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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 25.1909

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Heft 2
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Die Neubauten und die Erhaltung des Stadtbildes in Lübeck
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https://doi.org/10.11588/diglit.42077#0019

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1909

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 2

Am Burgtor in Lübeck.


Die Neubauten und die Erhaltung des Stadtbildes in Lübeck.

In erfreulichster Weise gewinnen Denkmalpflege und Heimat-
schutz immer innigere Fühlung mit den praktischen Auf-
gaben und Forderungen der Neuzeit und damit immer nach-
drücklicheren Einfluß auf das künstlerische Schaffen der
Gegenwart. Nicht nur die Erhaltung der einzelnen Baudenk-
mäler an sich ist das Ziel, darüber hinaus gilt es, ihre Gesamt-
wirkung inmitten der historisch gewordenen Umgebung zu er-
halten, die Stadtbilder zu schützen als im Laufe der Jahrhunderte
geschaffene Kunstwerke und als beredteste Zeugen einer ein-
heitlichen, in sich gefestigten und geschlossenen Kultur. Aber es
gilt nicht bloß Bestehendes unberührt zu erhalten; wichtiger
und ungleich schwieriger ist es, weil überall praktische An-
forderungen in den Vordergrund treten, das Alte vor der Beein-
trächtigung durch unvermeidliche Um- und Neubauten zu be-
wahren und letztere selbst harmonisch in das alte Bild einzufügen.
Erst wenn unsre Neubauten unter Wahrung ihrer Eigenart
mit dem Alten völlig einheitlich verwachsen, wenn wir gelernt
haben, nicht in den Formen, aber im Sinne des Alten zu
schaffen, wird die klaffende Lücke in unsrer Städtebaukunst
sich schließen und der schreiende Mißklang verschwinden,
der sich jetzt leider fast überall aus dem Zusammentreffen von
Altem und Neuem ergibt.
Auch bei den Verhandlungen des 9. Tages für Denkmal-
pflege gab diese schwierigste und für die Allgemeinheit wie
für die Weiterentwicklung unsres künstlerischen Schaffens
bedeutungsvollste Frage das Leitmotiv der Erörterungen. Des-
halb war es für die Teilnehmer an der Tagung besonders lehr-
reich und reizvoll, daß ihnen in Lübeck gleichzeitig Gelegen-
heit geboten wurde, praktische Lösungen dieser Aufgabe in
einer Reihe verschiedenartigster Bauten ausgeführt zu sehen
undihreWirkung
in einem ge¬
schichtlich so
hoch bedeuten¬
den, an hervor¬
ragenden Bauten
und Kunstwer¬
ken, wie an male¬
rischen Wirkun¬
gen überaus rei¬
chen und beson¬
ders einheitlich
erhaltenen gro¬
ßen alten Stadt¬
bilde zu prüfen.
Die vom Orts¬
ausschuß in der
Katharinenkirche
veranstaltete Ar¬
chitekturausstel-

lung und der treffliche Vortrag des Baudirektors Baltzer (vergl.
den Verhandlungsbericht in der Beilage) gaben in Wort und
Bild eine anschauliche zusammenhängende Übersicht über diese
»Versuche zur Erhaltung des Lübecker Stadtbildes« und ließen
das freudige und opferwillige Zusammenwirken aller Beteiligten,
vor allem aber die zielbewußte und höchst erfolgreiche Wirk-
samkeit des Stadtbauamts weit klarer erkennen, als dies in der
bildlichen Darstellung und kurzen Hervorhebung des Wesent-
lichsten möglich ist, auf die wir uns hier beschränken müssen.
Insbesondere kann die, ob der oft höchst verwickelten Ver-
hältnisse und besonderen Schwierigkeiten für Denkmalpfleger
und ausführende Architekten gleich lehrreiche Entstehungs-
geschichte der einzelnen Lösungen nur in knappsten Umrissen
angedeutet werden. Dennoch hoffen wir im nachstehenden
ein einigermaßen anschauliches und recht viele zu eignem ein-
gehenderen Studium an Ort und Stelle anregendes Bild von
dem trefflichen Geiste zu geben, in dem man in Lübeck
— wie allgemein freudig anerkannt wurde — in vorbildlicher
Weise das Alte im vollen Umfange zu schützen und das Neue
ihm organisch und harmonisch einzugliedern bestrebt ist.


Das Johanneum (Tafel 9), die mit Reformrealgymnasium
verbundene Realschule Lübecks, in dessen Aula die Verhand-
lungen des Denkmalpflegetags stattfanden, bildet mit der
Hauptfeuerwache eine große Baugruppe, die in den Jahren
1904—1906 durch das Bauamt auf dem Gelände des ehemaligen
Johannis-Jungfrauenklosters errichtet worden ist.
Die Schulgebäude umfassen den Schulhof, auf den etwa
2300 von den 5300 qm des Grundstückes entfallen, auf drei
Seiten, auf der
vierten steht der
Flügelbau der
Feuerwache. So
wurde ein ge-
schlossener
Schulhof von ma-
lerischerWirkung
gewonnen, der
durch die Turn-
halle und das Ab-
ortgebäude ge-
gliedert ist.
Das Klassen-
gebäude, gebildet
aus zwei unter
stumpfem Win-
kel zusammen-
stoßenden Flü-
geln, ist durch

Bauten am Burgtorzingel in Lübeck. Architekt: Regierungsrat E. Blunck in Nikolassee bei Berlin.


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