1909
ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
Heft 3
Wegen der am Wannsee
Portal zum Landhaus des Herrn
Adolf Schwabacher in Wannsee,
Nebenhaus zum Landhaus des Herrn
Adolf Schwabacher in Wannsee.
Landhaus des Herrn Adolf Schwabacher
in Wannsee.
Architekt: Friedrich Kristeller in Berlin.
Architekt: Friedrich Kristeller
in Berlin.
Stallgebäude und Gärtnerwohnung
der Villa des Herrn von Schoeller
in Wien.
Architekt: Professor Max Freiherr
von Ferstel in Wien.
noch auch, daß deren Verbreitung durch den Druck ein Glück für
Deutschland genannt werden könne. Ich will Ihnen zur Ergänzung
dieses diplomatisch abgefaßten Lobes mein weniger diplomatisches,
aber desto leichter verständliches Urteil nicht vorenthalten.
Gewiß ist es erfreulich, daß die Bauschulen auf die Formen-
welt der heimischen überlieferten Bauweise zurückgreifen. Übrigens
geschieht dies wie der betreffende Herr Gutachter wohl wissen wird,
nicht erst anfangsweise von der einen Schule, von der die Ent-
würfe herrühren, sondern seit Jahren und z. T. bereits mit recht
greifbaren und anerkennenswerten Erfolgen — wie auch die Fach-
ausstellungen der letzten Jahre zeigten — auf vielen deutschen Bau-
gewerkschulen in Preußen sowohl, wie in Sachsen, Bayern, besonders
auch in Darmstadt und Stuttgart. Die Hauptsache ist nun aber nicht,
daß, sondern wie wir diese Formen anwenden. Wenn wir sie nicht
ebenso oberflächlich wie die glücklich verlassenen »klassischen« sondern
ihrem Geiste nach erfassen wollen, so bleibt uns nichts übrig, als
sie an der Quelle zu studieren, an den überlieferten Bauwerken
selbst. Da darf kein unerbetener Mittler zwischen uns und den alten
Vorbildern stehen, der diese uns vorkaut und nach seiner Art mund-
gerecht macht. Sonst bleiben wir unselbständige Nachbeter und
unsre Bauten hohle Maskeraden, und es ist dann ganz einerlei, ob
wir sie wie bisher mit antiken oder jetzt mit bodenständigen Motiven
behängen. Und wenn ich nun das in Rede stehende Heft zur Hand
nehme, so sehe ich nicht etwa, wie eine Fassade sich als Aus-
druck der dahinter liegenden Bedürfnisse entwickelt hat; nicht, in
welchen Teil unsres deutschen Vaterlandes sie hineingedacht ist;
ich sehe auch nicht, wie sie als Massenbewältigung, als Gruppe
perspektivisch so hat emporwachsen müssen; ich sehe nur hübsche Motive
säuberlich aneinander gereiht und in die Fläche projiziert. Woher diese
stammen? Teils von süddeutschen oder mitteldeutschen Holzbauten, teils
von märkischen Backsteinbauten, teils auch von Ludwig Hoffmanns und
Messels Werken, teils aus der Münchner Seidl-Fischer-Schule — also be-
reits aus zweiter Hand! Eine große Vielseitigkeit fürwahr, die ihre Ein-
heitlichkeit dem bedenklichen Umstande verdankt, daß alles gleichmäßig
den Geist der Schülerarbeit atmet. Schüchtern, aber korrekt vorgetragene
Übungen fleißiger Lehrlinge der Baukunst. Nie und nimmer aber darf
die beste Lehrlingsarbeit Vorbild sein! Wenn Sie Motive brauchen, werden
Sie gut tun, dieselben Sammelwerke durchzublättern, die auch diesen Schüler-
arbeiten in durchsichtigster Weise zu Grunde liegen. Noch besser aber
ist’s, Sie gehen mit Skizzenbuch und Maßstab bewaffnet hinab auf die
Straßen, hinaus in die Dörfer — dort finden Sie alles, was Sie brauchen, und
dort werden Sie auch verstehen, warum die alten und neueren Meister es
gerade so gemacht haben und nicht anders.
Vielleicht begegnet Ihnen einmal da draußen
Ihr wohlmeinender Freund
X. Y. Z.
Angekauft. — Entwurf
(Geislingen) in Cassel.
Tafel 21. Landhaus des Herrn Adolf Schwabacher in
Wannsee. Architekt: Friedrich Kristeller in Berlin.
Der Bauherr wünschte außer der von ihm zu bewohnenden Villa eine
zweite für den zeitweiligen Aufenthalt der verheirateten Kinder, letztere,
damit er durch die Enkelkinder nicht gestört werde, möglichst entfernt von
dem Hauptgebäude. Sie enthält außer einzelnen Gastzimmern zwei
Familienwohnungen mit gemeinsamem Eßzimmer, Kinderspielzimmer und
Küche. Außerdem wurde unweit der Straße ein Gärtnerhaus mit Auto-
mobilschuppen und Zimmer für den Fahrer erbaut. Für die Grundriß-
anordnung des Hauptgebäudes war die Lage der sogenannten Terrasse,
der Firma Alexander & Bern-
54 55. Architekt: Regierungs-
Berlin. Mitarbeiter: Architekt
Beschreibung der Abbildungen.
Tafel 17—20. Wettbewerb zum
Neubau der K. Hoftheater in Stuttgart.
Entwurf »Was Ihr wollt« II. Architekt:
Professor Max Littmann in München.
Erster Preis. — Entwurf »A. H.M.N.«.
Architekt: K Moritz in Köln. Zweiter
Preis. — Entwurf »Beethoven«. Archi-
tekten: P. Schmohl & O. Staehelin in
Stuttgart. Dritter Preis. — Entwurf
»Forum Wilhelminum«. Architekt:
Professor Dr.-Ing. Bruno Schmitz in
Berlin. Angekauft. — Entwurf »Was
Ihr wollt« I. Architekten: Eisenlohr
& Weigle, Oberbauräte in Stuttgart.
»Pro artibus«. Architekt: Hans Jooß
Angekauft.
Architekt: Friedrich Kristeller
in Berlin.
in welcher sich die Familie hauptsächlich auf-
hält, maßgebend.
herrschenden Winde mußte diese nach Norden
bezw. nach Nordosten gelegt werden. Versenk¬
bare Fenster ermöglichen es von da unmittelbar
in den Garten zu gelangen; von dem erkerartigen
Ausbau der Terrasse genießt man einen be-
sonders schönen weiten Blick über den Wann¬
see. Inneres und Äußeres der Gebäude sollte
ohne Prunk gestaltet werden. Die drei Häuser
sind mit grauen Verblendsteinen verblendet.
An einzelnen Teilen sind Fenster und Türen
mit Kunststein (Muschelkalksandstein-Imitation)
umrahmt. Die Dächer sind mit roten Biberschwänzen eingedeckt. Die
Gesamtbaukosten betragen rund 240000 Mk.
Tafel 22. Stallgebäude und Gärtnerwohnung der Villa
des Herrn von Schoeller in Wien. Architekt: Professor Max
Freiherr von Ferstel in Wien.
Tafel 23. Geschäftshaus
hard in Berlin, Mohrenstraße
bau meister Alfred Salinger in
Schmohl.
Tafel 24. Erlöserkirche in Stuttgart. Architekt: Professor
Dr. Theodor Fischer in Stuttgart.
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ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
Heft 3
Wegen der am Wannsee
Portal zum Landhaus des Herrn
Adolf Schwabacher in Wannsee,
Nebenhaus zum Landhaus des Herrn
Adolf Schwabacher in Wannsee.
Landhaus des Herrn Adolf Schwabacher
in Wannsee.
Architekt: Friedrich Kristeller in Berlin.
Architekt: Friedrich Kristeller
in Berlin.
Stallgebäude und Gärtnerwohnung
der Villa des Herrn von Schoeller
in Wien.
Architekt: Professor Max Freiherr
von Ferstel in Wien.
noch auch, daß deren Verbreitung durch den Druck ein Glück für
Deutschland genannt werden könne. Ich will Ihnen zur Ergänzung
dieses diplomatisch abgefaßten Lobes mein weniger diplomatisches,
aber desto leichter verständliches Urteil nicht vorenthalten.
Gewiß ist es erfreulich, daß die Bauschulen auf die Formen-
welt der heimischen überlieferten Bauweise zurückgreifen. Übrigens
geschieht dies wie der betreffende Herr Gutachter wohl wissen wird,
nicht erst anfangsweise von der einen Schule, von der die Ent-
würfe herrühren, sondern seit Jahren und z. T. bereits mit recht
greifbaren und anerkennenswerten Erfolgen — wie auch die Fach-
ausstellungen der letzten Jahre zeigten — auf vielen deutschen Bau-
gewerkschulen in Preußen sowohl, wie in Sachsen, Bayern, besonders
auch in Darmstadt und Stuttgart. Die Hauptsache ist nun aber nicht,
daß, sondern wie wir diese Formen anwenden. Wenn wir sie nicht
ebenso oberflächlich wie die glücklich verlassenen »klassischen« sondern
ihrem Geiste nach erfassen wollen, so bleibt uns nichts übrig, als
sie an der Quelle zu studieren, an den überlieferten Bauwerken
selbst. Da darf kein unerbetener Mittler zwischen uns und den alten
Vorbildern stehen, der diese uns vorkaut und nach seiner Art mund-
gerecht macht. Sonst bleiben wir unselbständige Nachbeter und
unsre Bauten hohle Maskeraden, und es ist dann ganz einerlei, ob
wir sie wie bisher mit antiken oder jetzt mit bodenständigen Motiven
behängen. Und wenn ich nun das in Rede stehende Heft zur Hand
nehme, so sehe ich nicht etwa, wie eine Fassade sich als Aus-
druck der dahinter liegenden Bedürfnisse entwickelt hat; nicht, in
welchen Teil unsres deutschen Vaterlandes sie hineingedacht ist;
ich sehe auch nicht, wie sie als Massenbewältigung, als Gruppe
perspektivisch so hat emporwachsen müssen; ich sehe nur hübsche Motive
säuberlich aneinander gereiht und in die Fläche projiziert. Woher diese
stammen? Teils von süddeutschen oder mitteldeutschen Holzbauten, teils
von märkischen Backsteinbauten, teils auch von Ludwig Hoffmanns und
Messels Werken, teils aus der Münchner Seidl-Fischer-Schule — also be-
reits aus zweiter Hand! Eine große Vielseitigkeit fürwahr, die ihre Ein-
heitlichkeit dem bedenklichen Umstande verdankt, daß alles gleichmäßig
den Geist der Schülerarbeit atmet. Schüchtern, aber korrekt vorgetragene
Übungen fleißiger Lehrlinge der Baukunst. Nie und nimmer aber darf
die beste Lehrlingsarbeit Vorbild sein! Wenn Sie Motive brauchen, werden
Sie gut tun, dieselben Sammelwerke durchzublättern, die auch diesen Schüler-
arbeiten in durchsichtigster Weise zu Grunde liegen. Noch besser aber
ist’s, Sie gehen mit Skizzenbuch und Maßstab bewaffnet hinab auf die
Straßen, hinaus in die Dörfer — dort finden Sie alles, was Sie brauchen, und
dort werden Sie auch verstehen, warum die alten und neueren Meister es
gerade so gemacht haben und nicht anders.
Vielleicht begegnet Ihnen einmal da draußen
Ihr wohlmeinender Freund
X. Y. Z.
Angekauft. — Entwurf
(Geislingen) in Cassel.
Tafel 21. Landhaus des Herrn Adolf Schwabacher in
Wannsee. Architekt: Friedrich Kristeller in Berlin.
Der Bauherr wünschte außer der von ihm zu bewohnenden Villa eine
zweite für den zeitweiligen Aufenthalt der verheirateten Kinder, letztere,
damit er durch die Enkelkinder nicht gestört werde, möglichst entfernt von
dem Hauptgebäude. Sie enthält außer einzelnen Gastzimmern zwei
Familienwohnungen mit gemeinsamem Eßzimmer, Kinderspielzimmer und
Küche. Außerdem wurde unweit der Straße ein Gärtnerhaus mit Auto-
mobilschuppen und Zimmer für den Fahrer erbaut. Für die Grundriß-
anordnung des Hauptgebäudes war die Lage der sogenannten Terrasse,
der Firma Alexander & Bern-
54 55. Architekt: Regierungs-
Berlin. Mitarbeiter: Architekt
Beschreibung der Abbildungen.
Tafel 17—20. Wettbewerb zum
Neubau der K. Hoftheater in Stuttgart.
Entwurf »Was Ihr wollt« II. Architekt:
Professor Max Littmann in München.
Erster Preis. — Entwurf »A. H.M.N.«.
Architekt: K Moritz in Köln. Zweiter
Preis. — Entwurf »Beethoven«. Archi-
tekten: P. Schmohl & O. Staehelin in
Stuttgart. Dritter Preis. — Entwurf
»Forum Wilhelminum«. Architekt:
Professor Dr.-Ing. Bruno Schmitz in
Berlin. Angekauft. — Entwurf »Was
Ihr wollt« I. Architekten: Eisenlohr
& Weigle, Oberbauräte in Stuttgart.
»Pro artibus«. Architekt: Hans Jooß
Angekauft.
Architekt: Friedrich Kristeller
in Berlin.
in welcher sich die Familie hauptsächlich auf-
hält, maßgebend.
herrschenden Winde mußte diese nach Norden
bezw. nach Nordosten gelegt werden. Versenk¬
bare Fenster ermöglichen es von da unmittelbar
in den Garten zu gelangen; von dem erkerartigen
Ausbau der Terrasse genießt man einen be-
sonders schönen weiten Blick über den Wann¬
see. Inneres und Äußeres der Gebäude sollte
ohne Prunk gestaltet werden. Die drei Häuser
sind mit grauen Verblendsteinen verblendet.
An einzelnen Teilen sind Fenster und Türen
mit Kunststein (Muschelkalksandstein-Imitation)
umrahmt. Die Dächer sind mit roten Biberschwänzen eingedeckt. Die
Gesamtbaukosten betragen rund 240000 Mk.
Tafel 22. Stallgebäude und Gärtnerwohnung der Villa
des Herrn von Schoeller in Wien. Architekt: Professor Max
Freiherr von Ferstel in Wien.
Tafel 23. Geschäftshaus
hard in Berlin, Mohrenstraße
bau meister Alfred Salinger in
Schmohl.
Tafel 24. Erlöserkirche in Stuttgart. Architekt: Professor
Dr. Theodor Fischer in Stuttgart.
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