An unsere geehrten Abonnenten.
Ta im gegenwärtigen Hefte der Roman „Um fremdes Glück" rum Gustav Schollwöck schließt, wird im nächsten vierzehnten Heft ein neuer hiichst spannender Roman
„Dio Macht des Vouurtbeils" ans der Feder unseres so sehr beliebten Mitarbeiters Ur. Friedrich Friedrich beginnen. Wir machen unsere geehrten Leser hierdurch besonders
auf dieses ausgezeichnete Werk aufmerksam. Die Redaktion des Buchs für Alle.
die
Dcr Mikado Mu;chito don Japau.
Nach einer Photographie gezeichnet von C. Kolb. (S, 295.)
Ich werde mit meiner Tochter das Gut verlassen, sobald ich
eine Passende Wohnung gefunden habe, ist das geschehen, so
stelle ich Ihr Erbe Ihnen zur Verfügung. Wollen Sie es.
auch dann nicht übernehmen, so mögen Sie es einem An-
deren übertragen, keinesfalls aber würde es den Inten-
tionen Ihres ehrenvollen Bruders entsprechen, wenn das
Stammgut der Familie v. Stuckmann in fremde Hände
fiele. Ich gehe, Herr Oberst, aber ich nehme die Hoff-
nung mit mir, daß Sie bei reiflichem Nachdenken sich
eines Besseren besinnen und einen anderen Entschluß
fassen werden."
Der Oberst verbeugte sich schweigend, Siegfried reichte
seiner Taute den Arni und führte sie hinaus.
„Ich Hütte Ihnen das Voraussagen können, gnädige
Frau," versetzte er, als sie das Zimmer verlassen hatten;
„die Mittheilung kam zu plötzlich, zu überraschend, und
Papa besitzt ein heftiges, aufbrausendes Temperament,
durch das er nur zu leicht sich zu einem unüberlegten
Entschluß verleiten läßt."
„Wohl," erwiederte die Generalin mit
erzwungener Ruhe, „es lag in seinem freien
Willen, ob er das Erbe annehmeu wollte oder
nicht, aber er hätte nicht das Recht, seinen
Bruder zu beschimpfen. Suchen Sic ihn zu
einem anderen Entschluß zu bewegen, es
liegt ja auch in Ihrem Interesse, schon Ihret-
wegen darf er auf das Erbe nicht verzichten."
„Sie haben gehört, daß er diese Rück-
sichten nicht anerkennt."
„Er muß sic anerkennen, und es ist Ihre
Pflicht, ihn darauf aufmerksam zu machen.
Ich hoffe und erwarte, daß unsere freund-
schaftlichen Beziehungen dadurch nicht ge-
trübt worden sind," fuhr sie mit herzlicher
Vertraulichkeit fort, während sie dem jungen
Manne die Hand bot und ihm treuherzig
in's Auge schaute, „und da Sie nun Wohl
einsehen, daß wir Sie hier nicht besuchen
können, so erwarte ich Sie bald wieder bei
mir, meine neue Wohnung soll Ihnen mit-
getheilt werden, sobald ich sie bezogen habe."
Sie stieg in den Wagen und nickte ihm
-Xs-xMEv noch einmal zu, dann befahl sie dem Rutscher,
nach Hause zu fahren.
Als Siegfried in das Zimmer zurück-
kehrte, wanderte der Oberst in heftiger Er-
regung mit großen Schritten auf und nieder.
Beini Eintritt seines Sohnes blieb er
stehen.
„Was führte Dich heute wieder mit der
Generalin zusammen?" fragte er in einem
keineswegs freundlichen Tone.
„Ich war heute morgen hinbeordert wor-
den," ^erwiederte Siegfried ruhig, ohne vor
dcnr strengen, fast drohenden Blick des
Vaters die Augen niederzuschlagen. „Der
alte Gärtner, den Dn vielleicht auch noch
gekannt hast, hat sich das Leben genommen,
die Generalin wünschte eine gerichtliche Unter-
suchung."
„Aus welchem Grunde?"
„Um sich, Ivie sie behauptete, beruhigende
Gewißheit zu verschaffen."
„Also hegte sie einen Verdacht," sagte
Die Hand der llemesis.
Roman
von
Kwald August König.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
„Sie dürfen es nicht, Herr Oberst!" erwiederte
Generalin.
„Wer wollte mich daran hindern?"
„Rücksichten, die —"
„Ich crrathe die Antwort, die Sic mir
geben wollen, und erlaube mir, Ihnen zu
bemerken, daß die Rücksichten, auf die Sie
mich aufmerksam zu machen gedenken, eben-
falls keinen Einfluß auf meine Entscheidung
haben. Geben Sie sich weiter keine Mühe,
gnädige Frau, nachdem das Testament so
lange vergessen war, mag eS auch vergessen
bleiben."
Die Generalin hatte das Haupt erhoben,
auch auS ihren Augen leuchtete jetzt ein
eigensinniger Trotz.
„Es ist nicht meine Schuld, daß das
Dokument erst nach 19 Jahren gefunden
wurde," erwiederte sie, und der Ton ihrer
Stimme klang noch herber; „eine Schuld
kann in diesen! Punkte überhaupt Niemand
treffen. Und wenn Sie das Testament auf-
merksam gelesen haben, so müssen Sie zu-
geben, daß von einem Almosen ebenso wenig
die Rede sein kann; mein seliger Gatte
wollte ein an Ihnen begangenes Unrecht OHW
wieder gut machen —"
„Dazu war er nicht verpflichtet."
„Um so mehr ist dieser seine Gesinnungen
ehrende Vorsatz anzuerkennen."
„Ich finde darin nichts Ehrendes, wenn
ein Edelmann aus alter Familie sein Ver-
mögen durch Börsengeschäfte zu vermehren XXW
sucht," sagte der Oberst achselzuckend. dlOXr.-
Frau v. Stuckmann hatte sich erhoben, > 4
Siegfried wollte sie besänftigen, aber mit
einer energischen Haudbewcgung wies sic seine M
Vermittlung zurück. W
„Ich kann Ihnen nicht das Recht zu- /fW
gestehen, das Andenken an meinen theuren /W8
Gatten zu beschimpfen," erwiederte sie; „nie- Xx X
inals ist er vom Pfade der Ehre abgewichen,
und wenn er mit den Vornrtheilen seines s
Standes brach, so war dies seine Sache,
und kein Anderer ist berechtigt, ihn deshalb
zur Rede zu stellen. Mir aber ist sein letzter
Wille heilig und ich werde ihn ausführen,
gleichviel, ob Sic ihn anerkennen oder nicht.