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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 17.1892

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Sauer, Bruno: Altnaxische Marmorkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.37655#0081

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ALTNAXISCHE MARMORKUNST

Aber keineswegs der Kunst allein war der naxische Mar-
mor Vorbehalten. Er musste sich zu Dachziegeln und anderen
Bauteilen verwenden lassen, und eine reichliche Produktion
halbarchitektonischer Gegenstände, figuren- und ornamentge-
schmückter Gelasse, Statuenbasen und Bauteile, endlich ganz
schmuckloser Becken und Tröge ging neben der höheren Mar-
morkunst einher E
Hier ist es Zeit sich zu erinnern, dass es zwei Werke un-
serer Reihe waren, an welche Brunn vor Jahren seine fein-
sinnigen Erörterungen über tektonischen Stil in der statua-
rischen Kunst angeknüpft hat* 2. Er hat damals die brettförmige
Nikandre und die stammförmige Hera des Cheramyes als
prinzipiell verschiedene Äusserungen tektonischer Stilisirung
einander gegenüber gestellt (S. 521). Beide waren damals
Unica, und der Gedanke an vermittelnde Gebilde konnte kaum
aufkommen. Aus ihrer Vereinzelung sind diese Werke jetzt
befreit, die samische Figur stellt sich nur als launenhafte Va-
riante eines uralten, sehr langsam nach Vollendung streben-
den Typus dar, und nicht von ihr, sondern von der Nikandre
und ihren nächsten Nachkommen haben wir die Gesetze des
tektonischen Stils zu lernen.
Es war ein verhängnissvoller Zufall, dass gerade dasjenige
Gebilde, das nicht ohne Willkür aus dem schlichten Urtypus
herausgebildet worden war, fast gleichzeitig mit der Nikandre
und auf der Insel gefunden wurde, deren Erzkunst in der
archaischen Epoche sich besonderer Blüte erfreute. Seitdem
hat man das Werk auf seine Reminiszenzen an Bronzetechnik
wiederholt und peinlich verhört, und heute ist die herrschende
Meinung, dass die Weichheit der Formen wie die Sucht,
durch eingravirte Linien die Flächen zu beleben, auf jene
Technik zurückweise. Ich gestehe, dass ich diese Meinung

H Unter den vielen mit Inschriften versehenen flachen Becken von der
Akropolis, die sich jetzt im epigraphischen Museum befinden, wird noch
manches naxische, wenn auch nicht vom gröbsten Marmor sein.
2 Münchener Sitzungsberichte 1884 S. 508 ff.
ATHEN. MITTHEILUNGEN XVII.

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