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ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
Heft 1
Villa des Herrn Professor Kühn in Reichenberg.
Blumenzimmer.
•— Zu Tafel 7. —
Architekt: Professor Max Kühn
in Reichenberg.
Tafel 7. Innenräume der Villa des Herrn Professor Kühn
in Reichenberg. Architekt: Professor Max Kühn, in Reichenberg.
Tafel 8. Altes Haus in Meersburg. Aufnahme von Emil
Den im vorliegenden Hefte abgebildeten Arbeiten des
Architekten J. H. W. L e 1 i m a n in Amsterdam reihen wir noch
die von ihm 1907 erbaute neue Haushaltungsschule in der
Gabriel Metsustraße zu Amsterdam an. Das Gebäude hat den
doppelten Zweck einer Schule und eines Internats zu erfüllen.
Das ist auch in der Architektur zum Ausdruck gebracht.
Die beiden unteren Stockwerke dienen ausschließlich
Schulzwecken und enthalten große, einfach ausgestattete Räume.
Zu ebener Erde befinden sich zwei Kleiderablagen nebst Fahr-
raddepot, zwei Schulküchen mit Speise- und Vorratskammer,
Lokal für Physik- und Chemie-Unterricht und die Internatsküche.
Das erste Stockwerk enthält die beiden Säle für Nähunterricht
und weite Räume für Bügel-und Waschunterricht mit Trocken-
zimmer und für Theoriestunden.
In diesem Stockwerk liegen auch die zur Administration
bestimmten Zimmer, ein Sprechzimmer, das allgemeine Bureau
der Schule und das Privatgemach der Direktorin. Letzteres,
an einer durch beide untere Stockwerke aufgehenden Halle
gelegen und an der Straßenseite mit einem Erker versehen,
ermöglicht eine ausgezeichnete Kontrolle. Trotz großer, so-
wohl durch Sparsamkeitsrücksichten als durch hygienische
und praktische Gründe bedingte Einfachheit ist eine fröhliche
und heitere Gesamtwirkung erzielt.
In den beiden oberen Stockwerken ist das aus etwa zwanzig Schülerinnen,
vier internen Lehrerinnen, Direktorin und Dienstpersonal bestehende Internat
der Schule untergebracht. Dieser Teil des Gebäudes zeigt, damit ihm jeder
Charakter einer Kaserne fehle, wie Internate und Pensionate ihn nur zu
die Mittel, die, mit handwerklicher Tüchtigkeit vereint, hier wie
überall, ehe die alte gesunde Tradition verlassen wurde, zu oft
klassischen Lösungen, selbst der kleinsten Bauaufgaben, bei
bescheidensten Mitteln geführt hat. Unsre Bildbeilage unter-
stützt in überzeugender Art eine glücklicherweise allseits sich
bahnbrechende Anschauung, daß neben dem Studium der
»hohen« Kunst gerade ein liebevolles Vertiefen in die scheinbar
kleinsten Aufgaben zu weiterer Gesundung unsres Bauschaffens
führen wird.
Die neue Haushaltungsschule in Amsterdam.
Eader in Stuttgart.
Meersburg wie das benachbarte Überlingen und so viele andere Plätze
am Bodensee bergen außer den weithin bekannten Lösungen von vorzüg-
licher kirchlicher und monumental-profaner Architektur (Rathäuser, Schlösser
Befestigungsanlagen) auch noch eine Fülle ausgezeichneter Motive des
Kleinwohnhausbaus. Mit bescheidensten Mitteln ist hier immer eine
stimmungsvolle, oft eine vornehme Wirkung erzielt: richtige Verteilung
der Fenster und Türöffnungen, vernünftige Gliederung durch Gesimse und
Putzfelder, am richtigen Platz ein bescheidenes Ornament, ein zierlicher
Erker, eine Wetterfahne oder ein schön geschmiedetes Gitter — das sind
Neue Haushaltungsschule in Amsterdam. Architekt: J. H. W. Lehman
Halle des Internats. in Amsterdam.
Neue Haushaltungsschule Architekt: J. H. W. Lehman
in Amsterdam. in Amsterdam.
oft besitzen, ganz die Auffassung eines großen privaten Wohnhauses. Die
Wohn- und Schlafräume sind größtenteils um eine durch die beiden Stock-
werke reichende und mit Oberlicht versehene Diele gruppiert, die wohn-
lich eingerichtet ist. An das mit einem geräumigen Erker veisehene
Wohnzimmer schließt sich eine etwa 10 m lange und 5 m breite Terrasse
an, die eine schöne Aussicht auf das Villenviertel hinter dem Reichs-
museum und auf die Stadt gewährt und den Damen des Internats in den
Erholungsstunden zum angenehmen Aufenthalt dient, die außerdem größere
Freiheit bietet, als der von andern Häusern umgebene Garten. Dieser
zeigt, im altertümlichen Charakter, eine Kombination von Zier- und Nutz-
garten und dient auch dem in der Schule gegebenen Unterricht in Pflanzen-
und Blumenzucht.
Bei dem Bau wurden zu Unterrichtszwecken eine möglichst große
Anzahl verschiedener Materialien und Konstruktionen verwendet. Fast
alle Arten von Bodenbelägen, Behandlung von Holz- und Wandbeklei-
dung u. s. w. sind angebracht. Verschiedene Beleuchtungs-, Lüftungs-,
Heizungs- und Warmwassersysteme sind zur Anwendung gekommen. —
ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
Heft 1
Villa des Herrn Professor Kühn in Reichenberg.
Blumenzimmer.
•— Zu Tafel 7. —
Architekt: Professor Max Kühn
in Reichenberg.
Tafel 7. Innenräume der Villa des Herrn Professor Kühn
in Reichenberg. Architekt: Professor Max Kühn, in Reichenberg.
Tafel 8. Altes Haus in Meersburg. Aufnahme von Emil
Den im vorliegenden Hefte abgebildeten Arbeiten des
Architekten J. H. W. L e 1 i m a n in Amsterdam reihen wir noch
die von ihm 1907 erbaute neue Haushaltungsschule in der
Gabriel Metsustraße zu Amsterdam an. Das Gebäude hat den
doppelten Zweck einer Schule und eines Internats zu erfüllen.
Das ist auch in der Architektur zum Ausdruck gebracht.
Die beiden unteren Stockwerke dienen ausschließlich
Schulzwecken und enthalten große, einfach ausgestattete Räume.
Zu ebener Erde befinden sich zwei Kleiderablagen nebst Fahr-
raddepot, zwei Schulküchen mit Speise- und Vorratskammer,
Lokal für Physik- und Chemie-Unterricht und die Internatsküche.
Das erste Stockwerk enthält die beiden Säle für Nähunterricht
und weite Räume für Bügel-und Waschunterricht mit Trocken-
zimmer und für Theoriestunden.
In diesem Stockwerk liegen auch die zur Administration
bestimmten Zimmer, ein Sprechzimmer, das allgemeine Bureau
der Schule und das Privatgemach der Direktorin. Letzteres,
an einer durch beide untere Stockwerke aufgehenden Halle
gelegen und an der Straßenseite mit einem Erker versehen,
ermöglicht eine ausgezeichnete Kontrolle. Trotz großer, so-
wohl durch Sparsamkeitsrücksichten als durch hygienische
und praktische Gründe bedingte Einfachheit ist eine fröhliche
und heitere Gesamtwirkung erzielt.
In den beiden oberen Stockwerken ist das aus etwa zwanzig Schülerinnen,
vier internen Lehrerinnen, Direktorin und Dienstpersonal bestehende Internat
der Schule untergebracht. Dieser Teil des Gebäudes zeigt, damit ihm jeder
Charakter einer Kaserne fehle, wie Internate und Pensionate ihn nur zu
die Mittel, die, mit handwerklicher Tüchtigkeit vereint, hier wie
überall, ehe die alte gesunde Tradition verlassen wurde, zu oft
klassischen Lösungen, selbst der kleinsten Bauaufgaben, bei
bescheidensten Mitteln geführt hat. Unsre Bildbeilage unter-
stützt in überzeugender Art eine glücklicherweise allseits sich
bahnbrechende Anschauung, daß neben dem Studium der
»hohen« Kunst gerade ein liebevolles Vertiefen in die scheinbar
kleinsten Aufgaben zu weiterer Gesundung unsres Bauschaffens
führen wird.
Die neue Haushaltungsschule in Amsterdam.
Eader in Stuttgart.
Meersburg wie das benachbarte Überlingen und so viele andere Plätze
am Bodensee bergen außer den weithin bekannten Lösungen von vorzüg-
licher kirchlicher und monumental-profaner Architektur (Rathäuser, Schlösser
Befestigungsanlagen) auch noch eine Fülle ausgezeichneter Motive des
Kleinwohnhausbaus. Mit bescheidensten Mitteln ist hier immer eine
stimmungsvolle, oft eine vornehme Wirkung erzielt: richtige Verteilung
der Fenster und Türöffnungen, vernünftige Gliederung durch Gesimse und
Putzfelder, am richtigen Platz ein bescheidenes Ornament, ein zierlicher
Erker, eine Wetterfahne oder ein schön geschmiedetes Gitter — das sind
Neue Haushaltungsschule in Amsterdam. Architekt: J. H. W. Lehman
Halle des Internats. in Amsterdam.
Neue Haushaltungsschule Architekt: J. H. W. Lehman
in Amsterdam. in Amsterdam.
oft besitzen, ganz die Auffassung eines großen privaten Wohnhauses. Die
Wohn- und Schlafräume sind größtenteils um eine durch die beiden Stock-
werke reichende und mit Oberlicht versehene Diele gruppiert, die wohn-
lich eingerichtet ist. An das mit einem geräumigen Erker veisehene
Wohnzimmer schließt sich eine etwa 10 m lange und 5 m breite Terrasse
an, die eine schöne Aussicht auf das Villenviertel hinter dem Reichs-
museum und auf die Stadt gewährt und den Damen des Internats in den
Erholungsstunden zum angenehmen Aufenthalt dient, die außerdem größere
Freiheit bietet, als der von andern Häusern umgebene Garten. Dieser
zeigt, im altertümlichen Charakter, eine Kombination von Zier- und Nutz-
garten und dient auch dem in der Schule gegebenen Unterricht in Pflanzen-
und Blumenzucht.
Bei dem Bau wurden zu Unterrichtszwecken eine möglichst große
Anzahl verschiedener Materialien und Konstruktionen verwendet. Fast
alle Arten von Bodenbelägen, Behandlung von Holz- und Wandbeklei-
dung u. s. w. sind angebracht. Verschiedene Beleuchtungs-, Lüftungs-,
Heizungs- und Warmwassersysteme sind zur Anwendung gekommen. —