4 Klassifikation psychischer Störungen
äußerlichen, leicht erkennbaren (manifesten) Kriterien aufgebaut, wird von einem
„künstlichen" System gesprochen, weil es nicht auf grundlegenden (naturgegebenen)
Kriterien aufbaut. Dagegen basiert ein „natürliches" System auf grundlegenden, mei-
stens nur latent erfaßbaren Kriterien. Das periodische System der chemischen Elemente,
das auf dem Atomgewicht der Elemente beruht, ist eine solche natürliche Taxonomie.
Die für die Bildung einer Taxonomie herangezogenen Kriterien sind die Einteilungs-
gründe der Systematik (zur Begrifflichkeit vgl. Millon, 1991; Mombour, 1977; Wittchen
& Lachner, 1996).
Allgemein kann man zwischen kategorialen, dimensionalen und typologischen Sy-
stematiken unterscheiden, die jeweils von unterschiedlichen Auffassungen über Ziele
und Methoden einer Klassifikation ausgehen und die sich außerdem durch ihre meta-
theoretischen Annahmen über die „Natur" der zu klassifizierenden Phänomene unter-
scheiden. Die Extrempositionen werden einerseits von dem kategorialen und anderer-
seits vom dimensionalen Ansatz gebildet. Der grundlegende Unterschied zwischen bei-
den Ansätzen liegt darin, daß im ersten angenommen wird, daß sich die zugrundeliegen-
den Phänomene qualitativ unterscheiden (echt alternativ unterschiedlich sind). Im zwei-
ten dagegen werden sie als quantitativ unterschiedlich aufgefaßt (unterscheidbar nach
Intensität und Häufigkeit). Typologische Systematiken stellen eine Mittelkategorie dar,
da sie auf der Basis sowohl von qualitativ wie von quantitativ unterscheidbaren Merk-
malsklassen erstellt werden können.
4.2.2 Kategoriale Systematiken
Kategoriale Systematiken gehen davon aus, daß die einzuteilenden Erscheinungen in
eindeutig voneinander zu trennende Klassen eingeordnet werden können. Diese „klassi-
sche Sicht" der Taxonomie basiert auf zwei Armahmen (vgl. Cantor, Smith, French &
Mezzich, 1980):
Eine Klasse oder Kategorie wird durch eine kleine Zahl von im einzelnen
notwendigen und gemeinsam hinreichenden Merkmalen definiert; jede
Erscheinung, die diese Merkmale aufweist, ist der Klasse zugehörig. Mit anderen
Worten ist jedes der „definierenden Merkmale" eine notwendige Bedingung für die
Klassenzugehörigkeit, andererseits muß die Gesamtheit der definierenden
Merkmale ausreichen, um eine eindeutige Klassenzuordnung vornehmen zu
können.
Um es am Beispiel des Quadrates zu erläutern: Unter zweidimensionalen geometri-
schen Gebilden sind Quadrate durch vier notwendige und hinreichende Merkmale
gekennzeichnet: vier Seiten, vier Winkel, alle Seiten sind gleich lang, alle Winkel
sind gleich groß.
Für die pathopsychologische Klassifikation enthält die obige Annahme einige wich-
tige Implikationen: Es muß gewährleistet sein, daß
198
äußerlichen, leicht erkennbaren (manifesten) Kriterien aufgebaut, wird von einem
„künstlichen" System gesprochen, weil es nicht auf grundlegenden (naturgegebenen)
Kriterien aufbaut. Dagegen basiert ein „natürliches" System auf grundlegenden, mei-
stens nur latent erfaßbaren Kriterien. Das periodische System der chemischen Elemente,
das auf dem Atomgewicht der Elemente beruht, ist eine solche natürliche Taxonomie.
Die für die Bildung einer Taxonomie herangezogenen Kriterien sind die Einteilungs-
gründe der Systematik (zur Begrifflichkeit vgl. Millon, 1991; Mombour, 1977; Wittchen
& Lachner, 1996).
Allgemein kann man zwischen kategorialen, dimensionalen und typologischen Sy-
stematiken unterscheiden, die jeweils von unterschiedlichen Auffassungen über Ziele
und Methoden einer Klassifikation ausgehen und die sich außerdem durch ihre meta-
theoretischen Annahmen über die „Natur" der zu klassifizierenden Phänomene unter-
scheiden. Die Extrempositionen werden einerseits von dem kategorialen und anderer-
seits vom dimensionalen Ansatz gebildet. Der grundlegende Unterschied zwischen bei-
den Ansätzen liegt darin, daß im ersten angenommen wird, daß sich die zugrundeliegen-
den Phänomene qualitativ unterscheiden (echt alternativ unterschiedlich sind). Im zwei-
ten dagegen werden sie als quantitativ unterschiedlich aufgefaßt (unterscheidbar nach
Intensität und Häufigkeit). Typologische Systematiken stellen eine Mittelkategorie dar,
da sie auf der Basis sowohl von qualitativ wie von quantitativ unterscheidbaren Merk-
malsklassen erstellt werden können.
4.2.2 Kategoriale Systematiken
Kategoriale Systematiken gehen davon aus, daß die einzuteilenden Erscheinungen in
eindeutig voneinander zu trennende Klassen eingeordnet werden können. Diese „klassi-
sche Sicht" der Taxonomie basiert auf zwei Armahmen (vgl. Cantor, Smith, French &
Mezzich, 1980):
Eine Klasse oder Kategorie wird durch eine kleine Zahl von im einzelnen
notwendigen und gemeinsam hinreichenden Merkmalen definiert; jede
Erscheinung, die diese Merkmale aufweist, ist der Klasse zugehörig. Mit anderen
Worten ist jedes der „definierenden Merkmale" eine notwendige Bedingung für die
Klassenzugehörigkeit, andererseits muß die Gesamtheit der definierenden
Merkmale ausreichen, um eine eindeutige Klassenzuordnung vornehmen zu
können.
Um es am Beispiel des Quadrates zu erläutern: Unter zweidimensionalen geometri-
schen Gebilden sind Quadrate durch vier notwendige und hinreichende Merkmale
gekennzeichnet: vier Seiten, vier Winkel, alle Seiten sind gleich lang, alle Winkel
sind gleich groß.
Für die pathopsychologische Klassifikation enthält die obige Annahme einige wich-
tige Implikationen: Es muß gewährleistet sein, daß
198