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RELIEF AUS AKARNANIEN
Reliefs, allmählich nach innen zu; in den so eingerahmten
schmalen Raum ist ein Leierspieler hinein komponirt, nicht
ohne einen gewissen Zwang. Allerdings bat die Beugung des
Körpers nach hinten, die durch die Notwendigkeit, Platz für
die Leier zu ersparen, veranlasst scheinen könnte, ihren gu-
ten Sinn : der Mann ist singend dargestellt und wirft dabei
den Kopf zurück, wie dies auf Vasenbildern so oft zu seben
ist1; wir müssen aber zugestehen, dass auf diesen letzteren
die Bewegung weniger ungelenk erscheint als hier. Die Leier
hat die von Jan2 für das Barbiton in Anspruch genommene
Form, bei welcher die beiden Hörner von unten an entschie-
den auseinanderstreben, um sieb gegen ihr Ende bin mit
starker Krümmung wieder zu nähern. Dass dieses Instrument
sowohl den Lyrikern in die Hand gegeben wird als auch beim
Komos und Gelage besonders beliebt ist, scheint für die Rich-
tigkeit dieser xknnahme zu sprechen. Und da der Verstorbene
auch nur ein leichtes Gewand, die Chlamys, nicht den langen
Talar der Kitbaröden trägt, so Hesse sich sogar vermuten, der
Tote sei in einer Scene des tätlichen Lebens, hei heiterem
Leierspiel dargestellt. Dem ernsten, auf würdige Repräsenta-
tion gerichteten Sinn, der aus den altertümlichen Grabmälern
spricht, würde das allerdings wenig entsprechen. Zwar ist
die Leier sepulkralen Darstellungen nicht fremd, besonders
kommt sie auf weissgrundigen Lekythen in den Händen der
auf dem Grabe sitzend dargestellten verstorbenen Jünglinge
vor3, aber einerseits hat sie dort, so viel ich sehe, die ge-
wöhnliche Form, andererseits sind ihre Träger eben Jünglin-
ge, bei denen sie sich wol als Kennzeichen musischer Bildung
t Um nur einige Beispiele anzuführen : 0. Jahn, Dichter auf Vasenbil-
dern Taf. 4,4. Gerhard, A. V. IV Taf. 319. Lenonnant und De Witte,
tilite II Taf. 16.48.65. Lützow, Münchener Antiken Taf. 18. Athen. Mit-
theilungen XVI Taf. 10, 2. S. 311.
2 Vgl. Arch. Zeitung 1858 S. 184. Jan, De fidibus S. 15. 26. Saitenin-
strumente S. 20.
3 Vgl. Pottier, Licylhes blancs S. 63. 73. Furtwängler, Sammlung Sabou-
roff I zu Taf. 60, 2. Das Relief Kekulü, Theseion 245 ist als Grabreliel
durchaus nicht gesichert.
RELIEF AUS AKARNANIEN
Reliefs, allmählich nach innen zu; in den so eingerahmten
schmalen Raum ist ein Leierspieler hinein komponirt, nicht
ohne einen gewissen Zwang. Allerdings bat die Beugung des
Körpers nach hinten, die durch die Notwendigkeit, Platz für
die Leier zu ersparen, veranlasst scheinen könnte, ihren gu-
ten Sinn : der Mann ist singend dargestellt und wirft dabei
den Kopf zurück, wie dies auf Vasenbildern so oft zu seben
ist1; wir müssen aber zugestehen, dass auf diesen letzteren
die Bewegung weniger ungelenk erscheint als hier. Die Leier
hat die von Jan2 für das Barbiton in Anspruch genommene
Form, bei welcher die beiden Hörner von unten an entschie-
den auseinanderstreben, um sieb gegen ihr Ende bin mit
starker Krümmung wieder zu nähern. Dass dieses Instrument
sowohl den Lyrikern in die Hand gegeben wird als auch beim
Komos und Gelage besonders beliebt ist, scheint für die Rich-
tigkeit dieser xknnahme zu sprechen. Und da der Verstorbene
auch nur ein leichtes Gewand, die Chlamys, nicht den langen
Talar der Kitbaröden trägt, so Hesse sich sogar vermuten, der
Tote sei in einer Scene des tätlichen Lebens, hei heiterem
Leierspiel dargestellt. Dem ernsten, auf würdige Repräsenta-
tion gerichteten Sinn, der aus den altertümlichen Grabmälern
spricht, würde das allerdings wenig entsprechen. Zwar ist
die Leier sepulkralen Darstellungen nicht fremd, besonders
kommt sie auf weissgrundigen Lekythen in den Händen der
auf dem Grabe sitzend dargestellten verstorbenen Jünglinge
vor3, aber einerseits hat sie dort, so viel ich sehe, die ge-
wöhnliche Form, andererseits sind ihre Träger eben Jünglin-
ge, bei denen sie sich wol als Kennzeichen musischer Bildung
t Um nur einige Beispiele anzuführen : 0. Jahn, Dichter auf Vasenbil-
dern Taf. 4,4. Gerhard, A. V. IV Taf. 319. Lenonnant und De Witte,
tilite II Taf. 16.48.65. Lützow, Münchener Antiken Taf. 18. Athen. Mit-
theilungen XVI Taf. 10, 2. S. 311.
2 Vgl. Arch. Zeitung 1858 S. 184. Jan, De fidibus S. 15. 26. Saitenin-
strumente S. 20.
3 Vgl. Pottier, Licylhes blancs S. 63. 73. Furtwängler, Sammlung Sabou-
roff I zu Taf. 60, 2. Das Relief Kekulü, Theseion 245 ist als Grabreliel
durchaus nicht gesichert.