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AMPHIKTYON IM KERAMEIKOS
ein kehren und von ihm begrüsst werden, etwa wie Priamos
und Gefolge im Zelte des Achill oder Dionysos und sein
Schwarm im Hause des Ikarios. ‘Sie nahen, sie kommen,
die Himmlischen alle, mit Göttern erfüllt sich die irdische
Halle’. Rommen sie auch wirklich alle? Oder auch nur ein
erheblicher Teil derselben? Pausanias scheint es zu sagen.
Seltsam nur, dass er keinen der Olympier namhaft macht,
bloss den Dionysos. Das heisst doch für Jeden, der Pausanias’
Künstelei und noch unwiderlegte Manier, das Schwierige zu
'vertuschen, kennt und anerkennt: Dionysos ist unzweifelhaft
dargestellt, die anderen Figuren entziehen sich genauerer Be-
nennung oder erscheinen untergeordnet. Mit anderen Worten,
wir haben den wolbekannten Reliefs-Typus vor uns, Diony-
sos’ Einkehr bei Ikarios1. Dass das Relief von Terracolta war,
also gewiss in dem kleinen d. i. weit unter lebensgrossen
Massstab, in welchem sich die Repliken halten, giebt eine
Art Bestätigung, ohne für oder gegen die Möglichkeit zu spre-
chen es sei grade dieses die Originalschöpfung gewesen.
Thon-Repliken sind mehrfach auf uns gekommen, aber alle
römisch nach Epoche und Fundort. Und wie die ganze Com-
position, die üppige Weiterbildung eines einfachen aus weni-
gen Personen bestehenden Weihrelief-Typus, der hellenisti-
schen Zeit angehört, so dürfte man in die Wand eingelassene
Thonreliefs figürlichen Inhalts in der klassischen Epoche
Athens selten oder gar nicht finden.
Wie kommt aber Pausanias dazu, grade den Amphiktyon
an dieser ungewöhnlichen Stelle einzusetzen? Im Volksmunde
lebte nur der Weinbauer von Ikaria, der Orts-Patron dio-
nysischer Künste, nicht der phokisch-böotische Heros bundes-
staatlicher Verträge. Amphiktyon war kein attischer Heros
und ist in die Reihe der dortigen Könige erst ziemlich spät
i An ein derartiges Schema hat auch schon Reisch,Weihgeschenke S. 30
vorübergehend gedacht aber ohne den Amphiktyon anzuzweifeln. Er denkt
an Dionysos und die Koren, was auf Pausanias’ Ausdruck wenig zu passen
scheint.
AMPHIKTYON IM KERAMEIKOS
ein kehren und von ihm begrüsst werden, etwa wie Priamos
und Gefolge im Zelte des Achill oder Dionysos und sein
Schwarm im Hause des Ikarios. ‘Sie nahen, sie kommen,
die Himmlischen alle, mit Göttern erfüllt sich die irdische
Halle’. Rommen sie auch wirklich alle? Oder auch nur ein
erheblicher Teil derselben? Pausanias scheint es zu sagen.
Seltsam nur, dass er keinen der Olympier namhaft macht,
bloss den Dionysos. Das heisst doch für Jeden, der Pausanias’
Künstelei und noch unwiderlegte Manier, das Schwierige zu
'vertuschen, kennt und anerkennt: Dionysos ist unzweifelhaft
dargestellt, die anderen Figuren entziehen sich genauerer Be-
nennung oder erscheinen untergeordnet. Mit anderen Worten,
wir haben den wolbekannten Reliefs-Typus vor uns, Diony-
sos’ Einkehr bei Ikarios1. Dass das Relief von Terracolta war,
also gewiss in dem kleinen d. i. weit unter lebensgrossen
Massstab, in welchem sich die Repliken halten, giebt eine
Art Bestätigung, ohne für oder gegen die Möglichkeit zu spre-
chen es sei grade dieses die Originalschöpfung gewesen.
Thon-Repliken sind mehrfach auf uns gekommen, aber alle
römisch nach Epoche und Fundort. Und wie die ganze Com-
position, die üppige Weiterbildung eines einfachen aus weni-
gen Personen bestehenden Weihrelief-Typus, der hellenisti-
schen Zeit angehört, so dürfte man in die Wand eingelassene
Thonreliefs figürlichen Inhalts in der klassischen Epoche
Athens selten oder gar nicht finden.
Wie kommt aber Pausanias dazu, grade den Amphiktyon
an dieser ungewöhnlichen Stelle einzusetzen? Im Volksmunde
lebte nur der Weinbauer von Ikaria, der Orts-Patron dio-
nysischer Künste, nicht der phokisch-böotische Heros bundes-
staatlicher Verträge. Amphiktyon war kein attischer Heros
und ist in die Reihe der dortigen Könige erst ziemlich spät
i An ein derartiges Schema hat auch schon Reisch,Weihgeschenke S. 30
vorübergehend gedacht aber ohne den Amphiktyon anzuzweifeln. Er denkt
an Dionysos und die Koren, was auf Pausanias’ Ausdruck wenig zu passen
scheint.