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Das Artemision in römischer und byzantinischer Zeit

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Baues verwendet wurden. Beim Bau der
Kirche wurden sie dann in die Pfeiler in-
tegriert. Die Apsis der Kirche ist bislang
nicht entdeckt worden (Abb. 30, 50).

Die Kirchenpfeiler hatten eine Größe
von etwa 3 X 4,40 m, die östlichen Eck-
pfeiler waren größer. An jeder Längs-
wand standen acht Pfeiler. Die Spann-
weite dieser Pfeiler betrug etwa 15 m,
somit kann diese Kirche als eine der
größten von Ephesos gelten. Bislang
wurde u. a. ein Kämpferkapitell (Säulen-
durchmesser 0,53 m) geborgen (Abb.
72). Ob die zugehörigen Säulen mit dar-
aufsitzenden Bögen im Obergeschoß
oder als innere Säulenreihe aufgestellt
waren, kann noch nicht entschieden wer-
den. Es gibt bisher keine Hinweise auf
das Patrozinium dieser Kirche; da der
Tempel selbst aber 1000 Jahre einer Göt-
tin geweiht war, wird man vermuten
dürften, daß dies eine Kirche der hl.
Maria war. Der Marienkult in Ephesos,
sei es in der Marienkirche in der Hafen-
ebene oder dem sog. Marienhaus in Me-
ryemana, hat bis zum heutigen Tag eine
lebendige Tradition, die ohne den Kult
der Artemis nicht verständlich wäre.

Abb. 69 Tempel und Altar, schematische
Perspektive. Blick von Nordwesten auf den
nach Westen offenen Altarhof. Eingetragen
ist die Blickrichtung des Priesters, der vor
der Eschara (Brandopferherd) steht. Er
blickte sowohl auf die Kultstatue nach Süden
als auch nach Osten über die Altarumfas-
sung hinweg in den Tempelgiebel, in dessen
Mitteltür vielleicht eine Erscheinung der
Göttin (Epiphanie) stattfand.

Abb. 70 Vereinfachte Rekonstruktion des
spätklassischen Tempels aus Holz, vom
Modell der Stadt Ephesos im Wiener Ephe-
sos-Museum. Deutlich zu erkennen sind die
drei Öffnungen im Giebel.

Abb. 71 Marmorner Kopf einer Göttin, ge-
funden 1991 an der Nordseite im Schutt des
Hofes des römischen Podiumstempels. Der
Kopf war in eine Statue eingesetzt, vielleicht
handelte es sich um die Darstellung der Göt-
tin Diana. Das Photo zeigt den Kopf direkt
nach seiner Auffindung.

Abb. 72 Kämpfer mit darunter angearbei-
tetem ionischem Kapitell. Gefunden 1991 im
Norden des Tempelareals, bereits von Wood
oder Hogarth ausgegraben. Das Kapitell
liegtjetzt auf einem Kirchenpfeiler der Nord-
seite. An den Kirchenpfeiler links anschlie-
ßend und hinter ihm durchlaufend sind die
in situ liegenden Platten des Fußbodens des
archaischen Tempels sichtbar. Dahinter
steht das Fragment eines ionischen Kapitells
mitgroßem Hebeloch vom Tempel des 4. Jhs.
v. Chr.

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