ZU DEN BAUWERKEN ATHENS
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zu ziehen, dass die Postamente weder unten, wie man in die-
sem Falle erwarten sollte, von der Stützmauer der Flügel-
bauten sich abheben, noch oben, wo sie isoliert gebaut sind,
ein gleichmässig herumlaufendes Profil haben. Vielmehr zeigt
ihr westliches Ende den Schaft und das Capitell einer ge-
wöhnlichen dorischen Ante, während das östliche Ende auch
im oberen Teile ohne entsprechende Ausbildung ist. Sollte
es sich hier etwa um wirkliche Anten handeln, denen nach
dem ursprünglichen Plane weiter westlich je eine Ante und
vielleicht auch noch Säulen entsprechen sollten? Diese Frage
darf bestimmt bejaht werden, weil beide Anten an ihrer West-
seite in dem erhaltenen Teile oben um etwa 3 cm übernei-
gen, und weil eine Neigung dieser Art bekanntlich bei den
Einfassungen aller Wandöffnungen vorkommt, mögen letz-
tere einfache, sich nach oben verjüngende Türen oder grös-
sere, mit Säulen ausgestattete Öffnungen sein. Für das Ende
einer Mauer ist ein Uberneigen des oberen Teiles nach aus-
sen ganz unerhört. Wir dürfen also mit Sicherheit behaupten,
dass die beiden Seitenwände des Vorplatzes der Propyläen
nicht beendet sind, sondern nach dem Plane des Mnesikles
weiter nach Westen als Marmorwände mit mindestens je einer
zweiten Ante fortgeführt werden sollten. Im Süden sollten
die beiden Parastaden augenscheinlich die Treppe zum Nike-
Tempel einfassen, im Norden sollten sie vermutlich eine Tür
bilden, die zu dem westlich von der Pinakothek befindlichen,
tief liegenden Raume führte. Diese bisher unbekannte neue
Tatsache ist nicht nur für die Geschichte der Propyläen, son-
dern, wie wir sehen werden, auch für die Frage nach dem
Alter des Nike-Pyrgos von Wichtigkeit.
IV. DER NIKE-TEMPEL.
Der alte Streit über die Zeit des Nike-Tempels ist noch
immer nicht entschieden, obwohl sich in den letzten Decen-
nien viele Archäologen und Architekten mit der Frage nach
dem Alter des Tempels und seines Pyrgos beschäftigt haben.
Zwar wird die von L. Ross und A. Benndorf vertretene An-
sicht, dass der Tempel noch der Zeit des Kimon angehöre,
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zu ziehen, dass die Postamente weder unten, wie man in die-
sem Falle erwarten sollte, von der Stützmauer der Flügel-
bauten sich abheben, noch oben, wo sie isoliert gebaut sind,
ein gleichmässig herumlaufendes Profil haben. Vielmehr zeigt
ihr westliches Ende den Schaft und das Capitell einer ge-
wöhnlichen dorischen Ante, während das östliche Ende auch
im oberen Teile ohne entsprechende Ausbildung ist. Sollte
es sich hier etwa um wirkliche Anten handeln, denen nach
dem ursprünglichen Plane weiter westlich je eine Ante und
vielleicht auch noch Säulen entsprechen sollten? Diese Frage
darf bestimmt bejaht werden, weil beide Anten an ihrer West-
seite in dem erhaltenen Teile oben um etwa 3 cm übernei-
gen, und weil eine Neigung dieser Art bekanntlich bei den
Einfassungen aller Wandöffnungen vorkommt, mögen letz-
tere einfache, sich nach oben verjüngende Türen oder grös-
sere, mit Säulen ausgestattete Öffnungen sein. Für das Ende
einer Mauer ist ein Uberneigen des oberen Teiles nach aus-
sen ganz unerhört. Wir dürfen also mit Sicherheit behaupten,
dass die beiden Seitenwände des Vorplatzes der Propyläen
nicht beendet sind, sondern nach dem Plane des Mnesikles
weiter nach Westen als Marmorwände mit mindestens je einer
zweiten Ante fortgeführt werden sollten. Im Süden sollten
die beiden Parastaden augenscheinlich die Treppe zum Nike-
Tempel einfassen, im Norden sollten sie vermutlich eine Tür
bilden, die zu dem westlich von der Pinakothek befindlichen,
tief liegenden Raume führte. Diese bisher unbekannte neue
Tatsache ist nicht nur für die Geschichte der Propyläen, son-
dern, wie wir sehen werden, auch für die Frage nach dem
Alter des Nike-Pyrgos von Wichtigkeit.
IV. DER NIKE-TEMPEL.
Der alte Streit über die Zeit des Nike-Tempels ist noch
immer nicht entschieden, obwohl sich in den letzten Decen-
nien viele Archäologen und Architekten mit der Frage nach
dem Alter des Tempels und seines Pyrgos beschäftigt haben.
Zwar wird die von L. Ross und A. Benndorf vertretene An-
sicht, dass der Tempel noch der Zeit des Kimon angehöre,