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Segers-Glocke, Christiane [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Haus Altenkamp - ein Herrensitz im Emsland: Denkmalpflege und Kulturgeschichte — Hameln: Niemeyer, Heft 18.2000

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Gutsbetrieb und Principalgarten
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Michaels, Sonja: Die Wohnverhältnisse am Ende des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.51269#0037
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Leben auf Gut Altenkamp - Ein Blick ins 18. Jahrhundert

Die Wohnverhältnisse am Ende des 18. Jahrhunderts

Sonja Michaels

Im Staatsarchiv Münster haben sich zwei bemerkenswerte Inven-
tare aus den Jahren 1784 bzw. 1800 erhalten.' Sie stammen aus
der Zeit, in der Paul-Joseph von Landsberg-Velen (*1761) Besitzer
von Haus Altenkamp war und umfassen den Zeitraum seit seiner
Verheiratung mit Therese Gräfin v. Wolff-Metternich zur Gracht
(1765-1805) am 22. November 1784 bis zu seinem Tode am 13.
Mai 1800. Damit wird ein Lebensalter erfasst.
Er bewohnte (wie seine Eltern) Haus Altenkamp recht selten;
vielmehr hielt er sich auf den Familiensitzen in Wocklum oder
Velen auf. So ist zum Beispiel die Rede von „Einquartierungen
der Engländer"2; ein weiterer Hinweis auf die Abwesenheit der
Herrschaft findet sich unter den Aufzeichnungen des Verwalters
Breymann: „Unterthäniges pro memoria Ich Frantz Arnold Brey-
mann des Hochgebohrenen Reichs=Freyherrn von Landsberg
Rentmeister (...) bin im Jahr 1774 (...) in dienster gekommen; seit
der Zeit bis in gegenwärtigen Jahr 1785. (...) in Abwesenheit der
gnädigen Herrschaft logiren wir unten im Principal Huse, und
machen von den Herrschaftlichen Zimmern keinen gebrauch; bey
Anwesenheit der gnädigen Herrschaft logiren wir auf den garten
Hause, welches mit wenigen Kosten repariert, und dazu einge-
richtete werde kan, weil es ohne hin repariert werden muss. (...)
Altenkamp den 17t Julius 1785".3
Auch ein Reisebericht aus dem Ende des 18. Jahrhunderts
enthält einen Hinweis, dass sich die Herrschaft nicht auf dem
Altenkamp weilte: „Papenburg führt den Titel einer freyen Herr-
lichkeit. Es gehört dem Reichs-Freyherrn Paul Joseph von Lands-
berg-Veelen, Amtsdrost von Meppen, Chur-Cöln. geheimen Rath,
Herr zu Erwitte, Wocklum, Veelen, Papenburg, Altenkamp usw.
der sich jetzt in Münster aufhält. Er hält hier (in Papenburg,
d. Verf.) einen Amtmann, und auf seinem Schlosse Altenkamp
bey Aschendorf, eine Stunde von hier, einen Rentmeister."4
Die Eintragungen in den Inventaren deuten ebenfalls darauf
hin, dass die Familie in Münster oder in Velen lebte.5 Dadurch
würde sich die sparsame Möblierung erklären bzw. die wenigen
Veränderungen in diesen Auflistungen. Ein Inventar (invenire =
finden, entdecken) ist eine Aufstellung sämtlicher Mobilien und
Immobilien einer Person zu einem bestimmten Zeitpunkt, die aus
rechtlichen Anlässen wie Heirat, Vormundschaft oder Todesfall,
oder Verpachtungen, Verkäufe, Konkurse, Versteigerungen, Über-
gabeverträge und Erbstreitigkeiten erfolgte.6
Die Gegenstände werden raumweise, in jüngerer Zeit meist
gruppenweise (nach bestimmten Schemata), aufgeführt. Seit dem
18. Jahrhundert hatte sich ein „festes" System mit zuerst 23, im
19. Jahrhundert 21 Rubriken herausgebildet.7 Dabei wurden die
Dinge nach den Materialien wie Messing, Zinn, Silber usw., sowie
den Funktionen unterschieden und von einer Amtsperson genau
notiert und taxiert.8 Bei einer Deutung dieser Quellengruppe müs-
sen also Anlass und Schreiber berücksichtigt werden.
Der Verfasser des vorliegenden ersten Inventars von 1784
lässt sich nicht mehr ermitteln, während das 16 Jahre später auf-
gestellte ganz offensichtlich von dem damaligen Verwalter Brey-
mann erstellt wurde. Möglicherweise stammt das erste auch aus
seiner Feder, da er zu der Zeit bereits als Rentmeister fungierte.
Die Anordnung der Objektgruppen behielt er bei. Allerdings ist
das Inventar von 1800 exakter und detaillierter (z.B. werden einige
Gegenstände genauer beschrieben oder auch als „unbrauchbar"
oder als „alt" bezeichnet). Außerdem fügte der Verwalter noch
eine Liste als Anlage hinzu („Verzeichnis und Anzeige"). Sie ent-
hält Angaben darüber, welche Objekte mittlerweile verkauft, ver-


1 „Inventarium Aller Mobilien des adelich freyen Hauses Altenkamp, im Jahr
1784".

schickt oder auch verschenkt worden waren, z.T. auch an wen
und für wieviel. Gleichzeitig verwies er auf die Altenkamper Rech-
nungsbücher, in denen genauere Informationen zu finden sind.
Der Grund für die Aufstellung von 1784 lässt sich nur vermuten:
entweder anlässlich der Heirat des Paul-Joseph v. Landsberg-Velen
oder weil das Prinzipalhaus anderweitig genutzt werden sollte
(Verpachtung). Das Inventar von 1800 wurde sicherlich wegen
seines Todes erstellt. Auch muss bedacht werden, dass die Voll-
ständigkeit der Inventare nicht so ohne weiteres gewährleistet ist.
So werden z.B. bei der Erfassung von Mobilien, also beweglichen
Gegenständen, oft die wandfesten - Öfen, Bänke oder auch
Schränke - nicht erwähnt, weil man davon ausging, dass sie zum
Haus - also zu der Immobilie - selbst gehören.9 Im vorliegenden
Fall werden allerdings ausdrücklich nur die Mobilien und keine
Kleidung notiert; ebenso fehlen nähere Wertangaben. Auch die
Bezeichnungen der einzelnen Gegenstände können Fragen auf-
werfen, vor allem, wenn der Schreiber sich plattdeutsch äußert.10
Um eine Aussage über die Anzahl der Objekte in den einzel-
nen Räumen zu ermöglichen, muss zunächst überprüft werden,
wieviel Zimmer überhaupt vorhanden waren. Eine Akte aus dem
Jahre 1763/64 gibt Aufschluss darüber:11 Die Wirtschaftsräume,
wie Haupt- und Nebenküche, Vorratskeller, Stube für die Dome-

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