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Bartels, Johann Heinrich; Dieterich, Johann Christian; Dieterich, Johann Christian [Hrsg.]; Bartels, Claes [Bearb.]; Riepenhausen, Ernst Ludwig [Bearb.]
Briefe über Kalabrien und Sizilien (Theil 1): Reise von Neapel bis Reggio in Kalabrien — Göttingen: Dieterich, 1791 [VD18 90408470]

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https://doi.org/10.11588/diglit.53497#0324
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258 Kosentiner Kleidung und Sitten.
ihres Körpers keinen nachteiligen Einfluß zu hoben.
Der Mann spilt hier die erste Rolle, das Weib ist
ihm untertan und seine Sklavin. Bei jeder Gelegen-
heit ruft er's ihr in's Gedächtnis zurük, daß sie eine
Stusse unter ihm stehe. Sitten und Gewonheiten des
Landes zilen dahin, und National-Vergnügungen sind
eine neue Wiederholung davon: Wo ich hin und wieder
fröliche Gelage sah, waren nie Weiber dabei, sie müssen
immer den Geschäften des Hauses obligen, und werden
selbst höchst selten zu Feldarbeiten gebraucht: die Ur-
sache davon ist, weil der Mann einen gewissen Vorzug
in dem Feldöaue sezt, und weil er alles sorgfältig von
dem weiblichen Geschlechte zu entfernen scheint, wodurch
es in gewisse Verbindungen kommen könnte, die ihm
ben Weg zu größern Freiheiten bauen würden. Keret
ein Weib von irgend einer Arbeit mit dem Manne heim,
so gehet sie immer hinterher, und ist wie ein Pakese!
beladen, da hingegen der starke Kerl stolz voraus trabt.
Ich weiß es selbst, daß das Weib, wie eine Magd,
ihrem Mann einen Esel oder andre Geräte nachbringen
mußte, und er schikte ße dann wieder bepakt heim. Der
Mann grüßt hier fast beständig, das Weib hingegen
nie, und selbst dann, wenn Sie sie grüßen, lacht ste
und gehet fort. Bei aller ihrer Wildheit haben die
Menschen, wenn man sich ihnen nähert, viel Offenher-
zigkeit und Zutrauen in ihrem Wesen: besonders war
mir die Bemerkung auffallend, daß sobald sie mit etwas
Innigkeit sprechen, ste jeden, wer er auch sei, du, an-
reden.
 
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