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Mykene im Artemision

Das Heiligtum und seine Umgebung in der späten Bronzezeit

«Das Heiligtum des Apollon in Didyma
und das Orakel ist älter als die Einwande-
rung der Ionier. Viel älter aber noch als
die Ionier ist der Kult der ephesischen
Artemis.»

Pausanias VII 2,4; Übersetzung E. Meyer

Die archäologisch erfaßbare Geschichte
des Mäander- und Kaystertales setzt im
Spätchalkolithikum (5000-3600 v. Chr.)
und der älteren Bronzezeit (ab etwa
3600-1700 v. Chr.) ein. Im 2. Jt. v. Chr.
war West- und Südwestkleinasien bereits
von den Minoern besiedelt. Dies geht aus
den mittel- und spätminoischen Funden
beim Athenatempel von Milet und aus
Iasos hervor. Nach 1450 v. Chr. begin-
nen die Mykener die minoischen Sied-
lungsplätze zu okkupieren. Seit der älte-
ren Bronzezeit existierte eine einigerma-
ßen homogene Kultur, die nach dem
Grabungsplatz im oberen Mäandertal
Beycesultankultur benannt wurde. Neben
mehreren Plätzen im Mäander- und Kay-
stertal gibt es Funde dieser Kultur auch
unweit der heutigen Hotelanlage <Ku§tur>
südlich von Ephesos und sogar auf
Samos. Allerdings stehen die beim Fe-
riendorf <Ku§tur> gefundenen Gefäße der
Kultur von Samos näher als der klein-
asiatischen. Dieser wichtige Fundplatz
wurde von H. Gürgay 1977 entdeckt, die
prähistorischen Gefäße befinden sich im
Museum von Selguk. Der Hügel, der
direkt am Meer liegt, wurde erst wieder
im Hellenismus bebaut. An seinem Ost-
abhang steht ein Tumulus mit Rustika-
mauer.

Hethiter und Mykener

Die für die ephesische Topographie der
Spätbronzezeit aufschlußreichsten Texte
sind in den Annalen des Hethiterkönigs
Mursili II. (reg. 1340-1309 v. Chr.) mit
seinem Kriegszug gegen Arzawa enthal-
ten. Arzawa war in jenen Jahren ein
mächtiges Land in Westkleinasien. Es lag
zwischen Ahhiyawa und dem Hethiter-

Abb. 21 Krater aus dem spätmykenischen
Grab beim Tor der Verfolgung am Aufgang
zur Johannesbasilika in Selguk.

reich und dürfte kulturell und ökono-
misch anfangs von Kreta, später von den
Mykenern abhängig gewesen sein. An
den hethitischen Einfluß erinnern die
Felsreliefs vom Berge Sipylos bei Ma-
gnesia und von Karabel bei Izmir. Wäh-
rend es minoische Überreste vor allem in
Milet und Iasos gibt, fmden sich mykeni-
sche im gesamten Küstenbereich.

Die antiken literarischen Quellen zur
mykenischen Epoche für das Gebiet von
Ephesos sind mager. Noch Strabon (XIV
C 639) berichtet, daß Agamemnon in Py-
gela einen Tempel der Artemis Munichia
gegründet und ein Teil seiner Truppen
dort gewohnt habe. Pygela ist wahr-
scheinlich das heutige Ku§adasi, also
etwa 20 km südlich von Ephesos gelegen,
direkt gegenüber von Samos.

Die beiden wichtigsten spätbronzezeit-
lich-mykenischen Plätze in der Umge-
bung von Ephesos sind der Ilicatepe bei
Ku§adasi und Büyükkale. Der Büyükkale

liegt im Kaystertal etwas östlich von Hal-
kapinar. Dieses Dorf ist auf einer Stich-
straße von der Straße Belevi - Tire zu er-
reichen. Die Festung selbst liegt auf
einem malerischen, steilen Felsen. Ein
Großteil der Burg ist von hellenistischen
Mauern umschlossen, nur an der West-
und Nordseite sind größere Teile der Ky-
klopenmauer erhalten geblieben.

Der Ilicatepe dagegen ist schon seit
Heinrich Kiepert bekannt, der ihn mit
dem von Strabon (XIV C 639) erwähnten
Neapolis identifizieren wollte. Dies
scheint aber wenig wahrscheinlich. Auch
Theodor Wiegand und Hans Schrader
sowie später Josef Keil haben von dem
befestigten Hügel gewußt, ihn aber als
altkarisch bezeichnet. Er liegt gleich an
der Straße von Ku§adasi nach Söke,
knapp vor der Abzweigung nach Davut-
lar. Die Mauern sind von der Straße her
erkennbar, sie umschließen vor allem die
Nord- und Westseite der Hügelkrone.
 
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