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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 25.1909

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Heft 1
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J-n.: Neue holländische Architektur: Bauten von J.H.W. Lelimann, Dipl.-Architekt in Amsterdam
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https://doi.org/10.11588/diglit.42077#0016

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1909

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 1

Neue holländische Architektur.
Bauten von J. H. W. Leliman, Dipl.-Architekt in Amsterdam.
Die heutige holländische Architektur führt ein ziemlich ver-
gessenes Dasein. Sie findet im Ausland nicht die Be-
achtung, die ihr im großen ganzen sehr interessantes Bild ver-
diente, denn sie hat sich in recht beachtenswerter Weise
kräftig, zielbewußt und mit stark ausgeprägter nationaler Eigen-
art — wie sie auch die holländische Architektur früherer Jahr-
hunderte zeigte — entwickelt.
Gediegenheit und Wahrheit, folglich auch Schlichtheit, sind
ihre hauptsächlichsten Merkmale; allein deren zu weit gehende
Berücksichtigung ruft oft den Eindruck einer gewissen Nüch-
ternheit, ja Armut hervor. Und dann heißt es: »Man merkt
die Absicht und man wird verstimmt.«
Dies ist aber weniger eine bewußte Prinzipienreiterei
als die Äußerung einer Reaktion gegen die mit kleinlichem
Detail überwucherten Nachbildungen der Renaissance des
16. Jahrhunderts. In den Achtziger- und Neunzigerjahren —
bis etwa 1895 — schossen solche Bauten wie Pilze aus dem
Boden und wurden damals als Leistungen eines hochent-
wickelten Kunstgefühls angestaunt. Jene Zeit war eben nicht
verwöhnt. Die Bewunderung hat aber nicht standgehalten.


Grundriß zu den Landhäusern in Zandvoort.

Jetzt sehen wir, neben einem ausgeprägten modernen
Schaffen, auch eine verständnisvollere Nachempfindung der
vielbewunderten Renaissance, wie aller übrigen historischen
Stilarten überhaupt. Das Streben ist jetzt mehr darauf ge-
richtet, in ihrem Geiste zu schaffen, während in vergangenen


Landhäuser in Zandvoort.
■— Baukosten ca. 24000 M. —

Architekt: J. H. W. Leliman
in Amsterdam.

Dezennien die Nachahmung übertriebener Äußerlichkeiten Regel
war. So sehen wir in letzter Zeit von neuem öfters gelungene
Anklänge an die Renaissance, auch, zwar nur in vereinzelten
Fällen, an das so lange verschrieene Barock und den Stil
Ludwigs XVI. Die »Biedermeierei« ist noch nicht in der Mode.
Was die modernen Bestrebungen anbelangt, verdient der
Landhausbau die größte Beachtung, weil gerade er wohl die
deutlichsten Vorbilder aufzuweisen hat. Es haben bei seiner
Entwicklung auch ausländische und zwar namentlich englische
Einflüsse mitbestimmend gewirkt, sowohl in der Grundriß-
bildung wie im allgemeinen architektonischen Gestalten.
Eine eigentliche ländliche Architektur, welche in künst-
lerischer Hinsicht bei der Entwicklung des modernen Land-
hausbaues von vorbildlicher Bedeutung hätte sein können,
war in Holland nicht vorhanden. Das alt-holländische Bauern-
haus bietet in dieser Hinsicht nur wenige Anhaltspunkte, seine
Motive wären im günstigsten Falle nur bei Landhäusern von
kleinerem Typus direkt verwendbar. Die Verhältnisse waren
also gründlich verschieden von den deutschen, englischen
oder schweizerischen, wo seit Jahrhunderten die ländlichen
Bauten auf einer Stufe höherer künstlerischer Bedeutung standen.
Das 17. und 18. Jahrhundert hatte zwar seine Landhäuser,
große und prachtvolle sogar. Die reichen Kaufherren besaßen
am Vechtstrom oder am Saum der Dünen bei Haarlem ihre
Villen inmitten schöner und großer Gärten. Allein der Archi-
tektur nach waren diese Landhäuser freistehende städtische
Wohnhäuser von jenem stattlich-vornehmen, aber kalten Aus-
sehen, das den Hauptkanälen Amsterdams seinen Charakter
und eigentümlichen Reiz verleiht.


Architekt: J. H. W. Leliman in Amsterdam.

Landhäuser in Zandvoort.

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