte, konnte in der Bibliothek mit vielen dorthin gestellten Mö-
beln bleiben. Sie schreibt in einem Brief: „Im Keller waren am
14. April [1945, d. Verf.] ca. 60 Personen mit Sack und Pack, die
dort schliefen und aßen. Am 15. April hörten wir den ganzen Tag
Maschinengewehrfeuer, am 17. war verstärkter Artilleriebeschuss
und nachmittags um 15.00 Uhr der erste Bombenangriff auf
Aschendorf und auf den Busch, dabei kamen u.a. Rensing und

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