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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 25.1909

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Heft 12
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Das neue Rathaus in Rixdorf: Architekt: Stadtbaurat Reinhold Kiehl
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https://doi.org/10.11588/diglit.42077#0107

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ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 12

der Mittel die würdevoll-behag-
liche Stimmung alter deutscher
Rathäuser festgehalten. Auch
hier ist überall die ruhig-vor-
nehme Architektur mit liebens-
würdigen Einzelheiten mit
sinniger, teils kräftig humor-
voller Bedeutung durchsetzt.
Ein prächtig geschmiedetes
Gitter (Hofkunstschlosser Her-
mann Schulz-Rixdorf) schließt
die kleine Vorhalle des Haupt-
eingangs (S.94), deren Gewölbe
die Deutsche Glasmosaikfabrik
Puhl & Wagner mit den Sym-
bolen der Elemente, der Jahres-
zeiten u.s.w. in guter Farben-
stellung geschmückt hat. Von
da führt der Eingang zur Turm-
halle, aus der sich der Blick
in die weite zweischiffige Trep-
penhalle öffnet. Wirkungsvoll
ist hier der Gegensatz zwischen
der breiten flachgedeckten Halle
und dem schmaleren überwölb-
ten Gang daneben herausge-
arbeitet. Von dem wechsel-
vollen bildnerischen Schmuck
der Pfeiler dieser Halle gibt
unsre Abbildung auf Seite 96
eine Probe.
Breit und behäbig, von drei
Seiten voll beleuchtet, steigt

Das neue Rathaus in Rixdorf.
Krone im Stadtverordneten-Sitzungssaal. Ausführung: Gustav Lind Nachf.


feierliche Würde und trotz der
Höhe und Größe die volle Be-
haglichkeit einer alten Rats-
stube. Vier reiche, aus Messing
getriebene Kronleuchter geben
den festlichen Glanz.
Im Sitzungssaale des Magi-
strats umschließt hohes dunkles
Eichenholzgetäfel mit Nischen
für die hohen Lehnstühle den
Raum, der mit schweren eiche-
nen Tischen mit reicher Schni-
tzerei, mit Messingkronleuch-
tern und Wandschildern aus-
gestattet ist. Reizvoll sind die
holzgeschnitzten Figürchen an
den Kapitellen der die Nischen
trennenden Säulchen (S. 94).
Das Arbeitszimmer des
Oberbürgermeisters mit dem
großen Erker an der Vorder-
front ist mit Vertäfelung und
Mobiliar aus Birnbaumholz aus-
gestattet, zu dessen warmem
gelblichen Ton die grünen Vor-
hänge und die schwarzen Leder-
bezüge der Sitze vortrefflich
stimmen. Daneben liegt ein klei-
ner ovaler Raum, dessenWände
bis an die Decke vertäfelt sind,
mit eingebauten Schränken, der
als Handbibliothek und Be-
ratungszimmer dient.

des Stadtverordnetenvorstehers u. s. w. aus-

von hier aus die Haupttreppe empor, ganz in dunklem Eichen-
holz ausgeführt; die Wände sind weiß und durch große Messing-
schilder mit elektrischen Glühbirnen belebt, ein würdevoll-fest-

Das neue Rathaus in Rixdorf.
Schlußstein an einem Fenster des Erdgeschosses
in der Schönstedtstraße. Bildhauer: Josef Rauch.

ganz ein-
gehalten,
auch hier,
auf den

Das neue Rathaus in Rixdorf.
Gitter im Nebentreppenhaus. Ausführung: Ed, Puls in Berlin,

liches Bild.
Die Halle im
ersten Stock-
werkgleicht der
im Erdgeschoß.
Im Hauptge-
schoß bildet die
große, durch
zweiGeschosse
reichende Halle
mit kräftig ge-
gliederter Ei-
chenholzdecke
(Tafel 94) den
überaus stim-
mungsvollen
Vorraum zum
Stadtverordne-
tensitzungssaale.

Das neue Rathaus in Rixdorf.
Schlußstein an einem Fenster des Erdgeschosses
in der Schönstedistraße. Bildhauer: Josef Rauch.
Die Treppe führt dann in malerischer Anordnung weiter hinauf
zu der an der Langseite der Halle hin¬
laufenden und durch kleine Fenster
gegen diese abgeschlossenen Galerie,
die den Zugang zu den Tribünen
Sitzungssaales bildet.
Im gleichen Geiste sind auch
beiden Sitzungssäle ausgestattet.
vornehm-ruhiges Getäfel, an der Haupt¬
wand die Vorstands- und Magistratssitze
baldachinartig überdachend und mit
feinen Intarsien zwischen zierlich ge¬
schnitzten Säulchen geschmückt, ver¬
leiht mit der kräftigen, klar gegliederten
und reich bemalten Holzdecke und den
schweren grünen Vorhängen der hohen
Fenster dem Stadtverordnetensaale die

Mit gleicher Sorgfalt, aber entsprechend einfacher, sind
die übrigen Räume, die Bibliothek, die Zimmer des zweiten
Bürgermeisters,
gestattet. Di
Bureauräume
sind
fach
aber
wie
Fluren herrscht
künstlerisches
Empfinden in
Form und Far¬
be, das zeigt
schon die Aus¬
bildung der
Flurtüren m
ihren klaren
Aufschriften
und handlichen
Beschlägen.
Besondere
Erwähnung verdient noch die am Ende des Verwaltungsflügels
emporführende Nebentreppe mit ihrer
geschickten Führung und den reizvollen
Gittern (von Ed. Puls) in den Bogen-
öffnungen.
Die Front an der Berlinerstraße ist
rd. 22 m, die an der Schönstedtstraße
rd. 72 m lang. Die Baukosten beliefen
sich auf rd. 1450000 Mk.
Dem Entwurfsbureau, in welchem
die künstlerische Bearbeitung der Pläne
für den Rathausbau erfolgte, stand von
Oktober 1905 bis April 1908 Architekt
John Martens vor, sodann Architekt
Robert Goetze.
Die Bauleitung lag in den Händen
des Herrn Max Krech.




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