1909
ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
Heft 6
Arbeiterkolonie Einswarden. (Zu Tafel 41 u. 42.)
Seelze. Die Heimstättenbaugenossenschaft Hannover, e. G. m. b. H.,
läßt zur Zeit in Seelze bei Hannover einen größeren Komplex von Woh-
nungen errichten. Geplant war zunächst eine Anzahl von Sechsfamilien-
häusern als Reihenhäuser. Die Architekten machten darauf den Gegenvor-
schlag, eine Reihe von Einzelhäusern an Stelle der gedrängten Reihenhäuser
zu bauen, dann, als dieser Vorschlag nicht durchging, wenigstens die ein-
zelnen Wohnungen durch zwei getrennte Treppenaufgänge abzusondern,
um doch einigermaßen freies Wohnen für die einzelnen Mieter zu er-
reichen. So entstand die jetzige Anlage, bestehend aus 8 Vier-, 10 Sechs-
familienhäusern, 1 Siebenfamilienhaus, 2 Zwölffamilienhäusern und einer
Gruppe von 7 Einfamilienhäusern, die als Reihenhäuser gebaut werden.
In allen Wohnungen ist eine Wohnküche mit Spülküche, in der sich
zugleich auch das Bad befindet, vorgesehen, weil sich die Familien doch
meist in der Küche aufhalten, schon um die Wärme des Herdes im
Winter auszunutzen. Für die Schmutzarbeit ist ein kleiner Nebenraum,
die Spülküche, vorgesehen, in welcher sich neben dem Bad auch ein
Waschkessel und ein Ausguß befinden. Das Äußere der Bauten ist ein-
fach und zweckentsprechend: getönter Rauhputz, weißgestrichene Fenster,
rotes, unglasiertes Pfannendach, die mit grünem Busch- und Rankenwerk
ein farbenfreudiges, harmonisches Bild abgeben werden. Von der ganzen
Anlage sind bis jetzt 7 Vier-, 7 Sechs- und 2 Zwölffamilienhäuser ausgeführt.
Stendal. Auch bei diesen Entwürfen, die zu einem Wettbewerb
für Häuser mit kleinen Wohnungen für den »Spar- und Bauverein von
Eisenbahnbediensteten in Stendal«
entstanden, handelte es sich nach
dem Ausschreiben im wesentlichen
um Etagenhäuser. Die Verfasser
umgingen dies wie in Seelze und
schlugen eine Reihe von Ein¬
familienhäusern vor. Trotz der
unbedingten Vorzüge der Ein¬
familienhäuser für die Bewohner
und der besseren Rentabilität bei
den gleichen Baukosten für den
Besitzer gelang es nicht, den Bau¬
verein für diesen Vorschlag zu er¬
wärmen, so daß er unausgeführt
blieb.
Woltmershausen. Auch
für die Arbeiterkolonie Woltmers¬
hausen wurde eine Reihenhaus¬
gruppe mit Wohn- und Spülküche
geplant. Die Anlage ist aber über¬
haupt nicht zur Ausführung ge¬
langt.
Die Kolonie Einswarden
an der Unterweser ließ die Eins-
wardnerBaugesellschaftin Bremer¬
haven errichten. In ihrer ganzen
Anlage besteht sie aus 88 Doppel¬
häusern, wovon bis jetzt 36 mit
insgesamt 72 Wohnungen gebaut
sind. Bei der Bebauung blieben
zunächst die Grundstücke links
und rechts von der bestehenden
großen Verkehrsstraße zwischen
Nordenham und dem Hafen von
Blexen unbebaut liegen da sich
diese späterhin bei der ganzen
Entwicklung der Kolonie ihrer bevorzugten Lage
wegen für Geschäftszwecke besonders gut eignen
werden. Bei der Anlage der Straßen ist beson-
derer Wert auf die beste Lage der Wohnräume
gelegt. Die einzelnen Straßenzüge führen deshalb
möglichst von Süd nach Nord, so daß die Wohn-
räume nach Ost oder West liegen. Durch ge-
schickte Gruppierung der einzelnen Doppelhäuser
zu einander ist ein abwechslungsreiches, ge-
schlossenes Straßenbild der Siedlung erreicht.
Die einzelnen Grundstücke haben durchschnittlich
eine Größe von 400 qm. Die Grundidee der An-
lage entspricht etwa den Zielen der Deutschen
Gartenstadt-Gesellschaft, welche ebenfalls auf
wohlfeilem Gelände Wohnsiedlungen schaffen
will, die ihren Bewohnern bei billigem Mietpreise
ein eigenes Heim mit größerem Garten bieten.
Jedes Haus enthält Wohnküche mit Spülküche
und eine kleine Kammer im Erdgeschoß und 2
bis 3 Schlafräume im Dachgeschoß, dazu gehört
ein kleiner freistehender Stall. Die Einführung
der Wohn- und Spülküche erwies sich hier in
größerem Maßstabe als praktisch durchführbar
und gerechtfertigt. — Die Firma H. Wagner,
Lotz & Schacht lieferte die Pläne für die ganze
Siedlung wie für die einzelnen Wohnhäuser; da
aber die Ausführung der Anlage nicht in ihren
Händen lag, so ist manches nicht im Sinne der
Verfasser ausgeführt worden.
Unterweser. Die Zeichnungen und Pläne
für die Metallwerke Unterweser sind aus einem
engeren Wettbewerb zum Bau einer Wohnsied-
lung für Beamte und Arbeiter entnommen. Die
Arbeiterwohnungen zeigen das Prinzip der Wohn-
küche und die besseren, größeren Wohnungen die
Wohndiele als Mittelraum. Das Äußere der Ge-
bäude ist schlicht und einfach, bevorzugt große Formen und paßt sich
dem niedersächsischen Charakter gut an. Im Gegensatz zu der Anlage
in Einswarden ist hier bei den Arbeiterwohnhäusern das Stallgebäude an
das große Gebäude angebaut.
Rathenow. Die vom Beamten-Wohnungsbauverein zu Rathenow
den Architekten H. Wagner, Lotz & Schacht übertragene Bauanlage zeigt
den geschlossenen Baukomplex eines Eckgrundstücks, bestehend aus drei
Häusern, in denen 20 Wohnungen, 12 Wohnungen für Arbeiter und
8 Wohnungen für Beamte, untergebracht sind. Die Kleinwohnungen haben
je eine Wohnstube mit eingebautem Herdplatz, eine angrenzende Spülküche
mit Bad und kleinem Waschofen, eine Speisekammer, Speiseschrank, dazu
eine kleine Loggia und Abort und eine größere Schlafstube. Bei den
größeren 3- und 4-Zimmerwohnungen ist von einer Wohnküche abgesehen
und die Küche deshalb in ihren Abmessungen kleiner gehalten worden;
als Nebenräume besitzen sie ein Bad und einen geräumigen Flur, die
zusammen mit der Abortanlage von dem Lichthof in der Mitte Licht und
Luft genug erhalten. Da die Baukosten möglichst niedrig gehalten werden
mußten, sind die Fassaden möglichst einfach gestaltet und gefälliges Aus-
sehen durch die große, geschlossene Form, durch ansprechende Teilung
der Fenster und durch einfache Lisenenteilung angestrebt. Das ganze
Grundstück einschließlich Vorgarten hat eine Größe von 750 qm, bebaut
werden davon 449,63 qm zu einem Gesamtpreis von rund 95000 Mk. Mit
der Ausführung wird im Frühjahr begonnen.
Arbeiterkolonie Einswarden. (Zu Tafel 41 u. 42.) Architekten: H. Wagner, Lotz & Schacht in Bremen.
ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
Heft 6
Arbeiterkolonie Einswarden. (Zu Tafel 41 u. 42.)
Seelze. Die Heimstättenbaugenossenschaft Hannover, e. G. m. b. H.,
läßt zur Zeit in Seelze bei Hannover einen größeren Komplex von Woh-
nungen errichten. Geplant war zunächst eine Anzahl von Sechsfamilien-
häusern als Reihenhäuser. Die Architekten machten darauf den Gegenvor-
schlag, eine Reihe von Einzelhäusern an Stelle der gedrängten Reihenhäuser
zu bauen, dann, als dieser Vorschlag nicht durchging, wenigstens die ein-
zelnen Wohnungen durch zwei getrennte Treppenaufgänge abzusondern,
um doch einigermaßen freies Wohnen für die einzelnen Mieter zu er-
reichen. So entstand die jetzige Anlage, bestehend aus 8 Vier-, 10 Sechs-
familienhäusern, 1 Siebenfamilienhaus, 2 Zwölffamilienhäusern und einer
Gruppe von 7 Einfamilienhäusern, die als Reihenhäuser gebaut werden.
In allen Wohnungen ist eine Wohnküche mit Spülküche, in der sich
zugleich auch das Bad befindet, vorgesehen, weil sich die Familien doch
meist in der Küche aufhalten, schon um die Wärme des Herdes im
Winter auszunutzen. Für die Schmutzarbeit ist ein kleiner Nebenraum,
die Spülküche, vorgesehen, in welcher sich neben dem Bad auch ein
Waschkessel und ein Ausguß befinden. Das Äußere der Bauten ist ein-
fach und zweckentsprechend: getönter Rauhputz, weißgestrichene Fenster,
rotes, unglasiertes Pfannendach, die mit grünem Busch- und Rankenwerk
ein farbenfreudiges, harmonisches Bild abgeben werden. Von der ganzen
Anlage sind bis jetzt 7 Vier-, 7 Sechs- und 2 Zwölffamilienhäuser ausgeführt.
Stendal. Auch bei diesen Entwürfen, die zu einem Wettbewerb
für Häuser mit kleinen Wohnungen für den »Spar- und Bauverein von
Eisenbahnbediensteten in Stendal«
entstanden, handelte es sich nach
dem Ausschreiben im wesentlichen
um Etagenhäuser. Die Verfasser
umgingen dies wie in Seelze und
schlugen eine Reihe von Ein¬
familienhäusern vor. Trotz der
unbedingten Vorzüge der Ein¬
familienhäuser für die Bewohner
und der besseren Rentabilität bei
den gleichen Baukosten für den
Besitzer gelang es nicht, den Bau¬
verein für diesen Vorschlag zu er¬
wärmen, so daß er unausgeführt
blieb.
Woltmershausen. Auch
für die Arbeiterkolonie Woltmers¬
hausen wurde eine Reihenhaus¬
gruppe mit Wohn- und Spülküche
geplant. Die Anlage ist aber über¬
haupt nicht zur Ausführung ge¬
langt.
Die Kolonie Einswarden
an der Unterweser ließ die Eins-
wardnerBaugesellschaftin Bremer¬
haven errichten. In ihrer ganzen
Anlage besteht sie aus 88 Doppel¬
häusern, wovon bis jetzt 36 mit
insgesamt 72 Wohnungen gebaut
sind. Bei der Bebauung blieben
zunächst die Grundstücke links
und rechts von der bestehenden
großen Verkehrsstraße zwischen
Nordenham und dem Hafen von
Blexen unbebaut liegen da sich
diese späterhin bei der ganzen
Entwicklung der Kolonie ihrer bevorzugten Lage
wegen für Geschäftszwecke besonders gut eignen
werden. Bei der Anlage der Straßen ist beson-
derer Wert auf die beste Lage der Wohnräume
gelegt. Die einzelnen Straßenzüge führen deshalb
möglichst von Süd nach Nord, so daß die Wohn-
räume nach Ost oder West liegen. Durch ge-
schickte Gruppierung der einzelnen Doppelhäuser
zu einander ist ein abwechslungsreiches, ge-
schlossenes Straßenbild der Siedlung erreicht.
Die einzelnen Grundstücke haben durchschnittlich
eine Größe von 400 qm. Die Grundidee der An-
lage entspricht etwa den Zielen der Deutschen
Gartenstadt-Gesellschaft, welche ebenfalls auf
wohlfeilem Gelände Wohnsiedlungen schaffen
will, die ihren Bewohnern bei billigem Mietpreise
ein eigenes Heim mit größerem Garten bieten.
Jedes Haus enthält Wohnküche mit Spülküche
und eine kleine Kammer im Erdgeschoß und 2
bis 3 Schlafräume im Dachgeschoß, dazu gehört
ein kleiner freistehender Stall. Die Einführung
der Wohn- und Spülküche erwies sich hier in
größerem Maßstabe als praktisch durchführbar
und gerechtfertigt. — Die Firma H. Wagner,
Lotz & Schacht lieferte die Pläne für die ganze
Siedlung wie für die einzelnen Wohnhäuser; da
aber die Ausführung der Anlage nicht in ihren
Händen lag, so ist manches nicht im Sinne der
Verfasser ausgeführt worden.
Unterweser. Die Zeichnungen und Pläne
für die Metallwerke Unterweser sind aus einem
engeren Wettbewerb zum Bau einer Wohnsied-
lung für Beamte und Arbeiter entnommen. Die
Arbeiterwohnungen zeigen das Prinzip der Wohn-
küche und die besseren, größeren Wohnungen die
Wohndiele als Mittelraum. Das Äußere der Ge-
bäude ist schlicht und einfach, bevorzugt große Formen und paßt sich
dem niedersächsischen Charakter gut an. Im Gegensatz zu der Anlage
in Einswarden ist hier bei den Arbeiterwohnhäusern das Stallgebäude an
das große Gebäude angebaut.
Rathenow. Die vom Beamten-Wohnungsbauverein zu Rathenow
den Architekten H. Wagner, Lotz & Schacht übertragene Bauanlage zeigt
den geschlossenen Baukomplex eines Eckgrundstücks, bestehend aus drei
Häusern, in denen 20 Wohnungen, 12 Wohnungen für Arbeiter und
8 Wohnungen für Beamte, untergebracht sind. Die Kleinwohnungen haben
je eine Wohnstube mit eingebautem Herdplatz, eine angrenzende Spülküche
mit Bad und kleinem Waschofen, eine Speisekammer, Speiseschrank, dazu
eine kleine Loggia und Abort und eine größere Schlafstube. Bei den
größeren 3- und 4-Zimmerwohnungen ist von einer Wohnküche abgesehen
und die Küche deshalb in ihren Abmessungen kleiner gehalten worden;
als Nebenräume besitzen sie ein Bad und einen geräumigen Flur, die
zusammen mit der Abortanlage von dem Lichthof in der Mitte Licht und
Luft genug erhalten. Da die Baukosten möglichst niedrig gehalten werden
mußten, sind die Fassaden möglichst einfach gestaltet und gefälliges Aus-
sehen durch die große, geschlossene Form, durch ansprechende Teilung
der Fenster und durch einfache Lisenenteilung angestrebt. Das ganze
Grundstück einschließlich Vorgarten hat eine Größe von 750 qm, bebaut
werden davon 449,63 qm zu einem Gesamtpreis von rund 95000 Mk. Mit
der Ausführung wird im Frühjahr begonnen.
Arbeiterkolonie Einswarden. (Zu Tafel 41 u. 42.) Architekten: H. Wagner, Lotz & Schacht in Bremen.